Der Mensch und seine Vorfahren isst seit circa 2 Millionen Jahren Fleisch. Während der Fleischkonsum zu der damaligen Zeit aufgrund von bestimmten klimatischen Bedingungen noch überlebenswichtig war, stellt man sich heutzutage vermehrt die Frage, ob dieser nicht vermeidbar sei. Fleisch ist ein emotional aufgeladenes und hochkomplexes Thema, welches sowohl die Ökologie, Ökonomie als auch die Ethik betrifft.
Der nachfolgende Artikel behandelt jedoch ausschließlich die gesundheitlichen Aspekte des Fleischkonsums. Verleiht uns Fleisch Kraft oder schadet es sogar unserer Gesundheit? Ist es essenziell für unsere Ernährung oder gibt es pflanzliche Alternativen, die genauso gut sind?
Inhaltsverzeichnis
Argumente für den Fleischkonsum
Hohe Nährstoffdichte
Die drei Grundbausteine, die der menschliche Körper neben Wasser zum Überleben braucht, sind Kohlenhydrate, Fette und Proteine. Fleisch versorgt uns mit einem Großteil1) davon.
Vor allem ist es reich an Proteinen und weist ein vollständiges Aminosäurenprofil auf. Kein anderes Lebensmittel besitzt solch eine hohe Dichte an essenziellen Aminosäuren. Essenziell bedeutet in diesem Fall, dass der Körper diese nicht selbst bilden kann und sie daher über die Nahrung zu sich führen muss.
Des Weiteren verfügt Fleisch über eine hohe Nährstoffdichte. Enthalten sind je nach Sorte in verschiedenen Konzentrationen Eisen, Zink, Selen, Vitamin A, Vitamin B1 und B6 sowie das essenzielle Vitamin B12, welches kaum in pflanzlichen Produkten und nicht in dieser Konzentration vorhanden ist. Innereien enthalten zudem noch Vitamin C. All diese Nährstoffe sind verantwortlich für unsere Immunabwehr sowie Blutbildung und sind an vielen Stoffwechselprozessen beteiligt.
Auch wenn man es kaum glauben mag: Fleisch enthält ebenfalls gesunde Fette. Der Anteil am schädlichen gesättigten Fettsäuren im Fleisch ist sehr gering (weniger als 50 %). Dies hat mehrere Gründe: Zum einen werden die Zuschnitte von Filets immer fettärmer und zum anderen werden vermehrt junge Tiere geschlachtet, welche noch nicht verfettet sind. Auch die Zusammensetzung des Futters wurde dahingehend angepasst. Schweinefleisch hat ein gesünderes Verhältnis von gesättigten zu ungesättigten Fettsäuren als das Fleisch vom Rind, während dieses mehr von den gesunden Omega-3-Fettsäuren enthält. Rindfleisch aus Weidenhaltung beinhaltet zudem die gesunde konjugierte Linolsäure (CLA), die nur bei Wiederkäuern durch den Verzehr von Gras gebildet wird. Die Tierhaltung ist daher auch maßgeblich für den Nährstoffgehalt verantwortlich. Dazu jedoch an späterer Stelle mehr.
Hohe biologische Wertigkeit
Neben der hohen Nährstoffdichte besitzen einige Inhaltsstoffe von Fleisch auch eine hohe Bioverfügbarkeit2). Das bedeutet, dass der Körper die Stoffe schneller, leichter und zu einem größeren Teil verwerten kann und dabei weniger Energie aufwenden muss. Das liegt daran, dass die Strukturen den menschlichen sehr ähnlich sind und dadurch besser aufgenommen werden können. Besonders Eisen, Zink und Selen aus tierischen Quellen besitzen eine viel höhere biologische Wertigkeit als aus pflanzlichen Quellen. Spinat enthält beispielsweise mehr Eisen als Fleisch, jedoch kommt durch die geringere biologische Wertigkeit davon letztendlich viel weniger in den Zellen an.
Geeignet für die Fitnessernährung
Fleisch ist des Weiteren sowohl für Sportler als auch für Menschen, die ein paar Pfunde verlieren möchten, geeignet. Fleisch besitzt im Vergleich zu stark kohlenhydrathaltigen Lebensmitteln und fruchtzuckerhaltigem Obst wenig Kalorien und ist ein großer Bestandteil vieler Diät-Konzepte: Paleo-Diät, Ketogene Diät und Lowcarb.
