Bipolare Störung – Symptome, Ursachen und Behandlung

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    Jeder kennt die Stim­mungs­schwan­kun­gen, die man bekommt, ohne einen Grund zu haben. Meist ver­schwin­den die­se Schwan­kun­gen nach kur­zer Zeit und man denkt nicht mehr an sie. Doch was, wenn sie einen das gan­ze Leben begleiten?


    Bipolare Störung – Symptome, Ursachen und Behandlung

    Zwischen Manie und Depression

    Die Bipo­la­re Stö­rung (auch Bipo­lar-affek­ti­ve Stö­rung) ist ein Misch­bild aus Depres­si­on und Manie. Dabei wech­seln sich mani­sche und depres­si­ve Pha­sen gegen­sei­tig ab. Als Ursa­che der Erkran­kung wird ein Zusam­men­kom­men aus gene­ti­schen Fak­to­ren und Umwelt­ein­flüs­sen ange­se­hen. 1 bis 3 von 100 Men­schen sind betrof­fen. Die Häu­fig­keit der Erkran­kung teilt sich auf Män­ner und Frau­en gleich­wer­tig auf. Ist ein Eltern­teil von der Krank­heit betrof­fen, so liegt die Wahr­schein­lich­keit für ein Kind eben­falls zu erkran­ken bei etwa 25%. Als Umwelt­ein­flüs­se schei­nen vor allem star­ke emo­tio­na­le Belas­tun­gen und Stress eine Rol­le zu spie­len. Die bipo­la­re Stö­rung zählt zu den Affekt­stö­run­gen, wel­che unter dem Begriff Stim­mungs­stö­run­gen bekannt sind.

    Das Wich­tigs­te in Kürze:
    • Die Betrof­fe­nen kön­nen die gegen­sei­ti­gen Maxi­ma ihrer Stim­mung selbst nicht lenken.
    • Oft­mals begin­nen bipo­la­re Stö­run­gen in frü­hem Erwachsenenalter.
    • Die Erkrank­ten lei­den oft­mals an einem gestei­ger­tem Suizidrisiko.
    • Die Behand­lungs­mög­lich­kei­ten pas­sen sich den unter­schied­li­chen Stim­mun­gen an.

    Verlaufsformen: Bipolare Störung

    Sobald min­des­tens eine depres­si­ve und eine mani­sche Epi­so­de auf­ge­tre­ten sind, spricht man meis­tens über eine Bipo­la­re Stö­rung. Bei man­chen Men­schen tre­ten die­se Epi­so­den ein­ma­lig auf, ande­re durch­lau­fen meh­re­re Epi­so­den in ihrem Leben. In den meis­ten Fäl­len dau­ern die ein­zel­nen Epi­so­den Wochen bis Mona­te an. Aller­dings gibt es auch soge­nann­te „rapid cycler“, bei denen die Zyklen schnell wech­seln und die zwi­schen vier Epi­so­den pro Jahr bis hin zu meh­re­ren Epi­so­den­wech­seln in der Woche erlei­den kön­nen. In extre­me­ren Fäl­len kön­nen die Schü­be bis zu zwei Jah­re andau­ern. Die­ser Zustand ist als Zyklo­thy­mia erklärt.

    Das ers­te Mal erscheint die­se Krank­heit zwi­schen dem 15.–25. Lebens­jahr, und tritt bei allen Geschlech­tern gleich­mä­ßig auf.

    Unter­schie­den wird zwi­schen zwei Typen der Krankheit:

    Bipo­lar-l-Erkrank­te erle­ben die ver­schie­de­nen Epi­so­den verstärkt.

    Bipo­lar-II-Erkrank­te erle­ben die ver­schie­de­nen Epi­so­den in schwa­cher Form.

