Organspende: Wie entscheiden Sie sich?

    Zuletzt aktualisiert am Freitag, den

    In Deutsch­land war­ten rund 10.000 Men­schen auf eine Organ­spen­de. Dabei beträgt die War­te­zeit je nach Organ, Blut­grup­pe und Dring­lich­keit zwi­schen 6 Mona­te und 6 Jah­re, eine Zeit zwi­schen Hof­fen und Ban­gen. Das The­ma pola­ri­siert wie kaum ein ande­res und wirft dabei ethi­sche und phi­lo­so­phi­sche Fra­gen auf. Kann oder will ich bei­spiels­wei­se mit dem Spen­der­herz einer ver­stor­be­nen Per­son wei­ter­le­ben? Eine Fra­ge, die man ver­mut­lich erst ehr­lich beant­wor­ten kann, wenn man selbst, ein naher Ange­hö­ri­ger oder guter Freund betrof­fen ist. Zur Ent­schei­dungs­hil­fe ist es jedoch essen­zi­ell, sich aus­rei­chend über die­ses wich­ti­ge The­ma zu informieren.

    Das Wich­tigs­te in Kürze:
    • Man unter­schei­det zwi­schen post­mor­ta­len Organ­spen­den (nach dem Tod), Lebend­spen­den durch nahe Ver­wand­te sowie Gewebespenden.
    • Am häu­figs­ten sind Leber- und Nierenspenden.
    • In Deutsch­land herrscht die Ent­schei­dungs­re­ge­lung. Dies bedeu­tet, dass Ver­si­cher­te in regel­mä­ßi­gen Abstän­den mit Info­ma­te­ri­al ver­sorgt wer­den, es jedoch kei­nen Ent­schei­dungs­zwang gibt.
    • In ande­ren Län­dern Euro­pas herrscht die Zustim­mungs­re­ge­lung bzw. Widerspruchsregelung.
    • Ein Aus­weis zur Organ­spen­de kann unver­bind­lich bestellt und bei Mei­nungs­än­de­rung ein­fach ver­nich­tet werden.
    • Die Posi­ti­on auf Organ­spen­de-War­te­lis­ten wird durch die Aspek­te Dring­lich­keit, Erfolgs­aus­sich­ten und Trans­port­weg beeinflusst.
    • Die Ope­rier­ten müs­sen nach einer Organ­spen­de ein Leben lang Immun­sup­pres­si­va neh­men und zu ärzt­li­chen Nach­kon­trol­len gehen.

    Eine Organspende kann Menschen ein neues Leben schenken.

    Begriffliche Definitionen zur Organspende

    Eine Organ­spen­de bezie­hungs­wei­se Organ­trans­plan­ta­ti­on beschreibt die Ver­pflan­zung eines oder meh­re­rer Orga­ne von einem Organ­spen­der hin zu einem Organ­emp­fän­ger. Men­schen, die eine Organ­spen­de benö­ti­gen, besit­zen ein geschä­dig­tes Organ, wel­ches in naher Zukunft sei­ne Funk­ti­on ein­stel­len wird. Grün­de für die Schä­di­gung kön­nen Unfäl­le, Stoff­wech­sel­er­kran­kun­gen, erb­lich beding­te Erkran­kun­gen oder Infek­ti­ons­krank­hei­ten sein. Bei der Trans­plan­ta­ti­on wird das erkrank­te Organ durch ein gesun­des Spen­der­or­gan ersetzt. Eine Spen­de ist für die Betrof­fe­nen meist die letz­te Hoff­nung und ele­men­tar, um das Über­le­ben zu sichern. Wel­che Orga­ne dabei ver­pflanzt wer­den dür­fen, ist in Deutsch­land streng gere­gelt. Wer Organ­spen­der sein möch­te, muss dies schrift­lich in Form eines Organ­spen­de­aus­wei­ses oder einer Pati­en­ten­ver­fü­gung festlegen.

    Es gibt zwei ver­schie­de­ne Ver­fah­ren der Organ­spen­de: Bei post­mor­ta­len Spen­den (nach dem Tod) wer­den Orga­ne oder Gewe­be­struk­tu­ren einem Spen­der ent­nom­men, wel­cher durch ein ärzt­li­ches Gut­ach­ten als hirn­tot erklärt wur­de. Ent­nom­men wer­den kön­nen dabei bei­spiels­wei­se Herz, Lun­ge, Bauch­spei­chel­drü­se oder Dünn­darm. Bei Lebend­spen­den wer­den Orga­ne oder Organ­tei­le einer leben­di­gen Per­son ent­nom­men, wel­che dadurch kei­nen gro­ßen gesund­heit­li­chen Scha­den erlei­det. In den meis­ten Fäl­len wird bei die­ser Metho­de eine ein­zel­ne Nie­re oder ein Teil der Leber trans­plan­tiert. Die Leber ist das ein­zi­ge Organ im Men­schen, wel­ches nach­wächst, wes­halb die­se Metho­de für den Spen­der als unpro­ble­ma­tisch gilt.

    Bei einer Gewe­be­trans­plan­ta­ti­on wird nicht ein kom­plet­tes Organ ver­pflanzt, son­dern ledig­lich Gewe­be­struk­tu­ren, die in einem Labor noch­mals auf­ge­ar­bei­tet wer­den. Zu die­sen Gewe­ben gehö­ren die Augen­horn­haut, Bän­der, Seh­nen, Haut und Herz­klap­pen. Eine Gewe­be­trans­plan­ta­ti­on erfolgt dabei immer postmortal.

