Ambient Assisted Living (im weiteren Verlauf als “AAL” bezeichnet) meint technische Systeme, die das Leben eines Menschen in seinem (heimischen) Umfeld erleichtern. Es handelt sich bei diesen Technologien ausdrücklich nicht um Systeme, auf die sich der Nutzer einzustellen hat. Vielmehr liegt das Ziel bei AAL-Systemen darin, vor allem das Wohnumfeld so zu gestalten, dass der Bewohner dank der technischen Assistenz noch lange selbstbestimmt in ihm verbleiben kann. Im Deutschen ließe sich der Begriff gut mit “Alltagstaugliche Assistenzlösungen für ein selbstbestimmtes Leben” übersetzen, was das Wesen von AAL-Systemen gut zusammenfasst.
Bedingt durch die zunehmende Alterung der Gesellschaft und den Wunsch der meisten Menschen, möglichst lange selbstbestimmt leben zu können, sind AAL-Systeme als echte Chance zu begreifen. Sie kombinieren Komfort, Angepasstheit an den Bewohner und – nicht zuletzt – Sicherheit.
Inhaltsverzeichnis
Grundlagen von Ambient Assisted Living
Diese Assistenzsysteme basieren größtenteils auf der Vernetzung der Wohnung und Sensoren, auf lernenden Technologien und auf der Anwendbarkeit durch den Endnutzer. Voraussetzungen sind entsprechend eine Internetverbindung und ein Stromnetz. Im Grunde sind die meisten Komponenten von AAL auf der Idee des Smart Homes basierend: Ein “mitdenkendes” Haus soll es gerade älteren Menschen mit erhöhtem Sicherheitsbedürfnis leicht machen, in ihm zu leben und dadurch länger unabhängig zu bleiben.
Das beginnt bei banaleren Aufgaben wie dem automatischen Öffnen und Schließen von Vorhängen und endet bei Rauchmeldern, die im Falle eines Brandes beispielsweise Angehörige informieren oder sogar einen Mediziner verständigen können. Weiterhin gibt es noch Technologien in diesem Bereich, die dem Menschen auch unterwegs mehr Sicherheit und Komfort bieten.
AAL ist ein modulares System. Das bedeutet, dass die verschiedenen Techniken nicht alle angeschafft werden müssen. Vielmehr geht es um die Möglichkeit, hier genau bedürfnisgerecht zu agieren. Wenn die Person beispielsweise Probleme damit hat, schwere Vorhänge oder Fenster zu bedienen, kann dies dank Technik übernommen werden. Wenn hingegen das Sicherheitsbedürfnis eine große Rolle spielt, dann kommen etwa Möglichkeiten der Telemedizin, der Notfallknopf und intelligente Überwachungssysteme zum Einsatz.
Welche Möglichkeiten bieten Ambient-Assisted-Living-Systeme konkret?
Die Aufgabenbereiche von AAL-Systemen lassen sich grob in zwei Kategorien aufteilen: Steigerung des Komforts und der Sicherheit.
Die Komfortsteigerung wird durch alle Systeme erreicht, die den Nutzern Handgriffe wirklich abnehmen. Auch gibt es hier Möglichkeiten bezüglich der Unterhaltung des Nutzers. Hier sind zum Beispiel folgende Möglichkeiten gegeben:
- Licht, welches sich per Sprache ein- und ausschalten lässt
- Automatisches Öffnen und Schließen von Vorhängen
- Treppenlift
- Intelligente Pillendosen, die den Anwender erinnern und Dosierungspläne darstellen können
- Automatische Klimasysteme
- Ferngesteuerte Systeme, die etwa die Stereoanlage aktiveren
- Elektrische Rollatoren, die auch Steigungen einfach machen
- Sprachassistenten
Es ist zu sehen, dass die Möglichkeiten hier breit gefächert sind. Bei allen Systemen, die etwas automatisch übernehmen, obliegt es dem Anwender, dem System Zeiten vorzugeben. Bei allen Systemen, die einer Interaktion bedürfen (also etwa Sprachassistenzsysteme), muss der Umgang erst noch erlernt werden. Aber dies ist – in aller Regel – gut zu bewerkstelligen.
Die Verbesserung der Sicherheit ist hingegen für viele Nutzer von AAL-Systemen viel ausschlaggebender. Ganz einfache Beispiele sind etwa Rauchmelder, die den Herd überwachen (und ihn zur Not ausschalten) oder Sicherheitssysteme am Haus. So gibt es etwa Systeme, die bei verdächtigen Bewegungen vor dem Haus den Fernseher und das Licht einschalten, um potenzielle Einbrecher abzuschrecken.
Das Produkt, das sich indes am meisten durchgesetzt hat, ist ein sehr einfaches: der Alarmknopf. Er wird vom Träger mitgeführt (etwa in der Tasche oder um den Hals gehängt) und kann im Falle eines Notfalls betätigt werden. Er informiert zumeist vorher festgemachte Notfallkontakte und einen medizinischen Dienst.