Sportler profitieren von dem hohen Maß an Proteinen im Fleisch, welche dazu noch eine hohe Bioverfügbarkeit besitzen. So kann der Muskelaufbau neben dem Training noch effektiv über die Nahrung gefördert werden.
Die konjugierte Linolsäure, die im Rindfleisch aus Weidenhaltung enthalten ist, fördert ebenfalls den Muskelaufbau und hilft beim Fettabbau.
Argumente gegen den Fleischkonsum
Gefährliche Zusätze und Lebensmittelskandale
Gerade bei minderwertigem Fleisch aus der Massentierhaltung werden oft Stoffe nachgewiesen, die der menschlichen Gesundheit schaden können.
Allen voran: Antibiotika. Tieren, die in unwürdigen Verhältnissen gehalten werden, bekommen meist vorsorglich große Mengen Antibiotika verabreicht, damit sie nicht krank werden. Antibiotika dienen des Weiteren als Wachstumsbeschleuniger, auch wenn sie als dieser in Deutschland verboten sind. Im Fleisch der Tiere bleiben dabei immer Medikamentenrückstände, die der Mensch wiederum zu sich nimmt. Durch den vermehrten Konsum von billigen Fleischprodukten können sich beim Menschen mit der Zeit Antibiotikaresistenzen3) entwickeln. Dies kann im Ernstfall sehr gefährlich werden, wenn bei starken bakteriellen Infekten Antibiotika nicht mehr anschlagen.
Gerade in verarbeiteten Fleischprodukten wie Wurstwaren befinden sich oft allergieauslösende Stoffe wie Laktose, Gluten und Geschmacksverstärker sowie der Dickmacher Zucker. Nitrate und Nitrite in gepökelten oder geräucherten Fleischwaren begünstigen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und vieles mehr, worauf im späteren Verlauf noch einmal eingegangen wird. Häufig werden dem Fleisch künstliche Phosphate zugesetzt. Diese Phosphate dienen in der Lebensmittelindustrie, unter anderem bei der Fleischproduktion, der Haltbarmachung und dem Farberhalt von Lebensmitteln. Diese sind jedoch nieren- und gefäßschädigend und können auf Dauer Osteoporose begünstigen.
Durch eine oftmals katastrophale sowie unhygienische, nicht artgerechte Viehhaltung und die hohe Verderblichkeit von Fleisch gab es in den vergangenen Jahren regelmäßige Lebensmittelskandale, die einem schnell den Appetit verderben: Rinderwahn (Bovine spongiforme Enzephalopathie, BSE), Schweinegrippe, Maul- und Klauenseuche, „Gammelfleisch“ oder den Fund von Listerien in Wurstwaren.
Fleischkonsum begünstigt bestimmte Erkrankungen
Auch wenn sich der Anteil von gesättigten Fettsäuren (die „schlechten“ Fette) im Fleisch in den vergangen 20 Jahren bereits reduziert hat, so ist er doch noch sehr hoch. Nur bei tierischen und Fast-Food-Produkten ist das in diesem Maße der Fall. Sie stehen im Verdacht kardiovaskuläre4) Erkrangungen wie Bluthochdruck, Arteriosklerose, Herzinfarkte und Schlaganfälle sowie entzündliche Prozesse und Übergewicht zu fördern. Auch soll der Cholesterinspiegel durch den Verzehr von gesättigten Fettsäuren ungesund in die Höhe schießen. Andere Studien wiederum behaupten, dass der Cholesterinspiegel erblich beziehungsweise genetisch bedingt sein könnte und nichts mit der Ernährung zu tun habe.
Vor allem das rote Fleisch (Muskelfleisch von Rind, Schwein, Lamm oder Wild) steht im Verdacht, das Risiko für Darmkrebs5) zu erhöhen. Der regelmäßige Konsum von Fleisch fördert das Wachstum von aggressiven Bakterien im Darm. Diese wiederum begünstigen Entzündungen und können langfristig Darmkrebs begünstigen.