    Zahlen, Daten und Statistiken zur Organspende

    In Deutsch­land ste­hen etwa 10.000 Men­schen auf der War­te­lis­te für ein Spen­der­or­gan, wovon cir­ca 7.000 Pati­en­ten auf eine Nie­ren­spen­de war­ten (Stand März 2019). In Deutsch­land ste­hen im Ver­gleich mit den ande­ren Mit­glieds­staa­ten des Euro­trans­plant-Ver­bunds die meis­ten Men­schen auf einer Organ­spen­de-War­te­lis­te. Im Jahr 2018 sind 901 Per­so­nen von die­ser War­te­lis­te verstorben.

    Die Spen­der­quo­te in Deutsch­land ist erschre­ckend gering:

    Europa-Karte für Organspende

    Im Jahr 2018 besa­ßen 36 % der Deut­schen einen Aus­weis zur Organ­spen­de, was eine erfreu­li­che Ent­wick­lung dar­stellt, da der Anteil vor 2012 bei noch etwa 25 % lag. In einer deut­schen Umfra­ge gaben drei Vier­tel der Teil­neh­mer an, zu einer post­mor­ta­len Spen­de bereit zu sein.

    Trotz einer wach­sen­den Bereit­schaft zur Organ­spen­de gehört Deutsch­land euro­pa­weit zu den Län­dern mit den wenigs­ten Organ­spen­dern. 2018 gab es in Deutsch­land 11,5 Spen­der je eine Mil­li­on Ein­woh­ner. Dazu im Ver­gleich: Im Vor­jahr gab es in Spa­ni­en rund 46,9 Spen­der pro eine Mil­li­on Ein­woh­ner. Damit ist Spa­ni­en euro­pa­weit an der Spitze.

    Jeder Organ­spen­der ver­hilft cir­ca drei kran­ken Men­schen zu einer neu­en Lebenschance.

    Anzahl der in Deutsch­land trans­plan­tier­ten Orga­ne (2018):

    • Nie­re: 1.653
    • Leber: 820
    • Lun­ge: 375
    • Herz: 318
    • Bauch­spei­chel­drü­se: 95
    • Dünn­darm: 3

    Gewe­be­spen­den sind dabei viel häu­fi­ger als Organ­spen­den. Eine Augen-Horn­haut wird in Deutsch­land pro Jahr cir­ca 6.000 Mal transplantiert.

    Allgemeine Voraussetzungen für Organspender

    Es gibt kein recht­lich fest­ge­setz­tes Höchst­al­ter, um Organ­spen­der zu werden.

    Die recht­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen für eine Organ­spen­de in Deutsch­land sind im Trans­plan­ta­ti­ons­ge­setz festgelegt.

    Es gibt zwei essen­zi­el­le Vor­aus­set­zun­gen für eine post­mor­ta­le Organ­spen­de: Der Organ­spen­der muss offi­zi­ell von Ärz­ten als hirn­tot erklärt wer­den und zu Leb­zei­ten einer Organ­spen­de zuge­stimmt haben. Die­se Zustim­mung kann in einem Aus­weis oder einem ande­ren hand­schrift­lich unter­zeich­ne­ten Doku­ment fest­ge­hal­ten wer­den. Hat sich der Ver­stor­be­ne in die­ser Hin­sicht nicht fest­ge­legt, müs­sen die Ange­hö­ri­gen nach dem Able­ben eine Ent­schei­dung treffen.

    Grund­sätz­lich kann jeder Mensch Organ­spen­der wer­den, da kei­ne direk­ten Kon­tra­in­di­ka­tio­nen bestehen. Es gibt nur weni­ge Erkran­kun­gen, die eine Spen­de nach dem Tod aus­schlie­ßen. Dazu zäh­len bei­spiels­wei­se aku­te Krebs­er­kran­kun­gen und bestimm­te Infek­tio­nen. Ob ein Organ gesund ist und ver­pflanzt wer­den kann wird durch Ärz­te in meh­re­ren Tests vor­ab geklärt. Hier­bei kön­nen Infek­tio­nen mit AIDS oder Hepa­ti­tis­vi­ren fest­ge­stellt werden.

    Ent­schei­dend für eine Organ­trans­plan­ta­ti­on ist allei­nig der Gesund­heits­zu­stand des Organs. Dies bedeu­tet wie­der­um, dass es kein recht­lich fest­ge­setz­tes Höchst­al­ter für Spen­der gibt. Meist war der Spen­der sogar in der­sel­ben Alters­klas­se wie der Emp­fän­ger. Älte­ren Per­so­nen wer­den meist die Orga­ne von älte­ren Spen­dern eingesetzt.

    Arten der Einwilligung

    (erweiterte) Zustimmungsregelung

    Nach der Zustim­mungs­re­ge­lung bzw. Zustim­mungs­lö­sung kön­nen nur Orga­ne und Gewe­be einer ver­stor­be­nen Per­son ent­nom­men wer­den, wenn die­se dem zu Leb­zei­ten zuge­stimmt und dies schrift­lich doku­men­tiert hat. Inner­halb der Län­der des Euro­trans­plant-Ver­bands gibt es kei­ne rei­ne Zustim­mungs­re­ge­lung. Dies Ver­ord­nung regelt, dass kein Zwang bezüg­lich einer Ent­schei­dung besteht. Liegt von der ver­stor­be­nen Per­son kei­ne Doku­men­ta­ti­on des Wil­lens bzw. kein ein­deu­ti­ger Wider­spruch vor, wer­den die nächs­ten Ange­hö­ri­gen um eine Ent­schei­dung gebeten.

