Tinnitus bezeichnet dauerhafte oder gelegentlich auftretende Ohrgeräusche, für das keine externe Schallquelle existiert. Das bedeutet, dass dem Pfeifen kein falsches Hören oder eine Schallquelle zugeordnet werden kann. Vielmehr handelt es sich um eine Störung der Hörfunktion, wobei eines oder beide Ohren betroffen sein können. Es handelt sich damit um ein Phantomgeräusch, dessen Auslöser in aller Regel neuronaler Natur ist.
Unterschieden wird zwischen dem akutem und dem chronischem (ab einer Dauer von drei Monaten) Zustand. Zudem wird zwischen dem Subjektiven (nur für den Betroffenen wahrnehmbar) und dem Objektiven (Strömungsgeräusche von Gefäßen, Atemgeräusche, Schallquellen im Ohr etc.) unterschieden. Mögliche Ursachen und eine mögliche Tinnitus-Therapie soll hier besprochen werden.
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Ursachen eines Tinnitus
Das Ohrenklingeln kann im akuten Fall sehr unterschiedliche Gründe haben. Ereignisse, die zu einem objektiven Tinnitus führen können, sind etwa im Innenohr befindliche Lebewesen (Parasiten, Käfer), zerstörtes Gewebe, Druckveränderungen und Objekte. Auch ein pulssynchroner Tinnitus bei Gefäßerkrankungen ist möglich und kommt vor.
Der Subjektive kann hingegen viele verschiedene Ursachen haben. Ausgelöst wird das Geräusch in allen Fällen durch Nervenaktivitäten, wobei sich gezeigt hat, dass der Hörnerv selten ursächlich ist. Dadurch ist anzunehmen, dass subjektiver (und bisweilen auch chronisch verlaufender) Tinnitus durch Nervenaktivitäten im Gehirn ausgelöst wird.
Mit einem subjektiven Tinnitus werden unter anderem assoziiert:
- Tauchunfälle; gravierende Druckveränderungen
- Schalltrauma
- Knalltrauma
- Hörsturz
- Hydrops cochleae (Flüssigkeitsansammlung im Innenohr)
- Toxine
- Tumoren in den Gehörnerven und dem umgebenden Gewebe
Weiterhin gilt eine dauerhafte Lärmbelastung (meist im entsprechenden Arbeitsumfeld) als Risikofaktor. Ein ausreichender Lärmschutz schützt. Vielfach unterschätzt wird allerdings auch eine als moderat empfundene, andauernde Lärmbelastung.
Zuverlässige Angaben zu der Menge an Betroffenen sind schwierig zu machen, da Studien unterschiedliche Definitionen und Auswertungen verwenden. Grob wird circa ein Viertel aller Menschen in Industrienationen im Laufe ihres Lebens von einem länger anhaltenden Tinnitus betroffen. Eine Tinnitus-Therapie ist allerdings nicht immer nötig, da sich mancher Tinnitus spontan legt.
Symptome beim Tinnitus
Die Symptomatik bei Ohrgeräuschen kann sehr unterschiedlich ausfallen. Betroffene beschreiben Knackgeräusche, ein Klingeln, ein Zischen und viele weitere Empfindungen. Beim objektiven Tinnitus kommt es meistens zu völlig unrhythmischen, immer wieder in verschiedener Intensität auftretenden Geräuschen, die zumeist durch Aktivitäten oder Bewegungen des Auslösers zu erklären sind.
Die Tinnitus-Therapie beim objektiven Ohrgeräusch ist dann relativ einfach, wenn die Ursache ein Fremdkörper im Gehörgang ist, den man entfernt, womit das Geräusch verschwindet. Andere Ursachen sind nicht immer ganz so einfach zu therapieren. Beim subjektiv wahrgenommenen Geräusch werden anhaltende, pulsierende, rhythmische und viele weitere Formen beschrieben.