Eine Studie hat herausgefunden, dass der tägliche Verzehr von 100 Gramm rotem Fleisch das Risiko eines Schlaganfalls um 11 %, von Darmkrebs um 17 % und an Diabetes zu erkranken um 19 % erhöht. Des Weiteren wurde festgestellt, dass regelmäßige Konsumenten von Fleisch gegenüber Vegetariern frühzeitiger versterben. Diese Tatsache muss jedoch differenziert und nicht allein auf den Fleischkonsum geschoben werden. Vegetarier6) führen zum Gr0ßteil einen gesünderen Lebensstil als Fleischesser: Sie essen mehr Gemüse, bewegen sich häufiger und verzichten eher auf das Rauchen und Alkohol.
Es gibt pflanzliche Alternativen
Ein weiteres Argument gegen den Fleischkonsum ist, dass man sich auch als Vegetarier durchaus ausgewogen ernähren kann. Tierisches Eiweiß können Vegetarier aus Milchprodukten beziehen. Auch Mais, Hülsenfrüchte, Soja und Vollkorngetreide sind wichtige Eiweißlieferanten. Kalzium können Vegetarier ebenfalls aus Milchprodukten (vor allem Hartkäse), Mineralwasser, Blattgemüse und Nüssen beziehen. Auch für Eisen, welches für die Blutbildung verantwortlich ist, kommt in pflanzlichen Nahrungsmitteln vor. Dazu gehören: Schwarzwurzeln, rote Beete, Pfifferlinge, Hülsenfrüchte, Quinoa, Amaranth und Spinat (wenn auch weitaus weniger als ursprünglich angenommen).
Die Eisenaufnahme aus pflanzlichen Quellen ist für den menschlichen Körper jedoch weitaus schwieriger als aus tierischen Quellen.
Dazu ein Tipp: Wenn man eisenhaltige pflanzliche Lebensmittel zu sich nimmt, sollte man dazu Vitamin C konsumieren, zum Beispiel in Form eines Orangensaftes. Vitamin C erhöht nämlich die Bioverfügbarkeit des pflanzlichen Eisens.
Bei den B‑Vitaminen sieht es schon etwas schwieriger aus. Vitamin B1 und B6 sind zwar in Eiern und Milch enthalten und Vitamin B12 in Sauerkraut, man müsste jedoch Unmengen davon essen, um ausreichend versorgt zu werden. Die beste Quelle für Vitamin B12 ist Seefisch. Zudem liefert er noch wertvolle Omega-3-Fettsäuren, die für die Gesundheit von Herz und Gefäßen essenziell sind, und Jod, welches für einen reibungslosen Hormonstoffwechsel zuständig ist. Sollte man als Vegetarier ebenfalls keinen Fisch zu sich nehmen empfiehlt es sich, Jodsalz zu nutzen sowie eventuell Omega‑3 und Vitamin B12 als Nahrungsergänzungsmittel zu sich zu nehmen.
Es droht eine einseitige Ernährung
Grundsätzlich ist ein gemäßigter Fleischkonsum nicht ungesund. Es ist jedoch festzustellen, dass Personen, die leidenschaftlich gerne Fleisch essen, viel zu viel davon zu sich nehmen und sich oft einseitig ernähren. Auch Convenience- und Fast-Food steht bei Fleischessern häufiger auf dem Speiseplan, Gemüse und Obst dahingehend weniger. Dadurch mangelt es unter anderem an sekundären Pflanzenstoffen, die antientzündlich, antioxidativ, blutdrucksenkend und verdauungsregulierend wirken. Ein Mangel an natürlichen grünen Lebensmitteln bedeutet oft auch einen Mangel an Vitalität. Der darin enthaltene grüne Farbstoff Chlorophyll reichert das menschliche Blut mit Sauerstoff an und spendet Energie. Durch eine einseitige Ernährung kann es zudem zu einem Defizit an anderen wichtigen Antioxidantien wie Vitamin C und Vitamin E kommen, welche auch für die Immunabwehr vonnöten sind. Menschen mit einem hohen Fleischverbrauch sollten daher immer ein gesundes Verhältnis von tierischen zu pflanzlichen Lebensmitteln beachten, um mit allen wichtigen Nährstoffen versorgt zu sein.