    Staa­ten, in denen die erwei­ter­te Zustim­mungs­re­ge­lung gilt: Däne­mark, Island, Litau­en, Nie­der­lan­de, Rumä­ni­en, Schweiz, Ver­ei­nig­tes Königreich

    Entscheidungsregelung

    Eine Abwand­lung der erwei­ter­ten Zustim­mungs­re­ge­lung ist die Ent­schei­dungs­re­ge­lung. Der Unter­schied ist jedoch, dass den Ver­si­cher­ten in regel­mä­ßi­gen Abstän­den neu­tra­les Info­ma­te­ri­al von den Kran­ken­kas­sen zuge­sen­det wird. Man kann dabei von einer Infor­ma­ti­ons­re­ge­lung spre­chen. Das Gan­ze geschieht völ­lig wert­frei und soll ledig­lich eine Ent­schei­dungs­hil­fe sein.

    Staa­ten, in denen die Ent­schei­dungs­re­ge­lung gilt: Deutschland

    Widerspruchsregelung

    In Län­dern, in denen die Wider­spruchs­re­ge­lung bzw. Wider­spruchs­lö­sung gilt, ist jeder Mensch von Geburt an Organ­spen­der. Ist man damit nicht ein­ver­stan­den, muss man aktiv Wider­spruch ein­le­gen und wird dadurch in ein Wider­spruchs­re­gis­ter auf­ge­nom­men. Bei der dop­pel­ten Wider­spruchs­re­ge­lung kön­nen die Fami­li­en­mit­glie­der einer Organ­ent­nah­me eben­falls wider­spre­chen. Auch in Deutsch­land wur­de die Dis­kus­si­on über die Ein­füh­rung der Wider­spruchs­re­ge­lung von Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn ange­sto­ßen. Die­se wur­de jedoch von den Abge­ord­ne­ten eini­ger Par­tei­en scharf kri­ti­siert, da die Wider­spruchs­re­ge­lung das Selbst­be­stim­mungs­recht des Men­schen gefähr­den wür­de. Ein sol­ches Gesetzt sei in Deutsch­land nicht durchsetzbar.

    Staa­ten, in denen die Wider­spruchs­re­ge­lung gilt: Bel­gi­en, Bul­ga­ri­en, Est­land, Finn­land, Frank­reich, Grie­chen­land, Irland, Ita­li­en, Kroa­ti­en, Lett­land, Liech­ten­stein, Luxem­burg, Mal­ta, Nor­we­gen, Öster­reich, Polen, Por­tu­gal, Schwe­den, Slo­wa­kei, Slo­we­ni­en, Spa­ni­en, Tsche­chi­en, Tür­kei, Ungarn

    Warum ein Organspendeausweis?

    Ein Organ­spen­de­aus­weis stellt nach dem eige­nen Able­ben eine gro­ße Ent­las­tung für Ange­hö­ri­ge dar.

    In Deutsch­land kann man ab dem 14. Lebens­jahr einer Organ­spen­de wider­spre­chen und ab dem 16. Lebens­jahr die­ser aus­drück­lich mit einem Aus­weis zustim­men. Auf dem Aus­weis kann man einer Organ­spen­de kom­plett zustim­men oder die­ser wider­spre­chen. Auch kann man detail­liert aus­wäh­len, ob man nur bestimm­te Orga­ne zur Spen­de frei­gibt. Des Wei­te­ren kann man eine Per­son bestim­men, wel­che im Fall der Fäl­le die Ent­schei­dung tref­fen soll.

    Ein Aus­weis schafft für Ärz­te Klar­heit und stellt für Ange­hö­ri­ge eine gro­ße Ent­las­tung dar. Das Able­ben einer gelieb­ten Per­son stellt vie­le Fami­li­en vor eine emo­tio­na­le Her­aus­for­de­rung. In die­ser belas­ten­den Situa­ti­on noch über eine Organ­spen­de ent­schei­den zu müs­sen ist schier unzu­mut­bar. Die Hin­ter­blie­be­nen müs­sen sich danach stets fra­gen, ob sie im Sin­ne des Ver­stor­be­nen gehan­delt haben oder nicht. Auch gilt die­ses Vor­ge­hen als ethisch umstritten.

    Einer Organ­spen­de zu wider­spre­chen ist das gute Recht eines jeden Ein­zel­nen und kei­nes­falls mora­lisch ver­werf­lich. Es ist jedoch wich­tig, sich mit dem The­ma aus­ein­an­der­zu­set­zen, und eine Ent­schei­dung zu fäl­len. Grund­sätz­lich gibt es kei­nen Grund, sich nicht zu ent­schei­den. Der eige­ne Ent­schluss ist in kei­ner Daten­bank gespei­chert, son­dern steht ledig­lich auf dem Aus­weis oder in der Pati­en­ten­ver­fü­gung. Im Fal­le einer Mei­nungs­än­de­rung muss man nur den alten Aus­weis weg­wer­fen und einen neu­en aus­fül­len. Auch eine Pati­en­ten­ver­fü­gung kann jeder­zeit geän­dert werden.