Der Leidensdruck ist unterschiedlich und so existieren vier Stadien. Im ersten Stadium kommt es nur zu gelegentlichem Auftreten oder aber das dauernde Ohrgeräusch stellt keine Belastung dar. Diese Form wird kompensiert und es besteht – vorerst – kein Handlungsbedarf.
Stadium II geht mit einer erhöhten Belastung bei Stress einher. In solchen Situationen empfinden Betroffene ihren Tinnitus als zusätzliche Belastung und leiden darunter.
Stadium III geht mit emotionalen Belastungen und Leistungseinschränkungen einher. Betroffene sind noch arbeitsfähig und können ihren Alltag bewältigen. Die Ohrgeräusche sind allerdings als dauerhaft wahrgenommene Begleitung vorhanden. Eine Tinnitus-Therapie ist dringend angeraten.
Stadium IV bedeutet einen Verlust der Kompensationsfähigkeit. Betroffene sind nicht arbeitsfähig, in ihrer Lebensqualität stark eingeschränkt und psychisch belastet. Depressionen sind häufig, Selbstmorde möglich. Hier ist eine Tinnitus-Therapie praktisch zwingend.
Tinnitus ist damit eine ernstzunehmende Erkrankung und sollte nicht leichtfertig abgetan werden. In manchen Fällen versprechen Therapien Linderung. Ein akuter Tinnitus heilt zudem meistens spontan aus. Andersherum sinkt mit anhaltender Dauer die Chance auf die Spontanheilung. Dauerhaft eingeschränkt durch einen Tinnitus sind wenige Prozent der Bevölkerung für einen langen Zeitraum.
Tinnitus-Therapie – die unterschiedlichen Möglichkeiten
Entfernung der Ursache oder Medikamente
Ein akuter Tinnitus wird durch Entfernen oder Justieren der Schallquelle oder teilweise durch Medikamente wie Vitamin-Präparate, durchblutungsfördernde Wirkstoffe (rheologische Therapie, Kortikoidtherapie, ionotrope Therapie) oder Magnesium behandelt.
Kognitive Verhaltenstherapie
Hat sich das Geräusch manifestiert, gibt es hingegen diverse Möglichkeiten, die von einer Hemmung der Hörnerven über kognitive Verhaltenstherapie bis hin zur Stimulationstherapie reichen. Eine mögliche Veränderung von Botenstoffen zur Hemmung von Nervensignalen wird kritisch beäugt, da dies auch in den Botenstoffhaushalt des Gehirns eingreifen kann.
- Lasertherapie
- Ginkgo
- Globuli, Schüßler-Salze, Nährstofflösungen
- Kieferkorrektur-Therapie
- Sauerstofftherapie
- Stellatumblockade
Wirksam und deshalb empfohlen sind Maßnahmen aus dem Bereich der kognitiven Verhaltenstherapie. Dies bedeutet hier – wie alle Formen der kognitiven Verhaltenstherapie – ein Schulen des Patienten im Umgang mit seinem Leiden. Ein Teil des Leidensdrucks geht von der Bewertung des permanenten Geräuschs aus. Dies bedeutet, dass ein als präsent und einschränkender Tinnitus dies auch ist. Je mehr sich der Patient vom Tinnitus distanzieren beziehungsweise seine Sicht auf ihn ändern kann, desto weniger Leidensdruck wird empfunden. Durch diese Therapie ist es möglich, ein weniger eingeschränktes Leben zu empfinden. Der chronische Tinnitus wird in den meisten Fällen nur noch in Stresssituationen als übermäßig belastend beschrieben. Die Lebensqualität von Menschen mit chronischem Tinnitus lässt sich so erheblich verbessern.