Art, Menge und Zubereitung von Fleisch entscheidend
An dieser Stelle ist noch einmal zu betonen, dass Fleischkonsum an sich nicht gesundheitsschädlich ist. Es kommt jedoch immer auf die Art, die Zubereitung und die Menge an.
Wie bereits erwähnt, ist das sogenannte rote Fleisch (Rind, Schwein, Lamm und Wild) das mit den größten gesundheitlichen Risiken, da darin die meisten gesättigten Fettsäuren enthalten sind. Diese stehen im Verdacht, die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes zu begünstigen. Helles oder weißes Fleisch, wie Geflügel, hingegen ist das Fleisch mit den wenigsten Gesundheitsrisiken. Hierbei ist jedoch zu erwähnen, dass Geflügel auch weitaus ärmer an Nährstoffen ist im Vergleich zu Schwein und Rind.
Egal um welches Tier es sich handelt: Fleisch sollte immer aus einer artgerechten Tierhaltung stammen. Dies ist nicht nur aus ethischen Gründen zu empfehlen, sondern auch aus gesundheitlichen. Hochwertiges ethisch korrektes Fleisch, welches unter höchsten hygienischen Ansprüchen verarbeitet wurde, ist weniger oder gar nicht mit Antibiotika und anderen schädlichen Stoffen belastet. Wie wichtig die Art der Haltung ist, wird am Beispiel der gesunden Linolsäure deutlich: Selbige steckt nur im Fleisch von Wiederkäuern aus Weidenhaltung. Schon zwei Wochen nachdem eine Kuh wieder ausschließlich mit Kraftfutter und Getreide gefüttert und in Stallhaltung gehalten wurde, verschwindet die Linolsäure aus ihrem Körper.
Des Weiteren ist es wichtig, in welcher Form man Fleisch zu sich nimmt und wie dieses zubereitet wurde. Vor allem verarbeitetes Fleisch und Wurstwaren können für die Gesundheit schädlich sein. Durch Pökeln, Salzen, Grillen und Räuchern werden Nitritsalze7) und andere schädliche Stoffe hinzugefügt, die auf Dauer koronare Herzerkrankungen auslösen können.
Ein weiteres Problem der westlichen Überflussgesellschaft: die Menge. Der durchschnittliche Deutsche8) isst 60 Kilogramm Fleisch pro Kopf pro Jahr. Die deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfielt maximal 300 Gramm Fleisch pro Woche zu sich zu nehmen. Das entspricht 15 Kilogramm pro Jahr. Andere Gesundheitsorganisationen raten dazu, gänzlich auf verarbeitetes Fleisch und Wurstwaren zu verzichten. Die Diskrepanz zwischen den Empfehlungen und der Realität ist jedoch erschreckend.
Fazit
Eine gesunde Menge von qualitativ hochwertigem Fleisch ist bei einer ausgewogenen Ernährung nicht gesundheitsschädlich. Fleisch enthält sogar eine sehr hohe Nährstoffdichte sowie eine hohe biologische Wertigkeit. Wer sich hingegen entscheidet, vegetarisch zu leben, muss ebenfalls nicht mit Mängeln rechnen, da es auch gute pflanzliche Alternativen gibt. Es ist daher jedem selbst überlassen, wie genau er seine Ernährung gestaltet. Ein Fleischverzicht kann sich auch positiv auf die Umwelt auswirken. Wir müssen uns jedoch verinnerlichen, dass Fleisch kein reines Produkt ist, sondern von Lebewesen stammt. Diese haben das Recht auf ein artgerechtes Leben ohne Qual. Deshalb ist es ratsam, den eigenen Fleischkonsum stets zu überdenken und jeden einzelnen Bissen wertzuschätzen.
Quellen
- University of Wollongong — Nutritional composition of red meat
- American Journal of clinical Nutrition — Bioavailability of iron, zinc, and other trace minerals from vegetarian diets
- US National Library of Medicine — Antibiotics Overuse in Animal Agriculture
- WHO — Diet, nutrition and the prevention of chronic diseases
- NCBI — Red and processed meat consumption and risk of incident coronary heart disease, stroke, and diabetes
- NCBI — Red Meat Consumption and Mortality
- Journal of Clinical Nutrition — Nitrates, Nitrites and Nitrosamines from Processed Meat Intake and Colorectal Cancer Risk
- Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft — Versorgungsbilanz Fleisch