    Bei einem Aus­lands­auf­ent­halt gilt die Rege­lung des jewei­li­gen Lan­des und nicht die des Hei­mat­lan­des des Rei­sen­den. Daher ist es wich­tig, sich vor­her die Richt­li­ni­en des Urlaubs­or­tes durch­zu­le­sen und einen Organ­spen­de­aus­weis in der dazu­ge­hö­ri­gen Lan­des­spra­che mit­zu­füh­ren. So wird sicher­ge­stellt, dass der eige­ne Wil­le berück­sich­tigt wird.

    Für einen Aus­weis ist kei­ne ärzt­li­che Vor­un­ter­su­chung nötig. Er kann online aus­ge­füllt und aus­ge­druckt oder kos­ten­frei bestellt werden.

    »>Hier den eige­nen Organ­spen­de­aus­weis aus­fül­len oder bestel­len.«<

    Ethische und philosophische Fragen zur Organspende

    Die Organ­spen­de ist ein emo­tio­nal besetz­tes The­ma und wird von Fach­leu­ten oft­mals kon­tro­vers dis­ku­tiert. Vie­len Men­schen fällt es schwer, den (eige­nen) Tod rein ratio­nal zu betrach­ten und dar­über nach­zu­den­ken, wel­chen Nut­zen die­ser für ande­re Men­schen haben könn­te. Schnell kom­men bei den eige­nen Über­le­gun­gen ethi­sche und phi­lo­so­phi­sche Fra­gen auf.

    Zur Debat­te steht, ob der Hirn­tod als iden­tisch mit dem natür­li­chen Ster­be­pro­zess anzu­se­hen ist. Inwie­fern geht die Auf­recht­erhal­tung der Lebens­funk­tio­nen wäh­rend der Organ­ent­nah­me mit mei­ner eige­nen Idee vom fried­vol­len Tod kon­form? Vie­le Men­schen fra­gen sich, ob sie nach dem Hirn­tod wirk­lich nichts mehr bei der Ope­ra­ti­on spü­ren. Auch die phi­lo­so­phi­sche Fra­ge nach der eige­nen Exis­tenz beschäf­tigt vie­le Men­schen, die über eine Organ­spen­de nach­den­ken. Ist mein Gehirn der Sitz mei­ner See­le bezie­hungs­wei­se mei­ner Iden­ti­tät? Wo geht mei­ne See­le nach dem Hirn­tod hin oder löst sie sich danach ein­fach auf?

    Des Wei­te­ren soll­te man sich über­le­gen, wie die eige­ne Fami­lie eine Organ­spen­de emp­fin­den könn­te. Ist es für mich und mei­ne Hin­ter­blie­be­nen eher ein tröst­li­ches oder ver­stö­ren­des Gefühl, dass Tei­le von mir in ande­ren Men­schen weiterleben?

    In letz­ter Instanz muss man all die­se Fra­gen bezüg­lich der Organ­spen­de für sich selbst beant­wor­ten und abwä­gen, ob der Wunsch, ande­ren Men­schen zu hel­fen, stär­ker als die eige­nen Vor­be­hal­te ist. Egal wel­che Ent­schei­dung man trifft; sie ist völ­lig legitim!

    Vermittlung und Wartelisten

    Gene­rell herrscht in Deutsch­land “Organ­man­gel” und die Spen­der­zah­len sind im Ver­gleich zum Rest Euro­pas ernüch­ternd. Auf­grund des­sen gibt es War­te­lis­ten, die die Ver­ga­be der Orga­ne regelt. Die Richt­li­ni­en und Vor­aus­set­zun­gen, wer auf die War­te­lis­te gesetzt wird, regelt die Bun­des­ärz­te­kam­mer.

    Ablauf

    Für alles rund um das The­ma Organ­spen­de in Deutsch­land ist die Deut­sche Stif­tung Organ­trans­plan­ta­ti­on (DSO) zustän­dig. Durch das 2009  ent­wi­ckel­te Pro­gramm “Trans­plant­check” kön­nen bei der DSO Todes­fäl­le genau­es­tens bezüg­lich einer mög­li­chen Organ­spen­de ana­ly­siert wer­den. Die DSO über­nimmt dabei die Ver­mitt­lung zwi­schen den ein­zel­nen Instan­zen. Der behan­deln­de Arzt bestimmt, ob bei einem Pati­en­ten eine Organ­spen­de nötig ist. Dar­auf­hin gibt er die Daten an eines von 50 Trans­plan­ta­ti­ons­zen­tren in Deutsch­land wei­ter. Die­se medi­zi­ni­sche Ein­rich­tung ver­wal­tet die Organ­spen­de-War­te­lis­ten und ist zustän­dig für den orga­ni­sa­to­ri­schen Ablauf einer jeden Trans­plan­ta­ti­on sowie für die psy­cho­lo­gi­sche Betreu­ung von Organ­emp­fän­gern, Ange­hö­ri­gen und Lebend­or­gan­spen­dern vor und nach der Transplantation.

