Im Fernsehen läuft wieder die alljährliche Werbung für Sauce Hollandaise und man denkt sich: „Ach, Spargelzeit, wie schön!“. Wohl fast jeder freut sich auf das schlanke Gemüse, welches hierzulande wie kein anderes mit Regionalität und Saisonalität verbunden wird. Es ist etwas Besonderes: Die grünen und elfenbeinfarbenen Stangen genießt man üblicherweise nur von April bis Juni. Innerhalb dieses kurzen Zeitfensters wird das erste Spargelessen mit Freude zelebriert und das Letzte wird vielleicht auch etwas wehmütig genossen, bevor man wieder etliche Monate auf die nächste Saison wartet. Und besonders schön ist es, wenn der Spargel auch noch aus der Nähe kommt, etwa vom Nachbardorf oder von dem Bauern, dessen Name jedem in der eigenen Heimat ein Begriff ist.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Warum sollte Saisonalität bei der Ernährung eine wichtige Rolle spielen?
- 2 Saisonalität als Gegenentwurf zur ständigen Verfügbarkeit?
- 3 Woher weiß ich, welche Produkte regional sind und wann diese Saison haben?
- 4 Was sind die gesundheitlichen und ökologischen Vorteile von Saisonalität und Regionalität?
- 5 Die Natur weiß, was wir wann brauchen
- 6 Wie bringe ich Abwechslung in meinen Speiseplan, wenn ich mich saisonal ernähren möchte?
- 7 Fazit
- 8 Quellen
Warum sollte Saisonalität bei der Ernährung eine wichtige Rolle spielen?
Sich größtenteils saisonal zu ernähren hat etwas mit Wertschätzung zu tun. Durch gezielteres Einkaufen unterstützen Verbraucher die regionale Landwirtschaft und schützen damit sogar letztendlich das Klima.
- Saisonkalender bieten eine Übersicht darüber, wann welche Lebensmittel regional verfügbar sind.
- Die heimische Natur bietet uns genau die Nährstoffe, die wir in den jeweiligen Jahreszeiten brauchen.
- Saisonalität sichert durch einen optimalen Reifegrad guten Geschmack und eine hohe Nährstoffdichte.
- Regional und saisonal erzeugte Produkte haben einen geringeren CO2- Abdruck und niedrigeren Energieverbrauch.
Saisonalität als Gegenentwurf zur ständigen Verfügbarkeit?
Vielleicht gibt es, abgesehen vom Spargel, noch ein paar weitere Produkte, die in unseren Köpfen so eng mit einer bestimmten Jahreszeit verknüpft sind. So ernten wir etwa Erdbeeren und Rhabarber im späten Frühjahr, Kartoffeln und Kirschen haben im Sommer Hochsaison oder im Herbst die altmodische Steckrübe und der Kürbis, der in vielen Formen, Farben und Formaten daherkommt. Auch der Winter hält saisonales wie Grünkohl bereit. Aber dann hört es auch schon so langsam auf, schließlich ist ja immer alles überall und zu jeder Zeit verfügbar. Egal wie weit der Weg der Importware ist, den das Obst oder das Gemüse schon zurückgelegt hat.
Ist diese ständige Verfügbarkeit aber nicht auch ein wenig schade? Keine Vorfreude auf etwas, dass man länger nicht genießen konnte. Auch wenn mittlerweile viele Supermarkt-Filialen Regale mit regionalen Produkten besitzen, bietet sich einem jedoch meist dasselbe Bild, wenn man durch die Obst- und Gemüseabteilung streift. Doch kann man sich überhaupt rein saisonal ernähren, fehlt einem dabei nichts – auch aus gesundheitlicher Sicht? Und wie sieht es eigentlich mit dem ökologischen Aspekt der immerwährenden Verfügbarkeit aus?
Auf all diese Fragen gibt es wie so oft im Leben keine einzig richtige und mustergültige Antwort, sehr viele unterschiedliche ökologische und gesundheitliche Aspekte spielen hier zusammen. Und doch lohnt sich ein näherer Blick, um ein größeres Bewusstsein für die Themen Regionalität, Saisonalität, Ökologie und Gesundheit bei den Verbrauchern zu schaffen.
Woher weiß ich, welche Produkte regional sind und wann diese Saison haben?
