Dieses Medikament (genau genommen spricht man von Psychopharmaka) kommt häufig bei Depressionen zum Einsatz und ist gleichzeitig sehr umstritten und bekannt für starke Nebenwirkungen: Antidepressiva.
Doch wie wirken eigentlich Antidepressiva, welche Arten gibt es und welche natürlichen Alternativen stehen zur Verfügung? Die Antwort bekommen Sie in diesem Artikel.
- Antidepressiva gehören zur Gruppe der Psychopharmaka und beschreiben Medikamente, die meist gegen psychische Erkrankungen eingesetzt werden.
- Antidepressiva beeinflussen die Botenstoffe Serotonin, Dopamin und Noradrenalin im Gehirn und damit die Stimmung und Psyche der Anwender.
- Je nach Präparat können viele Nebenwirkungen auftreten — Die engmaschige Kontrolle und die Absprache mit einem Facharzt ist deshalb unerlässlich.
Inhaltsverzeichnis
Depressionen sind weit verbreitet
Eine Depression ist eine psychische Erkrankung, die immer häufiger in unserer schnelllebigen Zeit diagnostiziert wird. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) leiden weltweit mehr als 300 Millionen Menschen an einer Depression.
Die Therapie und die Folgen aus der Erkrankung kosten die Sozialsysteme jährlich viel Geld, da psychische Erkrankungen eine der Hauptursache für Arbeitsunfähigkeit sind. Daher investieren Regierungen und Arbeitgeber immer mehr Geld in präventive Maßnahmen und vielseitige Behandlungsmöglichkeiten.
Die meisten Behandlungspläne sehen auch die Einnahme von Antidepressiva vor. Inzwischen sind Antidepressiva die am häufigsten verordneten Psychopharmaka in Deutschland.
Was sind Antidepressiva?
Diese Medikamente werden in erster Linie eingesetzt, um Depressionen zu behandeln. Daneben finden die Präparate auch Verwendung bei der Behandlung von:
- Angststörungen,
- saisonal-affektiven Störungen,
- Zwangsstörungen
- oder posttraumatischen Belastungsstörungen.
Die umfangreichen Anwendungsmöglichkeiten lassen schon vermuten, dass Antidepressiva ein recht breites Wirkspektrum haben. Die Präparate können stimmungsaufhellend, angstlösend, antriebssteigernd oder auch antriebsdämpfend (sedierende Antidepressiva) wirken.
Die Wirkung von Antidepressiva
Antidepressiva versuchen, das neurochemische Gleichgewicht im Gehirn wiederherzustellen. Bestimmte Chemikalien im Gehirn, die Neurotransmitter genannt werden, werden von der Wissenschaft mit Depressionen in Verbindung gebracht. Hierzu zählen insbesondere
- Serotonin,
- Noradrenalin
- und Dopamin.
Antidepressiva beeinflussen die Neurotransmitter und lindern depressive Symptome. Meist nutzen diese einen Mechanismus, der „Wiederaufnahmehemmung“ genannt wird.
Wiederaufnahmehemmer verhindern die Wiederaufnahme eines Transmitters aus dem synaptischen Spalt in die Zelle, aus der sie ausgeschüttet wurden. Damit verbleiben sie länger im synaptischen Spalt und können dort länger an den Rezeptoren der Zielzellen wirken.
Die Wirkung von Antidepressiva zusammengefasst:
Engmaschige Kontrolle ist wichtig
Antriebssteigernde Antidepressiva können zunächst gefährlich sein, wenn die Antriebssteigerung vor der stimmungsaufhellenden Wirkung eintritt. Die Nebenwirkungen sind nicht zu unterschätzen, besonders bei Depressionen mit erhöhtem Suizidrisiko.
Darum ist es wichtig, dass neue Medikamente nur unter engmaschiger Kontrolle und mit Absprache des Arztes eingenommen werden.
Jedes Präparat beeinflusst den Körper jedoch auf seine Weise. Im Folgenden sind die wichtigsten Arten von Antidepressiva aufgelistet und kurz erklärt.
Zwei Arten von Antidepressiva
Antidepressiva werden in zwei Gruppen unterteilt: ältere und neuere Antidepressiva. Neuere Antidepressiva werden häufiger eingesetzt als ältere, da diese weniger Nebenwirkungen haben.