    Das zustän­di­ge Trans­plan­ta­ti­ons­zen­trum gibt dann wie­der­um die Daten des Pati­en­ten sowie den Rang auf der War­te­lis­te an die gemein­nüt­zi­ge Orga­ni­sa­ti­on Euro­trans­plant wei­ter. Die­se Orga­ni­sa­ti­on koor­di­niert den inter­na­tio­na­len Trans­fer von Organ­spen­den in einem Ver­bund von acht euro­päi­schen Län­dern (Bel­gi­en, Deutsch­land, Kroa­ti­en, Luxem­burg, den Nie­der­lan­den, Öster­reich, Slo­we­ni­en, Ungarn). Als Pati­en­ten­da­ten sind die Blut­grup­pe, die Gewe­be­merk­ma­le und die Krank­heits­ge­schich­te bei Euro­trans­plant regis­triert. Die­se wer­den regel­mä­ßig mit den Merk­ma­len von mög­li­chen Spen­dern verglichen.

    Voraussetzungen für die Warteliste

    Um auf eine Organ­spen­de-War­te­lis­te auf­ge­nom­men zu wer­den, müs­sen zwei Aspek­te betrach­tet wer­den: die Erfolgs­aus­sich­ten und die Dring­lich­keit. Besteht eine lebens­be­droh­li­che Krank­heit, für die es kei­ne wei­te­ren Behand­lungs­mög­lich­kei­ten gibt? Ist in naher Zukunft ein end­gül­ti­ges Organ­ver­sa­gen abseh­bar? Wie ist der gene­rel­le Gesund­heits­zu­stand des Pati­en­ten? Wür­de er eine Ope­ra­ti­on über­le­ben und kann das neue Organ auch lang­fris­tig bei ihm funktionieren?

    Auf jeder War­te­lis­te gibt es eine klar defi­nier­te Rang­lis­te bezie­hungs­wei­se Rei­hen­fol­ge. Die­se wird unter ande­rem durch die Dring­lich­keit bestimmt. Befin­det sich ein Pati­ent in aku­ter Lebens­ge­fahr, mel­det das zustän­di­ge Trans­plan­ta­ti­ons­zen­trum „hoch dring­lich“ (HU – High Urgen­cy) an Euro­trans­plant und der Pati­ent wird somit bei der Ver­ga­be bevor­zugt. Im All­ge­mei­nen wird die Rei­hen­fol­ge dadurch bestimmt, inwie­weit die Gewe­be­merk­ma­le von Emp­fän­ger und einem even­tu­el­len Organ­spen­der mit­ein­an­der über­ein­stim­men. Auch Daten wie Gewicht, Alter, Grö­ße und die Dau­er des Trans­ports wer­den berück­sich­tigt. Schwer­kran­ke Kin­der haben gegen­über erwach­se­nen Per­so­nen immer den Vor­rang. Für Men­schen ab einem Alter von 65 Jah­ren hat Euro­trans­plant das „Old for Old“-Programm, bei dem Orga­ne älte­rer Spen­der an Per­so­nen des­sel­ben Alters ver­mit­telt wer­den. Prio­ri­tät bei die­sem Pro­gramm haben die kur­zen Trans­port­we­ge, die ein opti­ma­les Trans­plan­ta­ti­ons­er­geb­nis gewähr­leis­ten und die Über­le­bens­chan­cen erhöhen.

    Pati­en­ten, die auf eine Organ­spen­de war­ten, müs­sen zu jeder Tages- und Nacht­zeit erreich­bar sein. Wenn ein pas­sen­des Organ gefun­den wur­de, muss es sehr schnell gehen und der Betrof­fe­ne sich umge­hend in das nächs­te Trans­plan­ta­ti­ons­zen­trum bege­ben. Dort wird der Emp­fän­ger bereits vor­be­rei­tet, wäh­rend das Organ in einer ande­ren Stadt oder in einem ande­ren Land zum Trans­port fer­tig gemacht wird. Ist die Per­son auf der War­te­lis­te nicht zu errei­chen oder zur Zeit des Anru­fes krank, wird die nach­fol­gen­de Per­son auf der Lis­te kontaktiert.

    Organspende nach dem Tod

    Feststellung des Hirntodes

    Eine Organ­spen­de in Deutsch­land ist nach dem Trans­plan­ta­ti­ons­ge­setzt § 3 (3) nur dann gestat­tet, wenn “vor der Ent­nah­me bei dem Organ- oder Gewe­be­spen­der der end­gül­ti­ge, nicht beheb­ba­re Aus­fall der Gesamt­funk­ti­on des Groß­hirns, des Klein­hirns und des Hirn­stamms nach Ver­fah­rens­re­geln, die dem Stand der Erkennt­nis­se der medi­zi­ni­schen Wis­sen­schaft ent­spre­chen, fest­ge­stellt ist.”