Saisonkalender
Nicht alle Erzeugnisse, die ihre Herkunft in Deutschland haben, sind gleichzeitig Saisongemüse oder saisonale Obstsorten. Das Obst oder Gemüse kann auch im Gewächshaus gezüchtet worden sein. Und dies geschieht überwiegend mit einem höheren Energieverbrauch im Vergleich zum Anbau im Freiland, was einen negativen Einfluss auf Umwelt und Klima hat. Doch selbst wenn das Obstangebot saisonal ist und nicht aus dem Gewächshaus stammt, so können beispielsweise die Erdbeeren zu Beginn der Saison aus dem Folientunnel oder sogar von beheizten Feldern stammen. Die Erde ist mit Warmwasserschläuchen durchzogen, die das warme Wasser tropfenweise an den Boden abgeben. Dies führt dazu, dass Spargel- und Erdbeerfreunde einige Tage früher an ihr geliebtes Obst und Gemüse aus heimischem Anbau kommen, verursacht allerdings auch einen vermehrten CO2 Ausstoß. Was bei der Orientierung hilft, sind sogenannte Saisonkalender für Obst und Gemüse1) oder saisonale Einkaufsführer, die einen darüber informieren, was wann in Deutschland oder – je nach Produkt – zumindest in Europa wächst und somit nicht schon um die halbe Welt gereist ist, wenn es in unserem Einkaufskorb landet. Natürlich sollte man versuchen die Transportwege so kurz wie möglich zu halten, aber das allein reicht manchmal nicht. Ein guter Teil vom Obstangebot, das wir in unseren heimischen Supermärkten finden, stammt aus wasser- und regenarmen Regionen Südeuropas. Dort werden auch für uns Lebensmittel mit einem hohen Wasserbedarf in riesigen Gewächshäusern aubgebaut, während die Umgebung einer Mondlandschaft ähnelt. Das Gleiche gilt natürlich auch für den Gemüseanbau. Ein prominentes Beispiel sind Tomaten, die oft aus Gewächshäusern stammen, da sie empfindlich sind und einen hohen Wasserbedarf haben. Sogar für Fisch und Meeresfrüchte gibt es derartige Kalender! Hier geht es neben der Distanz, welche die Ware zurücklegt, auch um Rücksicht auf den natürlichen Fortpflanzungsrhythmus der verschiedenen Tierpopulationen und trägt damit zu einem nachhaltigen Fischkonsum bei.
Kennzeichnung und Siegel prüfen
Darüber hinaus hilft einem die Kennzeichnung von Obst und Gemüse hinsichtlich des Herkunftslandes. Man findet diese Information sowohl im Super- als auch auf dem Wochenmarkt. Die Kennzeichnung der Herkunft bei unverarbeiteten Produkten ist nämlich gesetzlich vorgeschrieben. Beim Anblick von saftig grünen Spargelstangen lohnt sich ein zweiter Blick, und zwar auf das Etikett daneben. Denn vielleicht kommt das Gemüse doch gar nicht aus Deutschland, sondern aus Peru.
Beratung auf dem Wochenmarkt oder beim Händler des Vertrauens
Gerade auf den Wochenmärkten und hier insbesondere bei den Bio-Ständen, die verstärkt Wert auf Saisonalität legen, kann man sich zudem zur Verfügbarkeit der verschiedenen Erzeugnisse beraten lassen. Man lernt eben auch durch Gespräche wie folgendem: „Zwiebeln? Die Lagerware ist leider schon verkauft und die neue Ernte ist noch nicht reif, aber probieren Sie doch unsere Frühlingszwiebeln!“. Saisonalität fördert also auch Kreativität und Einfallsreichtum beim Kochen und lädt zum Probieren neuer Rezepte ein!
Regionalität und Saisonalität steht bei Obst- und Gemüsekisten im Fokus
Eine weitere schöne Möglichkeit, sich mit Regionalem zu versorgen, sind sogenannte Obst- oder Gemüsekisten, die man auch häufig in Bio-Qualität bekommt. Dabei bestellt man einmalig oder auch im Abo eine solche Box, die dann zu einem nach Hause geliefert wird. Inzwischen gibt es auch Angebote mit Produkten, die nicht den Regularien der üblichen Handelsklassen entsprechen und somit etwas krumm sein können, aber dennoch voll genusstauglich sind. Es lohnt sich auch den Anbieter zu fragen, ob der Inhalt der Kiste aus Ware vom Freiland besteht.
Was sind die gesundheitlichen und ökologischen Vorteile von Saisonalität und Regionalität?
Hohe Nährstoffdichte durch Saisonalität
Obst und Gemüse, welches in seiner eigenen Saison unter freiem Himmel hierzulande wachsen darf, hat meist mehr Geschmack, Aroma und eine entsprechend hohe Nährstoffdichte im Vergleich zu Treibhausware. Dadurch, dass es keine allzu langen Transportwege zurücklegen muss, wird beim optimalen Reifegrad geerntet.
