Viele Menschen können bunten Herbstblättern durchaus etwas abgewinnen. Sie leiden dennoch unter dem sogenannten “Herbstblues”. Betroffene fühlen sich tagsüber müde, gereizter und antriebsloser als gewohnt.
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Was bewirkt ein Herbstblues?
Mediziner sprechen von einer saisonalen Depression, medizinisch als saisonal-affektive Störung oder “Seasonal Affective Disorder”, kurz SAD, bekannt. Es handelt sich um eine jahreszeitlich bedingte depressive Störung. Diese tritt bevorzugt in den dunklen Herbst- und Wintermonaten auf. In Skandinavien oder Russland ist diese Störung ausgeprägter. Ob die Menschen dort ebenso unter Winterblues leiden, ist eine andere Frage. Möglicherweise spielen die Mentalität, das Umfeld und der allgemeine Zufriedenheitsgrad mit hinein.
Depressive Gedanken und die gedrückte Stimmung der dunklen Jahreszeit gehen mit einem geringen Energieniveau und einem vermehrten Schlafbedürfnis einher. Der Appetit auf Süßes nimmt oft zu, vor allem auf Schokolade, was die weitverbreitete Gewichtszunahme im Winter erklärt. Unser instinktiver Griff zu Kakao und Schokolade können auch dadurch bedingt sein, dass sie das “Glückshormon” Serotonin enthalten und Depressionen entgegenwirken können.
Warum leiden Menschen am Herbstblues?
Die Ursachen der herbstlichen Depression sind noch nicht gänzlich geklärt. Vermutlich spielt der anhaltende Lichtmangel eine Rolle. Dieser verursacht eine Veränderung des gewohnten biologischen Tagesrhythmus. Manche Fachleute spekulieren, dass sich der Serotonin-Melatonin-Stoffwechsel in der dunklen Jahreszeit ändert. Da es im Herbst und Winter länger dunkel ist, fehlt die Lichteinstrahlung der Sommermonate.
Der Lichteinfall sorgt über die Netzhaut dafür, dass eine Substanz namens Melanopsin gebildet wird. Solange das vorwiegend langwellige Dämmerungslicht auf den Organismus einwirkt, fehlt dieser Impuls. Das Mittags-Licht ist im Herbst und Winter oft nicht hell genug. Durch den Einfluss des Melanopsins schicken unsere fotosensitiven Ganglienzellen bestimmte Signale in das Gehirn. Dieses stellt daraufhin unsere “innere Uhr”. Man könnte sagen, dass diese im Herbst und Winter eine falsche Tageszeit anzeigt.
Die Mitwirkung des Hormons Serotonin am Herbstblues ist offenkundig. Viele Zellen, die Serotonin herstellen, liegen in der Zirbeldrüse. Das Serotonin wird ausgeschüttet, wenn die innere Uhr anzeigt, dass es hell ist. Die Stimmung hebt sich automatisch. Tryptophan und Serotonin ergeben zusammen das Schlafhormon Melatonin. Werden beide durch entsprechende Lichtreize gehemmt, sinkt die Melatonin-Konzentration tagsüber. Nachts steigt sie dafür erheblich an. Gegen drei Uhr morgens erreicht sie ihr Maximum. Bisher ist nicht klar, ob das Melatonin den Herbstblues auslöst. Das vermehrte Schlafbedürfnis in der dunklen Jahreszeit ist aber recht eindeutig dem Melatonin geschuldet.
Geht der Herbstblues von alleine weg?
Im Herbst und Winter entstehen durch längere Dunkelphasen verringerte Serotonin- und erhöhte Melatonin-Werte. Damit wird der saisonal auftretende Herbstblues erklärt. Dazu passt, dass die Betroffenen ihm mit einer Tageslichtlampe und langen Spaziergängen an sonnigen Herbsttagen entgegenwirken können. Die Lichtreize, die durch eine Tageslichtlampe oder einen Spaziergang an die Netzhaut gelangen, genügen in den meisten Fällen, um den Serotonin-Melatonin-Anteil zu verbessern. Der Herbstblues dauert aber so lange, wie die dunkle Jahreszeit andauert. Im Frühling reguliert sich der Organismus wieder. Er stellt seine innere Uhr auf mehr Licht und längere Tage ein.
Übrigens befinden einige Wissenschaftler, dass die jahreszeitlich bedingte Depressivität keinen Krankheitswert hat. Möglicherweise hatte sie sogar einmal einen Sinn. Mancher glaubt, dass dieses Phänomen dafür gesorgt hat, dass unsere frühen Vorfahren ihre Energieressourcen schonten, wenn die dunkle Jahreszeit einbrach.
Demnach hätten die Menschen in der dunklen Jahreszeit einen moderaten Winterschlaf-Modus durchlebt. Zu dieser These passt, dass wir im Herbst “Winterspeck” anlegen. Da wir zugleich ein größeres Schlafbedürfnis spüren, sparen wir tatsächlich Energie ein. Dummerweise verläuft die Evolution des Menschen recht langsam. Sie hat “verschlafen”, dass unser Lebensstil sich drastisch verändert hat. Unser Arbeitsleben erfordert Energie, unsere Schönheitsideale eine schlanke Figur. Lebensbedrohlicher Ressourcenmangel ist in unseren Breitengraden heute extrem selten.
Wo liegt der Unterschied zur Depression?
Der Unterschied zur klinischen Depression liegt darin, dass diese ganzjährig auftritt. Einige Symptome decken sich, andere aber nicht. Zum Beispiel kommen bei der Winterdepression selten Selbstmordgedanken vor, bei der klinischen können diese aber auftreten. Apathie, sozialer Rückzug und düstere Gedanken sind bei der klinischen Depression deutlich ausgeprägter. Der Herbstblues geht eher mit gelegentlicher Niedergeschlagenheit, stundenweiser Antriebslosigkeit und Lustlosigkeit einher. Dagegen setzen die Menschen Kerzenlicht, gemeinsame Spieleabende, gemütliche Nachmittagstunden mit der Familie, Tageslichtlampen und Herbstspaziergänge ein — und diese helfen auch. Antidepressiva sind meist nicht nötig.
Das wichtigste zusammengefasst, um dem Herbstblues zu entgehen :
- Spaziergänge an der frischen Luft
- Ausgewogene Ernährung
- Warme Farben hellen die Stimmung auf
- Positives Denken
- Geselligkeit hilft gegen die Einsamkeit