    Der Hirn­tod beschreibt den irrever­si­blen Aus­fall aller Hirn­funk­tio­nen und gilt in der Medi­zin als offi­zi­el­ler Todes­zeit­punkt. Ein Zurück­brin­gen in das Leben wie nach einem Herz­tod ist beim Hirn­tod nicht mög­lich. Der Hirn­tod kann offi­zi­ell nur auf einer Inten­siv­sta­ti­on eines Kran­ken­hau­ses von min­des­tens zwei erfah­re­nen Ärz­ten aus den Fach­be­rei­chen Neu­ro­lo­gie, Neu­ro­chir­ur­gie oder Anäs­the­sie fest­ge­stellt wer­den. Das Gehirn des Pati­en­ten wird nach meh­re­ren neu­ro­lo­gi­schen Kri­te­ri­en unter­sucht und auf bestimm­te Refle­xe geprüft, wel­che nach einem Hirn­tod nicht mehr mög­lich sind. Dies kann durch die Auf­zeich­nun­gen der Hirn­strö­me bei einem EEG gesche­hen, sowie durch bestimm­te Ultra­schall­un­ter­su­chun­gen oder durch die Dar­stel­lung der Hirn­ge­fä­ße in einem CT. Die behan­deln­den Ärz­te müs­sen bei all die­sen Vor­ge­hen Pro­to­koll füh­ren, um letzt­end­lich den Toten­schein auszustellen.

    Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen wird es auf Wunsch ermög­licht, bei der Fest­stel­lung des Hirn­to­des mit anwe­send zu sein. Für vie­le Hin­ter­blie­be­ne kann dies hilf­reich sein, um den Tod eines gelieb­ten Men­schen bes­ser begrei­fen zu können.

    Da das Gehirn alle Steu­er­funk­tio­nen in unse­rem Kör­per über­nimmt, wür­de nach einem Hirn­tod nor­ma­ler­wei­se ein Herz- und Atem­still­stand sowie der Funk­ti­ons­aus­fall aller Orga­ne fol­gen. Hat der Ver­stor­be­ne zu Lebens­zei­ten jedoch einer Organ­spen­de zuge­stimmt, wird des­sen Herz-Kreis­lauf-Sys­tem auf der Inten­siv­sta­ti­on künst­lich auf­recht­erhal­ten. Die­ser Vor­gang gewähr­leis­tet, dass die rest­li­chen Orga­ne noch mit genü­gend Sau­er­stoff, Blut und Nähr­stof­fen ver­sorgt sind.

    Entnahme und Transport der Spenderorgane

    Die Ent­nah­me von Orga­nen wird in einem Ope­ra­ti­ons­saal mit der glei­chen chir­ur­gi­schen Sorg­falt wie bei Ope­ra­tio­nen an einer leben­den Per­son durch­ge­führt. Ent­nom­men wer­den nur die Orga­ne, die der Ver­stor­be­ne zu Leb­zei­ten frei­ge­ge­ben hat. Durch­schnitt­lich wer­den dabei jedem Men­schen 3,3 Orga­ne bezie­hungs­wei­se Gewe­be entnommen.

    Die Organ­ent­nah­me wird nicht unter Nar­ko­se und der Gabe von Schmerz­mit­teln durch­ge­führt, da der mensch­li­che Kör­per nach dem ein­ge­tre­te­nen Hirn­tod kei­ne Schmer­zen mehr emp­fin­den kann. Trotz­dem ist bei der Ope­ra­ti­on ein Anäs­the­sist anwe­send. Durch die künst­li­che Auf­recht­erhal­tung des Herz-Kreis­lauf-Sys­tems wird das Rücken­mark wei­ter­hin durch­blu­tet. Dies kann Refle­xe zur Fol­ge haben, wel­che Mus­kel­zu­ckun­gen oder Blut­druck­schwan­kun­gen begüns­ti­gen. Der Anäs­the­sist ver­ab­reicht daher ein Medi­ka­ment, dass die­se Refle­xe hemmt und eine unge­stör­te Ope­ra­ti­on ermöglicht.

    Die Ope­ra­ti­ons­wun­den wer­den nach der Ent­nah­me sorg­sam ver­näht und ver­bun­den. Falls die Aug­äp­fel für eine Horn­haut­trans­plan­ta­ti­on ent­nom­men wur­den, wer­den die­se durch Pro­the­sen ersetzt und die Augen­li­der fest ver­schlos­sen. Ziel ist es dabei, den Leich­nam in einem wür­de­vol­len Zustand zu hin­ter­las­sen, damit er dar­auf­hin den Ange­hö­ri­gen zur gewünsch­ten Bestat­tung über­ge­ben wer­den kann.

    Nach der Fest­stel­lung der Gewe­be­merk­ma­le sowie der Suche nach einem pas­sen­den Emp­fän­ger wer­den die Orga­ne auf 4 °C her­un­ter­ge­kühlt und in einer mit Eis gefüll­ten siche­ren Trans­port­box unter­ge­bracht. Der Trans­port erfolgt per Auto oder Heli­ko­pter, je nach­dem wie weit der Organ­emp­fän­ger ent­fernt ist. Ab dem Zeit­punkt in der Trans­port­box muss es schnell gehen: Das Organ ist von der Blut- und Sau­er­stoff­ver­sor­gung abge­trennt, bis es einem Emp­fän­ger ein­ge­setzt wird. Dau­ert die­ser Zustand zu lan­ge an, kann das Organ Schä­di­gun­gen davon­tra­gen. Die Zeit zwi­schen Ent­nah­me und Trans­plan­ta­ti­on wird Ischä­mie­zeit genannt und soll­te für ein opti­ma­les Ergeb­nis mög­lichst kurz gehal­ten wer­den. Wäh­rend des Organ­trans­ports wird der Emp­fän­ger im jewei­li­gen Trans­plan­ta­ti­ons­zen­trum schon vor­be­rei­ten, damit die Ope­ra­ti­on sofort nach Ein­tref­fen des Organs statt­fin­den kann.