Taylor-Made Notched Music Training (Tinnitus-App)
Ausgehend von der Annahme, dass die Geräusche nicht primär durch den Hörnerv (ein Kappen desselben bringt keine Besserung), sondern durch das auditive Zentrum im Gehirn verursacht werden, hat sich das Taylor-Made Notched Music Training entwickelt. Dies bedeutet, dass das Gehirn durch auf den Patienten zugeschnittene Musikstücke über den Hörnerv stimuliert werden soll. Hierbei wird die Musik so angepasst, dass die Frequenzen ober- oder unterhalb der Tinnitus-Frequenz angesprochen werden.
Tinnitracks-App
Dies bedeutet auch, dass es sich um ein tonales, chronisches Ohrgeräusche handeln muss, damit diese Therapiemethode wirksam ist. Tinnitracks bietet eine passende App an, die es dem Patienten ermöglicht, mittels eigener, angepasster Musik für die Dauer circa eines Jahres die Lautstärke des Tinnitus zu reduzieren.
Verkürzt gesagt beruht die Wirkung von Tinnitracks darauf, dass Nervenzellen laterale Hemmung betreiben; sie schränken die benachbarten Nervenzellen ein, wenn sie selbst stimuliert werden. Im auditiven Zentrum des Gehirns sind verschiedene Nervenbereiche für verschiedene Frequenzen zuständig – nahe beieinander liegende Frequenzen werden nebeneinander wahrgenommen. Gelangen also die Frequenzen um den Tinnitus-Ton herum an die Nerven, so werden die Nerven, die den Tinnitus-Ton selbst wahrnehmen oder erzeugen in ihrer Aktivität eingeschränkt.
Weiterführende Informationen und Studien, die die Wirksamkeit von Tinnitracks untermauern, finden sich hier.
Erstattungsfähigkeit von Tinnitracks durch die Krankenkasse
Diverse Betriebskrankenkassen übernehmen die Kosten für eine Jahreslizenz, die zur Verwendung der App benötigt wird. Zudem übernehmen sie auch die Kosten für die Frequenzbestimmung des Ohrgeräusches durch einen HNO-Arzt sowie die Kosten der Nachkontrollen. Die Jahreslizenz ist dadurch zu begründen, dass die Wirksamkeit der Therapie bei täglicher Anwendung über 90 Minuten für zwölf Monate als sehr wahrscheinlich gilt. Es handelt sich bei der Therapie des chronischen Tinnitus mit Tinnitracks also um einen Dosiseffekt, der zu einer dauerhaften Besserung führen soll.
Die Kosten der Neurotherapie werden derzeit (Stand: 1. Februar 2019) von 74 Betriebskrankenkassen und Krankenkassen übernommen.
Nicht zuletzt deshalb, weil chronische Ohrgeräusche die Leistungsfähigkeit einschränkt und einige Berufsfelder das Tinnitus-Risiko aufgrund der Lärmbelastung erhöhen, ist dies auch angebracht.
Gute Chancen beim chronischen Tinnitus
Tinnitus in seiner akuten Form mit objektivem Auslöser gilt zurecht als vergleichsweise harmlos und verschwindet oftmals von allein. Die chronisch, subjektive Art kann allerdings mit einem erheblichen Leidensdruck einhergehen. Im schlimmsten Falle ist er mitverantwortlich für:
- Arbeitsunfähigkeit
- Depressionen
- Dauerhafte Einschränkungen im Alltag
Der chronische Tinnitus wird mit anhaltender Dauer schwieriger zu behandeln. Dank der Erkenntnis, dass er nicht durch das Ohr oder den Hörnerv ausgelöst wird, sondern durch das auditive Zentrum im Gehirn, lassen sich neue Therapien entwickeln, die hier ansetzen.
Die auf den Pfeif- oder Klingelton des Patienten zugeschnittene Neurotherapie von Tinnitracks ist ein solcher, wirksamer Ansatz. Relevant bleibt aber nicht zuletzt auch die Fähigkeit des Betroffenen selbst, mit dem Tinnitus umzugehen. Eine kognitive Verhaltenstherapie ist in schweren Fällen empfohlen. Die Neurotherapie kann allein oder ergänzend wirken.