Ältere Antidepressiva wirken zudem schneller toxisch und können bei einer Überdosierung zu einer Vergiftung führen. Ältere Präparate finden heutzutage nur selten Verwendung.
Allerdings werden alte trizyklische Antidepressiva wie Trimipramin noch heute zur Therapie bspw. von Schlafstörungen eingesetzt.
Neuere Antidepressiva
1. Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI)
SSRI sind die bekanntesten Antidepressiva und werden am häufigsten verordnet. Diese Medikamente verursachen nur selten Nebenwirkungen und haben auch bei einer hohen Dosierung keine toxische Wirkung.
SSRI blockieren die Wiederaufnahme von Serotonin im Gehirn. Serotonin ist auch als „Glückshormon“ bekannt und reguliert die Stimmung und das Wohlbefinden. Sie werden bei Depressionen und Angststörungen eingesetzt.
Die häufigsten Nebenwirkungen betreffen den Magen-Darm-Trakt, da Serotonin im Magen verschiedene motorische und regulatorische Funktionen übernimmt. Dazu zählen Übelkeit, Appetitlosigkeit, Erbrechen und Durchfall. Viele SSRI wirken antriebssteigernd, daher kann es zu Schlafstörungen und Nervosität kommen.
2. Selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSNRI)
SSNRI sind Medikamente, die die Wiederaufnahme von Serotonin sowie Noradrenalin in präsynaptischen Nervenzellen hemmen. Dadurch wirken beide Neurotransmitter länger. Sie sind ebenso wirksam und nebenwirkungsarm wie SSNRIs.
Zu den Nebenwirkungen gehören Übelkeit, Unruhe und sexuelle Dysfunktion. Die Zeit bis zum Wirkungseintritt variiert und ist vom Präparat abhängig.
3. Selektive Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer (SNRI)
Produkte & Dienstleistungen (0)Dieses Psychopharmakum hemmt die Wiederaufnahme von Noradrenalin. Da diese Medikamentenklasse im Vergleich zu anderen Antidepressiva nur eine geringe Wirksamkeit aufweist, werden SNRIs nur selten verordnet.
4. Serotonin-Antagonist- und Wiederaufnahme-Hemmer (SARI)
Dieses Medikament wirkt auf zwei Ebenen und wird hauptsächlich zur Behandlung schwerer Depressionen bei Erwachsenen eingesetzt. Es hemmt die Wiederaufnahme von Serotonin, indem es einen bestimmten Rezeptor blockiert, und leitet dieses zu anderen Rezeptoren um, welche die Stimmung regulieren.
5. Selektive Noradrenalin-Dopamin-Wiederaufnahme-Hemmer (NDRI)
NDRIs hemmen die Wiederaufnahme der Neurotransmitter Noradrenalin und Dopamin. Beide Neurotransmitter regulieren die Motivation und den Antrieb. Daher werden NDRIs oftmals eingesetzt, wenn der Betroffene unter depressiven Symptomen mit einer Antriebsschwäche leidet.
Ältere Antidepressiva
1. Trizyklische Antidepressiva
Diese Psychopharmaka tendieren dazu, häufiger Nebenwirkungen zu verursachen und werden deshalb nur noch selten verordnet. Diese Medikamente verändern den Neurotransmitter-Haushalt über mehrere Wege.
Zu den möglichen Nebenwirkungen zählen: verschwommene Sicht, Unruhe, Verstopfungen, Gewichtszunahme, sexuelle Dysfunktion, vermehrte Schweißbildung und ein trockener Mund.
2. Monoaminoxidase-Hemmer (MAO-Hemmer)
MAO-Hemmer beeinflussen das Gleichgewicht der Neurotransmitter, indem sie die Enzyme, die Serotonin, Noradrenalin und Dopamin abbauen, blockieren. Dadurch sind die Neurotransmitter länger verfügbar. Es gibt einige Vorgaben, die eingehalten werden müssen, wenn MAO-Hemmer verordnet werden. Diese Vorgaben sind vom Präparat abhängig.
Aufgrund der vielfältigen Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten oder Nahrungsmitteln werden MAO-Hemmer nur selten verordnet. Hinzu kommen die vielen Nebenwirkungen, welche innere Unruhe, Schlafstörungen, Beschwerden des Magen-Darm-Traktes und Mundtrockenheit umfassen.