    Nachkontrolle

    Nach der Organ­spen­de bleibt der Ope­rier­te ein bis zwei Wochen sta­tio­när im Kran­ken­haus, um Kom­pli­ka­tio­nen zu ver­mei­den. Gera­de in den ers­ten Wochen und Mona­ten ist eine eng­ma­schi­ge ärzt­li­che Kon­trol­le maß­geb­lich für den lang­fris­ti­gen Erfolg einer Organ­ver­pflan­zung. Man kann jedoch behaup­ten, dass die Nach­sor­ge nach solch einem ein­schnei­den­den Ein­griff ein Leben lang andau­ert. Even­tu­ell muss man eini­ge Anpas­sun­gen sei­nes Lebens­stils vor­neh­men, um den eige­nen Kör­per zu ent­las­ten. Es ist daher essen­zi­ell wich­tig, stets im regen Aus­tausch mit sei­nem behan­deln­den Arzt zu sein.

    Die größ­te Gefahr, die nach einer Organ­trans­plan­ta­ti­on besteht, ist die, dass das eige­ne Immun­sys­tem das neue Organ als Fremd­kör­per ansieht und die­ses absto­ßen möch­te. Um star­ke Abwehr­re­ak­tio­nen zu ver­mei­den, ist es wich­tig, dass die Gewe­be­merk­ma­le zwi­schen Spen­der­or­gan und Emp­fän­ger eine mög­lichst hohe Ähn­lich­keit zuein­an­der auf­wei­sen. Das Risi­ko einer Organ­ab­sto­ßung wird des Wei­te­ren durch soge­nann­te Immun­sup­pres­si­va mini­miert. Die­se Medi­ka­men­te unter­drü­cken die Absto­ßungs­re­ak­ti­on und hel­fen dabei, dass das Organ unge­stört anwach­sen kann. Jeder Trans­plan­ta­ti­ons­pa­ti­ent muss die­se Immun­sup­pres­si­va ein Leben lang ein­neh­men, um das kör­per­ei­ge­ne Abwehr­sys­tem zu umge­hen. Die Ein­nah­me kann für man­che Pati­en­ten auch Neben­wir­kun­gen mit sich brin­gen: Vor allem Nie­ren­pa­ti­en­ten sind durch die Ein­nah­me von Immun­sup­pres­si­va einer höhe­ren Infek­ti­ons­ge­fahr aus­ge­setzt als gesun­de Menschen.

    Gewebespenden

    Besonderheiten der Gewebespende

    Damit bei einer ver­stor­be­nen Per­son Gewe­be­spen­den ent­nom­men wer­den kön­nen, müs­sen die­sel­ben Kri­te­ri­en wie bei einer Organ­spen­de erfüllt sein: die ein­deu­ti­ge Fest­stel­lung des Todes sowie die zu Leb­zei­ten fest­ge­leg­te Ein­wil­li­gung zu einer Gewe­be­spen­de durch den Pati­en­ten. Organ­spen­den haben gegen­über Gewe­be­spen­den immer Vor­rang, da eine Organ­trans­plan­ta­ti­on immer lebens­ret­tend ist.

    Gewe­be­spen­den sind jedoch weit­aus häu­fi­ger mög­lich als Organ­spen­den. Grund dafür ist, dass Gewe­be­ma­te­ri­al nur schwach durch­blu­tet sind. Durch die­sen Umstand ist eine erfolg­rei­che Gewe­be­ent­nah­me noch bis zu 72 Stun­den nach dem ein­ge­tre­te­nen Herz-Kreis­lauf-Still­stand eines Men­schen mög­lich. Hier liegt der grund­le­gen­de Unter­schied zur Organ­ent­nah­me, da die­se nur bei einem noch funk­tio­nie­ren­den Herz-Kreis­lauf-Sys­tem erfol­gen kann.

    Die Fest­stel­lung des Todes läuft im Rah­men einer Gewe­be­spen­de anders ab. Bei dem Ver­ster­ben eines Men­schen, wel­ches mehr als drei Stun­den zurück­liegt, wird nicht die oben genann­te Hirn­tod­dia­gnos­tik ange­wandt. Viel­mehr wird auf Merk­ma­le wie die Toten­star­re oder Lei­chen­fle­cken geach­tet, wel­che ein ein­deu­ti­ges Todes­zei­chen dar­stel­len. Lie­gen die­se Merk­ma­le vor, ist wie­der­um sicher auf einen Hirn­tod zu schließen.

    Ablauf und Verarbeitung der Gewebespenden

    Vor der Gewe­be­ent­nah­me kann ein Mit­ar­bei­ter einer Gewe­be­bank bera­tend bei dem Gespräch mit den Hin­ter­blie­be­nen hin­zu­ge­zo­gen wer­den. Die Ope­ra­ti­on erfolgt im Kran­ken­haus, in einer Patho­lo­gie oder in der Rechts­me­di­zin unter größ­ter chir­ur­gi­scher Sorg­falt. Der Leich­nam wird in einem wür­de­vol­len Zustand der Fami­lie zur Bestat­tung übergeben.

