Fetales Alkoholsyndrom: Erklärung, Symptome & Verlauf

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    Das feta­le Alko­hol­syn­drom (auch unter Alko­hol­em­bryo­pa­thie bekannt) beschreibt vor­ge­burt­lich ent­stan­de­ne und alko­hol­in­du­zier­te Schä­di­gun­gen eines Kin­des. Aus­prä­gungs­for­men kön­nen ein klei­ner Kopf, Herz­feh­ler, Fehl­bil­dun­gen sowie Bewe­gungs­stö­run­gen oder geis­ti­ge Behin­de­run­gen sein.

    Hier erfah­ren Sie alles über Ent­ste­hung und Ursa­chen, Sym­pto­me sowie The­ra­pie und Präventionmöglichkeiten.


    Fetales Alkoholsyndrom: Erklärung, Symptome & Verlauf

    Definition: Fetale Alkoholspektrumstörungen (FASD)

    Unter die Über­schrift “Feta­le Alko­hol­spek­trums­tö­run­gen” fal­len ver­schie­den schwe­re Aus­prä­gun­gen von Syn­dro­men, die bei Kin­dern durch den müt­ter­li­chen Kon­sum von Alko­hol in der Schwan­ger­schaft auf­tre­ten kön­nen. Ent­spre­chend nennt man das Voll­bild die­ser Stö­run­gen Feta­les Alko­hol­syn­drom (FAS).

    In Deutsch­land wer­den jähr­lich mehr Kin­der mit einer feta­len Alko­hol­spek­trums­tö­rung als mit Down-Syn­drom gebo­ren. Ein Feta­les Alko­hol­syn­drom kommt ca. ein­mal unter 500 Gebur­ten vor.

    Oft­mals wer­den Schä­di­gun­gen nicht erkannt, falsch dia­gnos­ti­ziert oder das ent­spre­chen­de Per­so­nal im Gesund­heits­sys­tem hat Hem­mun­gen, die mög­li­che Dia­gno­se den Eltern gegen­über zu äußern.

    Dies führt dazu, dass genaue Zah­len zur Häu­fig­keit von FAS schwer zu tref­fen sind und die Dun­kel­zif­fer betrof­fe­ner Kin­der ver­mut­lich weit­aus höher ist.

    Ein Glas ist bereits ein Glas zu viel

    Der müt­ter­li­che Kon­sum von Alko­hol in der Schwan­ger­schaft ist die ein­zi­ge Ursa­che des feta­len Alko­hol­syn­droms. Dabei gibt es kei­ne “siche­re” Men­ge an Alko­hol, die eine Schwan­ge­re zu sich neh­men dürf­te, ohne das Kind zu gefährden.

    Zudem kor­re­liert die Men­ge des Alko­hols nicht zwin­gend mit der Schwe­re der Schä­di­gung. Bereits ein Glas eines alko­ho­li­schen Getränks kann aus­rei­chen, damit das Kind ein Feta­les Alko­hol­syn­drom entwickelt.

    Alko­hol gelangt über die Pla­zen­ta unge­hin­dert in den Blut­kreis­lauf des Kin­des. So erreicht der Embryo oder Fetus schnell den glei­chen Blut­al­ko­hol­pe­gel wie die Mut­ter. Im Gegen­satz zu einem Erwach­se­nen kann das Unge­bo­re­ne den Alko­hol jedoch nicht so leicht wie­der abbauen.

    Dar­um ver­bleibt der Alko­hol um ein viel­fa­ches län­ger im Kör­per des Kin­des. Da Alko­hol ein Zell­gift ist und die Zell­tei­lung hemmt, kann es bei dem sich ent­wi­ckeln­den Unge­bo­re­nen zu dau­er­haf­ten geis­ti­gen und kör­per­li­chen Schä­den kommen.

    Bei Frau­en mit einem hohen Alko­hol­kon­sum kommt es zudem häu­fig zu schwer­wie­gen­den Vit­amin­män­geln, die sich eben­falls nega­tiv auf die Ent­wick­lung des Kin­des aus­wir­ken können.

    Zusätzliche Risikofaktoren

    Die Gefahr, das feta­le Alko­hol­syn­drom zu ent­wi­ckeln, besteht vor allem bei hohem und chro­ni­schem Alko­hol­kon­sum in der Schwan­ger­schaft. Doch auch der gele­gent­li­che oder gar ein­ma­li­ge Kon­sum kann FAS aus­lö­sen und dem Kind schädigen.

    Dazu kom­men eini­ge zusätz­li­che Risi­ko­fak­to­ren, die neu­es­ten For­schun­gen zufol­ge die Wahr­schein­lich­keit, das FAS-Syn­drom zu ent­wi­ckeln, erhöhen:

    • Das Alter der Mut­ter ist über 30 Jahre
    • Man­gel- oder Unter­ernäh­rung der Mutter
    • Erhöh­ter Stress
    • Gene­ti­scher Hintergrund

    Ausprägungen und Symptome des fetalen Alkoholsyndroms

    Ein Feta­les Alko­hol­syn­drom zeigt sich durch kör­per­li­che und geis­ti­ge Sym­pto­me. In leich­te­ren Fäl­len kann es sein, dass das Kind kei­ne kör­per­li­chen Sym­pto­me, son­dern iso­liert psy­chi­sche Auf­fäl­lig­kei­ten zeigt.