Saisonalität und Regionalität für eine geringere Klimabelastung
Der Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln hat Auswirkungen auf das Ökosystem. Je weiter entfernt ein Produkt von seiner natürlichen und eigenen optimalen Wachstumszeit – also außerhalb der Saison – gezüchtet wird, desto mehr ist ein Eingriff von Menschenhand nötig. Wenn Obst und Gemüse im Treibhaus gezogen wird, ist zudem ein höherer Energieverbrauch zu verzeichnen. Kommt die Ware dann auch noch von Übersee, steigt der CO2-Abdruck des Produktes enorm.
Neben der Schonung der Umwelt gibt es noch einen weiteren Vorteil: Saisonales Obst und Gemüse – wenn es sozusagen im Überfluss angeboten wird, ist es auch preiswerter als zu einem anderen Zeitpunkt und schont somit Ihren Geldbeutel.
Regional gleich gesund?
Ist regionales Obst und Gemüse auch gesünder, weil es gleichzeitig mit weniger Pestiziden belastet ist? Nicht unbedingt. Nur weil einem der Bauer aus der Nähe ein Begriff ist, heißt das nicht, dass er keine Pestizide einsetzt. Generell gelten natürlich die gesetzlichen Höchstmengen für Pestizideinsatz, sodass oft auch auf konventioneller Ware keine Rückstände mehr zu finden sein sollten. Doch wer sein Obst und Gemüse ohne Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln und Düngemitteln wissen möchte, sollte auf Ware aus biologischem Anbau setzen. Wer auf ökologisch angebaute landwirtschaftliche Produkte Wert legt, sorgt indirekt für mehr Artenvielfalt, sowohl bei Pflanzen als auch bei Tieren.
Die Natur weiß, was wir wann brauchen
Vielleicht ist es die Sorge um Mangelernährung im Winter, die uns zu exotischen Früchten aus fernen Ländern greifen lässt. Dies ist jedoch weder ökologisch gedacht noch für die Versorgung mit Nährstoffen zwingend.
Über das Jahr verteilt bietet uns die heimische Natur das, was unser Körper gerade benötigt. Es ist die bunte Mischung, die unserem Körper guttut, die Kombination aus Vitaminen, Mineralstoffen und sogenannten sekundären Pflanzenstoffen2). Diese Substanzen sind zwar keine essenziellen Nährstoffe, doch werden ihnen gesundheitsfördernde Wirkungen zugeschrieben. Apropos bunt – auch die natürlichen Farbstoffe in Obst und Gemüse zählen zu den sekundären Pflanzenstoffen und können somit zu unserer Gesundheit beitragen. Also greifen Sie gerne zu auch bei weniger gängigen Sorten wie lila Möhren, rotem Rettich und gelben Beten zu, um Ihren Speiseplan farbenfroh zu erweitern!
Die kalten Jahreszeiten
Äpfel dienen im Herbst und Winter als Vitamin C‑Lieferant, auch ergänzt durch Zitrusfrüchte aus Südeuropa. Das beliebte Kernobst Apfel ist in vielzähligen Sorten bei uns heimisch und genau wie auch seine Verwandte die Birne, ein Lieferant an Flavonoiden – ein Pflanzenfarbstoff, dem unter anderem antioxidative, entzündungshemmende und antibiotische Effekte nachgesagt werden. Hinzu kommen fettreiche Nüsse wie etwa Walnüsse und Haselnüsse, die uns mit gesunden ungesättigten Fettsäuren versorgen und für die kalte Jahreszeit ein guter Energielieferant sind. Leuchtend orangefarbene Kürbisse liefern uns mit ihren Carotinoiden eine Mischung an Farbstoffen, die sich positiv auf das Immunsystem auswirken und ebenfalls entzündungshemmende Eigenschaften haben. Auch die womöglich unterschätzten Kohlsorten der kalten und dunklen Monate haben viel zu bieten, sie sind reich an Glucosinolaten, die wiederum antioxidative und immunmodulierende Wirkungen haben.
Wenn es wärmer wird
Bittere Gemüse- und Salatsorten wie etwa Endivie, Chicorée oder auch der Spargel kommen dann zur Saisonwende von Winter zu Frühling gerade recht mit ihrer entwässernden Wirkung, sie wirken wie eine Frühjahrskur. Und vom späten Frühling bis zum Herbst gibt es schließlich kein Halten mehr an Vielfalt, egal ob an Produkten oder eben ihrer entsprechenden gesundheitsfördernden Bestandteilen.
Wie bringe ich Abwechslung in meinen Speiseplan, wenn ich mich saisonal ernähren möchte?