Weiterhin gibt es Möglichkeiten, etwa das Haus mit Sensoren auszustatten. Diese können in Bodennähe sein und registrieren etwa Stürze. Stürzt also der Bewohner und kann sich nicht mehr bewegen, um Hilfe zu holen, wird dies automatisch veranlasst. Außerdem kann dies auch durch eine Kamera und eine Sprechanlage im Haus ergänzt werden. Wird also ein Sturz registriert, wird sich jemand mit dem Bewohner in Kontakt setzen. War es ein falscher Alarm, kann der Bewohner seine Unversehrtheit mitteilen. Erfolgt keine Reaktion oder der Bewohner braucht Hilfe, wird sich jemand zur Wohnung begeben.
Das gleiche Prinzip gibt es auch für Fahrradhelme. Diese verfügen auch über einen Sturzsensor und über einen GPS-Sender.
Die vielen Sensoren im Haus registrieren die Bewegungsabläufe des Bewohners. Sie lernen, wie lange jemand im Bad ist und wann er Nahrung zu sich nimmt. Wenn die Sensoren eine starke Abweichung wahrnehmen, können sie Alarm schlagen.
Vernetzte Daten und Vorteile für den Menschen
Ambient Assisted Living wertet auch Daten aus. Welche Produkte braucht der Mensch häufig, welche Medikamente werden genommen und welche Raumtemperatur wird bevorzugt? Welches sind feste Fernsehzeiten und wann wird gekocht?
All diese Fragen führen dazu, dass diese Systeme sich dem Nutzer anpassen. Zudem ergeben sich aus dem Erfassen von Bedarfsgütern und Medikamenten ganz praktische Vorteile. So kann etwa der Mensch daran erinnert werden, dass er ein bestimmtes Medikament besorgen müsste oder es wird direkt bestellt.
Dies sind aber nur ein paar von vielen Beispielen, wie vernetzte Daten funktionieren können.
Vor welchen Herausforderungen stehen AAL-Systeme und wie funktioniert die Finanzierung?
Vorweg ist zu erwähnen, dass die gesamte Technologie, die für das Realisieren von Ambient Assisted Living nötig ist, bereits existiert. Sensoren und Schnittstellen sind klein, unauffällig und lassen sich bereits bestehende Wohnungen in aller Regel mühelos integrieren. Geräte, die etwa automatische Prozesse in Gang setzen, sind platzsparend und einfach.
Was nicht außer Acht zu lassen ist, ist vielmehr die notwendige Bereitschaft, AAL-Systeme auch zu nutzen. Im Grunde lässt es sich mit Fahrassistenten oder dem Smartphone vergleichen: Was früher nicht selbstverständlich war, ist es heute allemal. Bei AAL-Systemen ist dieser Punkt (noch) nicht erreicht worden, aber es geht Stück für Stück vorwärts. Ein bisschen Kompetenz im Umgang mit Technik muss natürlich vorausgesetzt werden, aber AAL bemüht sich um Einfachheit. Es ist sehr sinnvoll, älteren Menschen, die den Umgang mit Technik scheuen, die Dinge anschaulich zu erklären und die Technik mit ihnen auszuprobieren. Viele Techniken sind so intuitiv, dass sie trotz eventuell vorhandener Skepsis schnell angenommen werden können. Am wichtigsten ist aber immer der individuelle Nutzen.
Die Finanzierung über eine Krankenkasse ist momentan schwierig. Derzeit gibt es allerdings verschiedene Pilotprojekte, die die Akzeptanz und Rentabilität von AAL-Systemen überprüfen sollen. Beispielsweise wird vermehrt an Raumkonzepten gearbeitet, die AAL-Systeme als Teil der Innenausstattung sehen. Die Krankenkassen sind derzeit allerdings zurückhaltend, was die Mitfinanzierung intelligenter Systeme angeht. Ausnahmen sind der Notfallknopf und alle Maßnahmen zum Schaffen von Barrierefreiheit. Voraussetzung für die Bewilligung der Kostenübernahme ist in der Regel ein Pflegegrad.
In der Regel müssen AAL-Systeme selbst finanziert werden. Die Aufrüstung einer Wohnung mit einem umfassenden System kostet derzeit mehrere tausend Euro.
Chancen durch AAL
Tatsache ist jedoch, dass Technik, die den Alltag erleichtert hat, sich fast immer irgendwann durchgesetzt hat. Außerdem wird der Bedarf an Pflege und Assistenz von älteren Menschen steigen und nicht sinken. Menschen ein selbstbestimmtes Leben zu vereinfachen, ist daher ein gutes Ziel. Die vielen Pilotprojekte und das weitere Erforschen von AAL, sind vielversprechend.
Werden die Fragen der Finanzierung geklärt, steht einer Massenanwendung von AAL-Systemen nichts im Wege. Es muss allerdings gewollt werden: von den Menschen in ihren Wohnungen, von den Krankenkassen und vom Markt für intelligente Systeme für den Alltag.