    Manische Episoden

    In mani­schen Epi­so­den herrscht ein eupho­ri­sches Gefühl vor. Die­ses Gefühl wird als hypo­man bezeich­net, wenn es nur gering vor­han­den ist. Ist die Eupho­rie gera­de­zu über­wäl­ti­gend, wird sie Manie beti­telt. Wäh­rend einer sol­chen Epi­so­de lei­den die Betrof­fe­nen oft unter Selbst­über­schät­zung, einem ver­mehr­ten Bewe­gungs­drang und Sexu­al­trieb und einem ver­rin­ger­ten Schlaf­be­dürf­nis. Des Wei­te­ren kön­nen ein stän­di­ger Rede­drang und Ver­wirrt­heit auf­tre­ten. Men­tal kön­nen Erkrank­te auf ver­schie­dens­te Ideen kom­men, ohne sie ratio­nal zu hin­ter­fra­gen. In die­ser Pha­se besteht die Gefahr, dass Men­schen mit einer Bipo­la­ren Stö­rung sich in den finan­zi­el­len Ruin stür­zen, zwi­schen­mensch­li­che Bezie­hun­gen zu Bruch gehen oder sie sich sogar in ihrer Toll­kühn­heit in (Lebens-)Gefahr bringen.

    Depressive Episoden

    Wäh­rend der depres­si­ven Epi­so­den kommt es meis­tens zu einer gedrück­ten Stim­mung und Antriebs­ar­mut. Sonst gelieb­te Akti­vi­tä­ten machen mit einem Mal kei­nen Spaß mehr, es kommt zum sozia­len Rück­zug und in man­chen Fäl­len auch zur Ver­wahr­lo­sung. Auch Schlaf­stö­run­gen und Grü­beln kom­men oft vor. In einer depres­si­ven Pha­se kön­nen zudem Sui­zid­ge­dan­ken auftreten.

    Therapie

    In der Regel besteht die Behand­lung aus drei Tei­len, je nach­dem, in wel­che Pha­se sich die betrof­fe­nen Per­so­nen im Augen­blick befin­det. Die Hand­lungs­wei­se ist abhän­gig von der Schwe­re der Erkran­kung, der Vor­ge­schich­te, und dem Indi­vi­du­um wel­ches the­ra­piert wer­den soll.

    Behandlung während einer manischen Episode

    In der Akut­the­ra­pie einer Manie kön­nen ver­schie­de­ne Medi­ka­men­te zum Ein­satz kom­men. Dazu gehö­ren Anti­psy­cho­ti­ka (bspw. Ris­pe­ri­don). Lithi­um, Anti­kon­vul­si­va (bspw. Carb­am­aze­pin) und bei Bedarf kurz­zei­tig Beru­hi­gungs­mit­tel wie Benzodiazepine.

    Bei leich­ten Epi­so­den kann eine Psy­cho­the­ra­pie ver­sucht wer­den. Gera­de in einer mani­schen Epi­so­de sehen vie­le Men­schen jedoch nicht ein, dass sie krank sind und Hil­fe brau­chen. Sie füh­len sich her­vor­ra­gend. Dar­um muss oft auch die medi­ka­men­tö­se The­ra­pie sta­tio­när erfol­gen, da Medi­ka­men­te sonst nicht ein­ge­nom­men werden.

    Die Psy­cho­the­ra­pie umfasst fol­gen­de Problematiken:

    • Ver­ar­bei­tung der Krankheit
    • Ver­bes­se­rung der sozia­len Kompetenzen
    • Reiz­re­du­zie­rung der Manie
    • Erar­bei­tung eines gere­gel­ten Tagesablaufs
    • Erken­nen und Ver­ste­hen der Auslöser

    Behandlung während einer depressiven Episode

    In depres­si­ven Pha­sen kön­nen wie bei einer ein­pha­si­schen Depres­si­on medi­ka­men­tös Anti­de­pres­si­va zum Ein­satz kom­men. Die Gefahr besteht jedoch dar­in, dass die Betrof­fe­nen durch die Medi­ka­men­te von einer depres­si­ven in eine mani­sche Pha­se rut­schen, wes­halb eine the­ra­peu­ti­sche Ent­schei­dung immer im Ein­zel­fall getrof­fen wer­den sollte.

    Weitere Behandlungsmöglichkeiten

    Es ist all­ge­mein bekannt das Licht gegen leich­te Depres­sio­nen hilft. Die­se wer­den vor allem im Win­ter fest­ge­stellt, wenn kaum Son­ne vor­han­den ist, und wer­den unter dem Begriff SAD (Sai­so­nal Affec­tiv Dis­or­der) beti­telt. Dies liegt dar­an, dass wir im Win­ter eine zu gerin­ge Men­ge an Licht erhal­ten und damit weni­ger vom “Glücks­hor­mon” Sero­to­nin gebil­det wird.