    Zu den mög­li­chen psy­chi­schen Sym­pto­men gehören:

    • Geis­ti­ge Entwicklungsstörungen
    • Lern­schwä­che
    • Kon­zen­tra­ti­ons- und Gedächtnisstörungen
    • Hyper­ak­ti­vi­tät und leich­te Ablenkbarkeit
    • Impul­si­vi­tät und Pro­ble­me, Gefüh­le zu kontrollieren
    • Sprach­schwie­rig­kei­ten
    • Ver­ständ­nis­pro­ble­me
    • Selbst­de­struk­ti­ves Verhalten
    • Pro­ble­me, Risi­ken ein­zu­schät­zen oder Gefah­ren zu erkennen
    • Man­geln­des Sozialverhalten
    • Aggres­si­ve Verhaltensweisen

    Doch auch kör­per­lich kann sich das feta­le Alko­hol­syn­drom äußern. In eini­gen Fäl­len tritt eine Gau­men­spal­te auf, die Grund­span­nung der Ske­lett­mus­ku­la­tur ist ver­min­dert oder es tre­ten Miss­bil­dung an ein­zel­nen Kör­per­stel­len auf.

    Wei­te­re kör­per­li­che Sym­pto­me der feta­len Alkoholspektrumstörung:

    • Min­der­wuchs
    • Typi­sche Auf­fäl­lig­kei­ten im Gesicht: Schma­le Augen, dün­ne Ober­lip­pe, fla­che Nase, tief sit­zen­de Ohren, weit aus­ein­an­der ste­hen­de Zähne
    • Hör­stö­run­gen
    • Ver­min­der­ter mus­ku­lä­rer Tonus
    • Ver­klei­ner­tes Gehirn
    • Epi­lep­ti­sche Anfälle
    • Ske­lett­fehl­bil­dun­gen
    • Organ­fehl­bil­dun­gen

    Diagnose nur schwer zu treffen

    Da der müt­ter­li­che Alko­hol­kon­sum wäh­rend der Schwan­ger­schaft nur schwer zurück­zu­ver­fol­gen ist, lässt sich die Dia­gno­se FAS oft­mals nur schwer tref­fen. Neben dem Aus­schluss ande­rer Ursa­chen, ermit­teln Medi­zi­ner das feta­le Alko­hol­syn­drom anhand ver­schie­de­ner Kriterien:

    • Schritt 1: Es wird geprüft, ob Wachs­tums­auf­fäl­lig­keit vor­lie­gen. Die­se kön­nen sich durch Auf­fäl­lig­kei­ten in Kör­per­ge­wicht, Grö­ße oder BMI äußern.
    • Schritt 2: Es wird geprüft, ob Auf­fäl­lig­kei­ten im Gesicht vor­lie­gen. Das kön­nen bei­spiels­wei­se eine schma­le Ober­lip­pe oder kur­ze Lid­spal­ten sein.
    • Schritt 3: Es wird geprüft, ob Auf­fäl­lig­kei­ten sei­tens des ZNS (zen­tra­les Ner­ven­sys­tem) bestehen. Bei­spiel­haf­te Auf­fäl­lig­kei­ten sind Sprach­stö­run­gen oder ver­min­der­te Intelligenz.
    • Schritt 4: Man ver­sucht den Alko­hol­kon­sum der Mut­ter nach­zu­voll­zie­hen und Mus­ter zu erkennen.

    Therapie und Prävention

    Das FAS-Syn­drom ist nicht heil­bar und kann nur schwer the­ra­piert werden.

    Man kann ein Feta­les Alko­hol­syn­drom bzw. Feta­le Alko­hol­spek­trums­tö­run­gen effek­tiv durch den voll­kom­me­nen Ver­zicht von Alko­hol in der Schwan­ger­schaft verhindern.

    Eine Feta­les Alko­hol­syn­drom zu the­ra­pie­ren ist hin­ge­gen nicht so leicht. Je nach Art und Schwe­re der Beein­träch­ti­gung kön­nen unter­schied­li­che Behand­lungs­me­tho­den zum Ein­satz kommen.

    Außer­dem benö­ti­gen die Kin­der häu­fig eine beson­de­re Betreu­ung und sind in ihrem gesam­ten Leben ein­ge­schränkt. Des Wei­te­ren kön­nen bei kör­per­li­chen Fehl­bil­dun­gen Ope­ra­tio­nen oder ande­re Hilfs­mit­tel Bes­se­rung bringen.

    Zudem kann in man­chen Fäl­len, wie bei dem Auf­tre­ten von epi­lep­ti­schen Anfäl­len, eine medi­ka­men­tö­se The­ra­pie ange­bracht sein.

    Auch im Erwachsenenalter ein Problem

    Im spä­te­ren Erwach­se­nen­al­ter kön­nen durch das FAS-Syn­drom wei­te­re Pro­ble­me auf­tre­ten. Wei­te­re Stö­run­gen, die im spä­te­ren Ver­lauf auf­tre­ten kön­nen, sind:

    • Depres­si­on und Angstzustände
    • Impuls­kon­troll­stö­run­gen
    • Erhöh­te Anfäl­lig­keit für Suchterkrankungen
    • Pro­ble­me im sozia­len Alltagsleben

    Quellen

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    Stimmen 

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    Dr. med. Natascha Kern
    Unse­re Exper­tin: Dr. med. Nata­scha KernÄrz­tinArzt/Ärztin nach gel­ten­der Approbationsordnung
    Dr. Nata­scha Kern stu­dier­te Human­me­di­zin an der Johann Wolf­gang von Goe­the-Uni­ver­si­tät in Frank­furt am Main. Sie arbei­tet am Insti­tut für Rechts­me­di­zin in Frank­furt. Zwi­schen 2017 und Ende 2019 schreibt sie als Gast­au­torin auch für Health Rise.