Liste bekannter Medikamente
Zu den klassischen Antidepressiva gehören:
- Saroten®(Wirkstoff: Amitriptylin; Typ: trizyklisch)
- Aponal® (Wirkstoff: Doxepin; Typ: trizyklisch)
- Nortrilen® (Wirkstoff: Nortriptylin; Typ: trizyklisch)
- Stangyl® (Wirkstoff: Trimipramin; Typ: trizyklisch)
- Ludiomil® (Wirkstoff: Maprotilin; Typ: tetrazyklisch)
- Thombran® (Wirkstoff: Trazodon; Typ: DAS)
- Aurorix® (Wirkstoff: Moclobemid; Typ: MAO-Hemmer)
Deshalb ist eine gezielte Behandlung einer möglichen Depression unerlässlich: Das falsche Medikament oder eine falsche Dosierung können unerwünschte Nebenwirkungen hervorrufen oder die gewünschte Wirkung verfehlen.
Johanniskraut: Eine pflanzliche Alternative?
Johanniskraut ist eine Heilpflanze, deren antidepressive und sedierende Wirkung schon seit einigen Jahren zur Behandlung von Depressionen eingesetzt wird.
Ein Inhaltsstoff der Pflanze, Hyperflovin, wirkt ähnlich wie bekannte Antidepressiva und greift in den Neurotransmitter-Haushalt ein. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Johanniskraut ist zwar noch lange nicht abgeschlossen, doch schon jetzt ist klar, dass die Wirkung nicht stark genug ist, um schwere Depressionen zu lindern.
Daher sollte Johanniskraut nur zur Behandlung leichter oder mittelschwerer Depressionen genutzt werden. Studien konnten hier zeigen, dass das natürliche Antidepressivum bei leichten Depressionen durchaus helfen kann.
Tipp: Hierbei ist zu beachten, dass Johanniskraut aus der Apotheke eine bessere Qualität aufweisen kann, als die Präparate, die man über andere Quellen beziehen kann.
Es sind folgende Nebenwirkungen bekannt:
- Beschwerden des Magen-Darm-Traktes,
- Schwindel,
- Lichtempfindlichkeit,
- Innere Unruhe
- und eine Herabsenkung der Wirksamkeit der Antibabypille.
Dennoch gilt Johanniskraut als verträglicher als herkömmliche Antidepressiva und stellt durchaus eine natürliche und nebenwirkungsarme Alternative dar.
Fazit: Vor- und Nachteile von Antidepressiva
Depressionen, Burnout oder andere psychosomatische Erkrankungen sind weit verbreitet und oftmals werden Antidepressiva zur Behandlung eingesetzt. Der Einsatz dieser Medikamente bringt folgende Vorteile mit sich:
- Die Wirkung ist in der Regel sehr verlässlich und setzt schnell ein.
- Die Behandlung erfordert nur wenig Zeit.
- Es gibt viele Arten, die je nach Beschwerden eingesetzt werden können.
Doch die Einnahme von Antidepressiva hat auch Nachteile:
- Mögliche Nebenwirkungen sind nicht zu verachten und reichen von Gewichtszunahme und Durchfall bis hin zu sexuellen Problemen.
- Gerade in der Anfangszeit sind Nebenwirkungen sehr präsent und führen nicht selten zum Abbruch der Therapie.
- Nach Ende der Behandlung mit dem Antidepressivum kommt es häufig zu einem Rückfall.
Nach der Behandlung ist es außerdem wichtig, das Medikament ordnungsgemäß abzusetzen, um die Gefahr von Rückfällen und Nebenwirkungen zu minimieren. Auch auf den Konsum von Alkohol sollte bei der Behandlung mit entsprechenden Medikamenten unbedingt verzichtet werden.
Besonders wichtig: Sollten Sie unter Depressionen leiden und den Einsatz von Antidepressiva in Erwägung ziehen, sollten Sie unbedingt professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Der behandelnde Arzt nennt Ihnen verschiedene Behandlungsoptionen und sagt Ihnen, ob die Einnahme von Medikamenten in Ihrem Fall sinnvoll ist.