    Eine Exper­ten­team aus Chi­ca­go hat den Ver­such gewagt, gegen tie­fe Depres­sio­nen bei Erkrank­ten von Bipolar‑I und Bipo­lar-II mit einer Licht­the­ra­pie zu arbei­ten. Die 46 Pati­en­ten beka­men eine Licht­box, wel­che sie 30 Zen­ti­me­ter vor ihrem Gesicht plat­zie­ren soll­ten. Wäh­rend der sechs­wö­chi­gen The­ra­pie wur­de die eine Hälf­te mit 7000 LUX the­ra­piert, die ande­re Hälf­te mit 50 Lux Rot­licht. Nach die­sen sechs Wochen, in wel­cher die The­ra­pie­län­ge von 15 Minu­ten auf 60 Minu­ten aus­ge­wei­tet wur­de, kamen die For­scher auf über­ra­schen­de Ergebnisse:

    68% der Pro­ban­den der Tages­licht­grup­pe erleb­ten eine Remis­si­on. Zusätz­lich konn­ten sich die Teil­neh­mer die­ser Grup­pie­rung leich­ter kon­zen­trie­ren, das durch­schla­fen war wie­der mög­lich, der sozia­le Kon­takt mit ande­ren Men­schen wur­de wie­der auf­ge­nom­men und Ängs­te gin­gen ver­mehrt zurück.

    Das Team rund um Dr.Dorothy Sit kam zu der Erkennt­nis das hel­les Tages­licht die Depres­si­on bei Bipo­lar Pati­en­ten min­dert. Hier ist jedoch der Zeit­punkt ein wich­ti­ger. Die Pro­fes­so­ren stell­ten wäh­rend vor­ran­ge­gan­ge­ne Stu­di­en fest, das Mit­tags­licht für eine Opti­mie­rung der Sym­pto­me bes­ser geeig­net ist als Mor­gen­licht. Eine Ursa­chen­for­schung dies­be­züg­lich wird wei­ter­hin betrieben.

    Phasenprophylaxe zur Vorbeugung von manischen Episoden

    Das Mit­tel der Wahl zur Vor­beu­gung von mani­schen Epi­so­den ist Lithi­um. Es wirkt stim­mungs­sta­bi­li­sie­rend und kann die beschwer­de­freie Zeit ver­län­gern. Da Lithi­um nur in gerin­gen Men­gen den gewünsch­ten Effekt hat und in höhe­ren Dosie­run­gen gif­tig ist, müs­sen regel­mä­ßi­ge Ärzt­li­che Kon­trol­len erfolgen.

    Informationen für Angehörige

    Men­schen, wel­che unter eine Bipo­la­ren Stö­rung erkrankt sind, brau­chen eine Bezugs­per­son. Die­se soll­te den Krank­heits­ver­lauf über­wa­chen und doku­men­tie­ren, und den Erkrank­ten immer wie­der ermu­ti­gen, die The­ra­pie erneut zu besu­chen. Durch Selbst­hil­fe­prak­ti­ken und Infor­ma­tio­nen schüt­zen sich die Ange­hö­ri­gen vor Über­for­de­rung und brin­gen mehr Ver­ständ­nis für die Pati­en­ten auf. Das Ver­ständ­nis kommt den Erkrank­ten zugu­te, wel­che nicht sel­ten von Schuld­ge­füh­len geplagt wer­den, weil sie sich als Last gegen­über ihren Ange­hö­ri­gen empfinden.

    Quellen

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    Dr. med. Natascha Kern
    Unse­re Exper­tin: Dr. med. Nata­scha KernÄrz­tinArzt/Ärztin nach gel­ten­der Approbationsordnung
    Dr. Nata­scha Kern stu­dier­te Human­me­di­zin an der Johann Wolf­gang von Goe­the-Uni­ver­si­tät in Frank­furt am Main. Sie arbei­tet am Insti­tut für Rechts­me­di­zin in Frank­furt. Zwi­schen 2017 und Ende 2019 schreibt sie als Gast­au­torin auch für Health Rise.