Für mangelndes Interesse an Sex gibt es viele Gründe. In Zeiten starker beruflicher oder privater Belastung sinkt das Verlangen nach sexueller Aktivität oft auf den Nullpunkt. Auch psychische oder körperliche Erkrankungen können das Sexualleben beeinträchtigen. Solche Phasen vorübergehender Unlust sind jedem bekannt: Verläuft das Leben in ruhigeren Bahnen, stellt sich die Freude am Sex wieder ein. Manchen Menschen bleibt sexuelle Anziehungskraft jedoch lebenslang fremd: Sie bezeichnen sich selbst als asexuell.
Inhaltsverzeichnis
Asexualität: Was ist das?
Als Asexualität wird das fehlende Verlangen nach sexueller Aktivität bezeichnet. Asexuelle Menschen verspüren keinerlei sexuelle Anziehungskraft gegenüber anderen Menschen gleich welchen Geschlechts und haben nicht den Wunsch nach Geschlechtsverkehr. Körperlich sind sie zu sexuellen Handlungen in der Lage: Gelegentlich aus pragmatischen Gründen (Kinderwunsch oder dem Partner zuliebe) ausgeübter Geschlechtsverkehr oder als angenehm empfundene Selbstbefriedigung schließt Asexualität nicht aus.
Aus Mangel an Gelegenheit oder religiösen Gründen enthaltsam lebende Menschen werden nicht als asexuell bezeichnet, da sie durchaus Lust verspüren können. Es existieren keine strikten Kriterien, die Asexualität definitiv belegen oder ausschließen: Jeder Mensch muss für sich selbst entscheiden, ob er sich als asexuell definiert.

Wie entsteht sie?
Asexualität ist eine sexuelle Orientierung, die aller Wahrscheinlichkeit nach angeboren ist und lebenslang bestehen bleibt. Missbrauch in der Kindheit, psychische Krankheiten oder körperliche Erkrankungen können sexuelle Funktionsstörungen, aber keine Asexualität nach sich ziehen. Da die Betroffenen nicht unter ihrem fehlenden Verlangen leiden, gibt es keinen Grund, etwas dagegen zu unternehmen: Asexualität ist keine Krankheit und muss nicht therapiert werden.
Wie häufig kommt Asexualität vor?
Genaue statistische Daten existieren zu diesem Thema nicht. In einer britischen Studie aus dem Jahr 1994 bezeichneten sich ein Prozent der Befragten als asexuell, eine Studie aus dem Jahr 2007 ergab einen Prozentanteil von 3,5 Prozent. Umfragen zufolge geben deutlich mehr Frauen als Männer an, keinerlei sexuelle Anziehungskraft zu verspüren: Ob dies der Realität entspricht oder sich Frauen lediglich offener zu ihrer sexuellen Orientierung bekennen, bleibt dahingestellt.
Woran erkennt man sie?
Asexualität ist nicht an einigen wenigen Merkmalen festzumachen. Um die Frage für sich selbst zu klären, müssen die Empfindungen in drei Bereichen analysiert werden:
Anziehungskraft
Sexuelle Anziehungskraft ist asexuellen Menschen fremd. Sie können sich emotional zu anderen hingezogen fühlen, verspüren aber keinen Wunsch, in eine romantische Bindung sexuelle Aktivität einzubringen. Abhängig davon, ob sich die emotionale Verbundenheit auf Personen des gleichen, des anderen Geschlechts oder geschlechtsunabhängig zeigt, kann man von homo‑, bi- oder heterosexuell sprechen. Als Aromantiker bezeichnen sich Menschen, die auch keine emotionale (romantische) Anziehung empfinden.
Erregung
Sexuelle Erregbarkeit kann bei Asexuellen verschieden stark ausgeprägt sein, aber auch völlig fehlen. Manche nutzen Selbstbefriedigung zum Stressabbau, der sexuelle Aspekt steht dabei im Hintergrund. Das Bedürfnis nach Geschlechtsverkehr ist bei asexuellen Menschen nicht vorhanden, sie erleben die fehlende Erregbarkeit nicht als unangenehm oder bedrückend.
Beziehung
Viele Asexuelle wünschen sich eine Beziehung auf platonischer Ebene, andere suchen sich Halt und Unterstützung in engen Freundschaften, manche bleiben lieber für sich. Die Beziehungsvorstellungen sind hier so vielfältig wie die Menschen selbst. Sexualität spielt dabei kaum eine Rolle, muss im Zusammenleben mit einem sexuellen Partner aber nicht zwangsläufig ausgeklammert werden.
Asexualität und Beziehung: Wie geht das?
Auch eine Beziehung ohne Sexualität kann erfüllend sein, wenn beide Partner kein Verlangen nach Geschlechtsverkehr verspüren. Die meisten asexuellen Menschen lehnen körperliche Nähe keineswegs ab: Kuscheln, Streicheln und Händchenhalten empfinden sie als angenehm, wobei die Grenzen zwischen positiver Empfindung und Ablehnung individuell verschieden sind.
Andere möchten keinen körperlichen Kontakt und erfahren Intimität in der Beziehung durch Gespräche, gemeinsame Aktivitäten und eine übereinstimmende Lebensplanung. Ist in einer Beziehung nur einer der Partner asexuell, muss dieser selbst entscheiden, ob gelegentlicher Geschlechtsverkehr für ihn infrage kommt – ebenso muss der sexuelle Partner sich im Klaren sein, dass Sex beim anderen nicht das gleiche Hochgefühl auslöst wie bei ihm selbst. Sind beide Partner bereit, Kompromisse einzugehen, kann eine glückliche Partnerschaft gelingen.