Das Hörvermögen des Menschen gehört zu den kulturell bedeutendsten Sinnen. Am Beispiel der Sprache wird dies bereits deutlich: So befinden sich beinahe alle für Sprachen genutzte Laute innerhalb eines bestimmten Frequenz- und Lautstärkebereichs innerhalb des sogenannten Hörfeldes – also des für den Menschen wahrnehmbaren Schallbereichs. Sprachlaute haben Frequenzen von circa 200 bis 5000 Hertz und erreichen in der Regel eine Lautstärke zwischen 40 und 75 Dezibel. Damit liegen Sprachlaute weit unterhalb der Schmerzgrenze (ab 120 dB) und recht mittig im wahrnehmbaren Frequenzbereich (20 bis 20.000 Hz). Vom Menschen gemachte Musik geht über die Frequenz- und Lautstärkenormen der Sprache hinaus, bleibt aber ebenfalls deutlich im als angenehm empfundenen Bereich des Hörfeldes. Die Entwicklung des Gehörs kam allerdings – der Evolution sei es gedankt – vor der Entwicklung komplexer Laute.
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Was eine Hörminderung bedeutet und wie sie sich äußert
Es gibt verschiedene Arten der Hörminderung, die unterschiedlich einschränkend wirken. Grundsätzlich ist das Hören sehr individuell, weshalb einige Menschen von Natur aus bestimmte Frequenzen nicht wahrnehmen. Dies gilt insbesondere bei sehr hohen Tönen, wobei hier die Fähigkeit, diese überhaupt zu hören, fast immer mit steigendem Alter verloren geht. Ein Beispiel sind etwa Gasfeuerzeuge mit elektrischem Zünder: Die höchsten der Zischtöne werden in der Regel von Menschen über 25 oder 30 nicht mehr wahrgenommen.
Von einer Hörminderung beziehungsweise einer Schwerhörigkeit wird bei wahrnehmbaren Einschränkungen des Hörvermögens gesprochen. Diese reichen von leichten Problemen mit dem Hören bestimmter Frequenzen bis hin zu völliger Gehörlosigkeit (Taubheit). Vor der Diagnose steht deshalb in der Regel die Erkenntnis des Betroffenen, dass sein Hören eingeschränkt ist.
Dies kann sich, je nach Schwere der Hörminderung, sehr unterschiedlich auswirken. Mögliche Probleme sind etwa:
- das Nichthören von hohen Frequenzen
- Schwierigkeiten, Gruppengesprächen zu folgen
- Schwierigkeiten, gesprochenen Worten zu folgen
- das Nichtwahrnehmen von zu leisen Tönen
- insgesamt erschwertes Hören
- fast vollständiger Hörverlust
- vollständiger Hörverlust
Ferner lässt sich die Gesamtheit des Hörverlustes auch prozentual ausdrücken. Das Feststellen dieses Wertes ist eine komplexe Angelegenheit und erfolgt pro Ohr. Unterschieden werden eingeschränktes Hören in bestimmten Bereichen, generelle Einschränkungen des Hörvermögens sowie eventuell eine heraufgesetzte Hörschwelle (Frequenzbereich, ab dem überhaupt gehört wird).
Es gibt sehr viele Arten von Schwerhörigkeit, denen unterschiedliche Ursachen zugrunde liegen. Generalisierte Aussagen sind nicht möglich. Die Art der Diagnose ist nach Land und teilweise nach Arzt unterschiedlich. Ein Ermitteln des Hörverlustes gelingt deshalb nur, wenn verschiedene Faktoren untersucht werden.
In Deutschland gelten circa 16 Prozent der Erwachsenen als hörgeschädigt. Mit steigendem Alter erhöht sich dieser Anteil auf bis zu 50 Prozent (bei Männern ab 65) beziehungsweise 33 Prozent (bei Frauen ab 65). Laut des Deutschen Berufsverbandes der HNO-Ärzte e.V. ist zudem einer aus 440 Säuglingen bereits schwerhörig.