Den Vorzug den Produkten zu geben, welche gerade zur aktuellen Jahreszeit in unserer Nähe wachsen, klingt erst einmal nach Verzicht. Folgt man jedoch dem Saisonkalender, ergibt sich automatisch ein abwechslungsreiches Angebot an Zutaten für den Küchenplan, welches je nach Jahreszeit mal üppiger sowie auch manchmal etwas weniger vielfältig erscheint. Doch genau dann ist wieder die Zeit für Kreativität und die Lust, etwas Neues auszuprobieren!
Essen Sie bunt und entdecken Sie „alte“ Sorten
Wie bereits beschrieben, lohnt es sich schon aus gesundheitlicher Sicht, vielfältig und bunt zu essen. Das geht zu jeder Jahreszeit, doch muss man dafür vielleicht manchmal auf den Wochenmarkt, um eine größere Auswahl an Obst- und Gemüsesorten zu haben. Es gibt zum Beispiel violetten Blumenkohl, purpurfarbenen Rosenkohl und pink-geringelte Beten, die sogenannte Chiogga-Bete. Manche Händler bieten auch „alte“ Sorten an Obst und Gemüse an. Dies sind Sorten, die inzwischen fast in Vergessenheit geraten sind und nicht auf Masse für die Supermärkte produziert werden, so wie es bei den gängigen Sorten der Fall ist. Es lohnt sich auf jeden Fall heimische “Exoten” zu probieren, die unseren Großeltern oder den Menschen in anderen Gegenden Deutschlands oft noch bekannt waren und sind. Wie wäre es mit Topinambur als Gratin oder Grünkohl, der heutzutage nicht auf den ersten Frost im November oder Dezember warten muss, um seine Bitterkeit zu verlieren? Das Gemüse das bei uns klassisch deftig mit Schweinefleisch gegessen wird, lässt sich auch jung und frisch geerntet als Salat konsumieren und glänzt mit einer Vielzahl gesunder Inhaltsstoffe.
Reise durch Länderküchen mit exotischen Gewürzen
Viel Abwechslung beim Kochen bringt der Einsatz von verschiedenen Gewürzen und Kräutern, was zudem auch noch gesundheitsförderlich sein kann. So können Sie sich auf eine kulinarische Reise durch alle erdenklichen Länder begeben und es kommt keine Langeweile auf. Warum nicht einmal Weißkohl auf indische Art mit Kreuzkümmel und Kurkuma zubereiten oder Rosenkohlsalat mit einem Tahini-Dressing aufpeppen?
Verschiedene Zubereitungsmethoden und Haltbarmachung von Lebensmitteln
Auch bei der Zubereitungsart können Sie nach Belieben variieren, von Rohkost über übliche Garmethoden wie Kochen oder Pfannenbraten bis hin zu ausgefeilteren Techniken wie Dörren und Fermentation. Letztere hat längst Einzug in die Sterneküche gefunden und ist sogleich auch eine der ältesten Methoden der Haltbarmachung von Gemüse.
Fermentation bedeutet eine Umwandlung von biologischem Material mittels Bakterien, Pilzen oder Enzymen, wobei Gase, Säuren oder auch Alkohol entstehen können. Neben Bier, Joghurt und Sauerteig ist auch das Sauerkraut ein prominentes Beispiel für diesen Prozess. Gemüse auf diese Weise haltbar zu machen ist nicht nur haushälterisch sinnvoll, sondern auch noch sehr gesund. Wie zum Beispiel beim Sauerkraut handelt es sich um eine milchsaure Vergärung: Dabei vermehren sich Milchsäurebakterien auf dem eingelegten Gemüse und machen es durch die Hemmung verderbniserregender Keime haltbar. Gleichzeitig wirken sie probiotisch, fördern also eine gesunde Darmflora. Doch sollten verschiedene Hygienemaßnahmen bei der Zubereitung von fermentiertem Gemüse getroffen werden, um auch wirklich sichere Lebensmittel zu erhalten.
Fazit
Sich sowohl regional als auch saisonal zu ernähren, stellt einen Gegenentwurf zu unserer Überflussgesellschaft, in der alles jederzeit verfügbar ist, dar. Dies hat keineswegs etwas mit Verzicht, sondern mit Wertschätzung für unsere Natur zu tun. Saisonkalender bieten eine Übersicht darüber, wann welche Lebensmittel regional verfügbar sind. Ein bewusster Einkauf von Obst- und Gemüsesorten von regionalen Erzeugern unterstützt zudem die hiesige Landwirtschaft. Auch das Klima wird durch kurze Transportwege zwischen Verbraucher und Erzeuger geschützt. Diese kurzen Wege garantieren des Weiteren einen optimalen Reifegrad bei der Ernte, was zu einer hohen Nährstoffdichte führt. Regionale Lebensmittel bieten daher neben dem guten Gewissen auch einen entscheidenden gesundheitlichen Vorteil.