Ursachen der Schwerhörigkeit
Die Ursachen der Schwerhörigkeit sind vielfältig und oftmals dem Alter geschuldet. Die Haarzellen, die den Schall aufnehmen und an Nerven weiterleiten, nehmen im Alter ab und degenerieren. Je länger dies der Fall ist, desto eher werden auch benachbarte Frequenzbereiche betroffen sein – und das Hören verschlechtert sich zunehmend.
Unterschieden werden die Schallleitungsschwerhörigkeit (Probleme aufgrund des Außen- und Mittelohres), die Schallempfindungsschwerhörigkeit (Innenohr) sowie neuronale Schwerhörigkeit (Nerven und Gehirn). Kombinationen sind dabei möglich.
Neben der altersbedingten Schwerhörigkeit und dem natürlichen Verschleiß von Haarzellen und Gehörknöchelchen, gibt es eine ganze Reihe möglicher Ursachen für Schwerhörigkeit.
- Chronische Entzündungen des Innen- und Mittelohres
- Vereiterungen und Gewebeverlust
- Schäden am Trommelfell
- Schäden an den Gehörknöchelchen
- Tumore
- vorangeschrittenes Alter
- erbliche Vorbelastung
- angeborene Fehlbildung des Ohres
Relevant sind auch genetische Faktoren, denn Schwerhörigkeit kann vererbbar sein. Zudem gibt es angeborene Fehlbildungen des Ohres sowie diverse Erkrankungen, die auch das Gehör in Mitleidenschaft ziehen.
- Ohrenschmalz(pfropf)
- Fremdkörper
- Schleimansammlung infolge einer Nebenhöhlenentzündung
- Hörsturz
- Flüssigkeitsansammlung
In diesen Fällen hilft ein Entfernen der Fremdkörper oder ein Reinigen des Ohres meist aus, um die Hörfähigkeit wiederherzustellen. Gerade Ohrenschmalzpfropfen führen häufig zum klinischen Bild einer akuten Hörminderung.
Weitere Risikofaktoren und die Frage, ob die Jugend heute schlechter hört
Belastung für die Haarzellen sowie das sonstige Gehör bedeutet immer ein erhöhtes Risiko für Gewebeschäden. So ist eine dauerhafte Lärmbelästigung von über 85 dB schädlich für das Gehör und kann eine arbeitsbedingte Schwerhörigkeit nach sich ziehen. Es wird von Lärmschwerhörigkeit gesprochen. Als sehr wahrscheinlich gilt eine Schädigung des Gehörs, wenn dieser Lärm fünf Tage die Woche über je acht Stunden an das Ohr gelangt. Es kann Monate oder Jahre dauern, bis Schäden auftreten. Aber auch kleinere Dosen Lärmbelastung können Stück für Stück die Haarzellen in Mitleidenschaft ziehen. Die Regenerationsfähigkeit ist begrenzt; funktionslose Haarzellen bleiben meist funktionslos.
Es gelten laute Töne jeden Ursprungs als Risikofaktor für Lärmschwerhörigkeit. Dies gilt auch für laute Konzerte und laut über Kopfhörer gehörte Musik. Vor allem bei Kopfhörern kommt es immer wieder dazu, dass die Musik schlichtweg zu laut gehört wird und dadurch das Ohr belastet. Dies mag im Musikgeschmack begründet sein. Relevant ist aber auch, dass Kopfhörer besonders oft dort zum Einsatz kommen, wo auch viel Hintergrundgeräusche vorhanden sind – beispielsweise in der U‑Bahn. Hier wird die Lautstärke erhöht, um den Hintergrund auszublenden.
Es ist tatsächlich so, dass Kopfhörer und portable Musik dazu beigetragen haben, dass immer mehr Jugendliche eine Schwerhörigkeit entwickeln. Genaue Zahlen gibt es nicht, aber die Krankenkassen stellen immer mehr Hörgeräte für Jugendliche. Entsprechend häufen sich die Fälle von starken Beeinträchtigungen. Schätzungen gehen davon aus, dass etwa jeder vierte junge Mensch eine leichte oder schwere Schwerhörigkeit entwickelt. Moderate Lautstärken bei über Kopfhörer gehörte Musik, noch besser Musik über Kopfhörer, die das komplette Ohr bedecken und so Umgebungslärm vorher filtern, schädigen das Gehör mit einer sehr viel geringeren Wahrscheinlichkeit.
Behandlung bei Schwerhörigkeit
Die Behandlung bei akuten Auslösern, die eine Schallweiterleitung erschweren, erfolgt durch das Entfernen des Auslösers. Häufig genügt eine professionelle Reinigung der Ohren oder das Therapieren einer bakteriellen Infektion, um akute Schwerhörigkeit zu therapieren.
Wenn hingegen die Reizverarbeitung nicht mehr richtig gelingt, weil die Haarzellen teilweise geschädigt sind, ist eine ursächliche Therapie nicht möglich. Je nach Auslöser der Schwerhörigkeit kommen dann Implantate oder Hörhilfen zum Einsatz. So lassen sich etwa diverse Implantate verwenden, die beispielsweise Schall direkt an den Hörnerv leiten oder aber die Gehörknöchelchen ersetzen. Ein Cochlea-Implantat kann bei intaktem Hörnerv die Aufgaben des Ohres vollständig übernehmen und sogar bei ertaubten Menschen erfolgreich eingesetzt werden.
Hörgeräte wirken auf verschiedene Arten. Sie können beispielsweise:
- den Schall verstärken
- den Schall in elektrische Signale für den Hörnerv umwandeln
- bestimmte Teile des Ohres überbrücken
- direkt den Hirnstamm stimulieren
Auch hinsichtlich der Bauweisen unterscheiden sich die Geräte stark voneinander und sind teilweise kaum von außen sichtbar oder aber in Brillen integriert.
Wann ein Hörtest ratsam ist
Wer sich fragt, ob sein Hörvermögen eingeschränkt ist, sollte im Zweifel einen HNO-Arzt aufsuchen. Es gilt zuerst abzuklären, ob die Hörminderung akut oder chronisch ist. Das Ohr sollte vorerst einmal untersucht und gegebenenfalls gereinigt werden.
Ein Hörtest sollte dann in Anspruch genommen werden, wenn sich das Hören schlechter anfühlt oder es zu Einschränkungen kommt. Solche Einschränkungen sind beispielsweise:
- Schwierigkeiten mit bestimmten Tonlagen
- das Nichthören von leisen Geräuschen
- Probleme beim Verstehen von Sprache
Ein Hörtest kann zur ersten Einschätzung häufig bereits beim Hausarzt durchgeführt werden. Wird dann eine Hörschädigung angenommen, sind weitere Untersuchungen bei einem Facharzt sinnvoll. Dieser kann die Art und Schwere der Schwerhörigkeit feststellen.
Im Falle eines Hörtests gilt, dass lieber einer zu viel als zu wenig gemacht werden sollte. Außerdem lässt sich beginnende Schwerhörigkeit besser mit einer passenden Hörhilfe kompensieren oder gar behandeln, wenn sie früh erkannt wird. Entsprechend sinnvoll ist es, auf das eigene Gehör zu achten und gerade bei schleichenden Verschlechterungen misstrauisch zu werden.
Der Wert des Hörvermögens
Gutes Hören ist unabdingbar für die Kommunikation und für Musikliebhaber. Helmut Schmidt beispielsweise bedauerte in seinen späten Jahren, dass er aufgrund seiner Schwerhörigkeit die Musik nicht mehr genießen konnte.
Eine Hörschädigung ist eine Behinderung. Sie bedeutet unter anderem:
- Probleme mit normaler Sprache
- das Nichthören von Geräuschen
- den teilweisen Verlust eines Sinnes
Es gibt also gute Gründe dafür, sorgsam mit dem eigenen Gehör umzugehen. Es ist ein empfindliches Gebilde, das Lärm nur über kurze Zeiträume gut verkraftet.