    Nach der Ent­nah­me des Gewe­be­ma­te­ri­als wird die­ses an eine der vie­len Gewe­be­ban­ken in Deutsch­land wei­ter­ge­lei­tet, wel­che sich meist an Uni­ver­si­täts­kli­ni­ken befin­den. Gewe­be­ban­ken arbei­ten gemein­nüt­zig und spe­zia­li­sie­ren sich über­wie­gend auf eine Gewe­be­art. Dort wer­den die Gewe­be medi­zi­ni­schen Kon­trol­len unter­zo­gen, in auf­wen­di­gen Pro­zes­sen auf­be­rei­tet (Pro­zes­sie­rung) und zwi­schen­ge­la­gert. Im Unter­schied zur Organ­spen­de wer­den Gewe­be nicht sofort an einen geeig­ne­ten Emp­fän­ger ver­mit­telt, son­dern kon­ser­viert bis ein Pati­ent die­se benö­tigt und die Gewe­be­merk­ma­le über­ein­stim­men. All die­se Pro­zes­se sowie die Ver­mitt­lung wer­den in Deutsch­land von der Deut­schen Gesell­schaft für Gewe­be­trans­plan­ta­ti­on (DGFG) geregelt.

    Die Gewe­be­spen­de darf für den Emp­fän­ger kein Risi­ko dar­stel­len, daher wer­den die Gewe­be auf bestimm­te Erkran­kun­gen oder Infek­tio­nen hin unter­sucht. Für jede Gewe­be­art gibt es dabei jedoch völ­lig indi­vi­du­el­le Aus­schluss­grün­de. Die Horn­haut des Auges zum Bei­spiel kann trotz Krebs­er­kran­kung des Spen­ders beden­ken­los trans­plan­tiert werden.

    Für die Ver­ga­be von Gewe­ben gibt es kei­ne War­te­lis­ten. Es wer­den jedoch wie bei der Organ­spen­de die Gewe­be­merk­ma­le sowie die Kri­te­ri­en Dring­lich­keit, Trans­port­weg und Erfolgs­aus­sich­ten berück­sich­tigt. Bei den Spen­dern gibt es kei­ne Altershöchstgrenze.

    Lebendspende

    Die Über­le­bens­dau­er von Lebend­or­gan­emp­fän­gern ist weit­aus höher als die der Emp­fän­ger einer post­mor­ta­len Spende.

    Neben einer post­mor­ta­len Organ­spen­de ist in Deutsch­land auch eine Lebend­or­gan­spen­de durch nahe Ange­hö­ri­ge mög­lich. Dabei wer­den zum Groß­teil ein­zel­ne Nie­ren oder Tei­le der Leber ver­pflanzt. Die­se zwei Ver­fah­ren gel­ten dabei als beson­ders sicher und erfolg­ver­spre­chend. Die Gesund­heit und der Schutz des Spen­ders haben bei die­sem Vor­ge­hen obers­te Prio­ri­tät. Es ist mit kei­nen gro­ßen gesund­heit­li­chen Ein­schrän­kun­gen für den Spen­der zu rech­nen. Das Trans­pla­ti­ons­ge­setz § 8 Abs. 1 erlaubt eine Lebend­spen­de nur an „Ver­wand­te ers­ten oder zwei­ten Gra­des, Ehe­gat­ten, ein­ge­tra­ge­ne Lebens­part­ner, Ver­lob­te oder ande­re Per­so­nen, die dem Spen­der in beson­de­rer per­sön­li­cher Ver­bun­den­heit offen­kun­dig nahe ste­hen“. Dadurch ver­hin­dert die Lebend­spen­de­kom­mis­si­on finan­zi­ell moti­vier­ten Organ­han­del, wel­cher in Deutsch­land ver­bo­ten ist. Anony­me Spen­der sind daher wegen man­geln­der Über­prüf­bar­keit nicht erlaubt.

    Voraussetzungen und Vorbereitung

    Als Lebend­spen­der für einen nahen Ange­hö­ri­gen kom­men nur voll­jäh­ri­ge Per­so­nen infra­ge, die in einem vor­he­ri­gen aus­führ­li­chen Gespräch über mög­li­che Risi­ken auf­ge­klärt wur­den. Kann die betref­fen­de Per­son kein Deutsch muss bei dem Gespräch ein Dol­met­scher anwe­send sein. Von unab­hän­gi­gen Gut­ach­tern muss dabei die Frei­wil­lig­keit des Spen­ders fest­ge­stellt wer­den und dass der­je­ni­ge nicht von der Fami­lie unter Druck gesetzt wird. Der Spen­der muss einen opti­ma­len Gesund­heits­zu­stand besit­zen und es dür­fen kei­ne Risi­ken bestehen, die über das der Ope­ra­ti­on an sich hin­aus gehen. Eine Lebend­spen­de wird nur vor­ge­nom­men, wenn kein post­mor­tal gespen­de­tes Organ zur Ver­fü­gung steht. Jeder Mensch, der ein Organ benö­tigt, muss grund­sätz­lich auf die War­te­lis­te gesetzt wer­den, da eine post­mor­ta­le Spen­de immer Vor­rang gegen­über der Lebend­spen­de hat.

    Der Ope­ra­ti­on gehen meh­re­re vor­be­rei­ten­de Schrit­te vor­weg: Zuerst wird medi­zi­nisch unter­sucht, ob die Gewe­be­merk­ma­le bei­der Par­tei­en mit­ein­an­der über­ein­stim­men und ob Spen­der sowie Emp­fän­ger gesund­heit­lich dazu in der Lage sind, ope­riert zu wer­den. Danach folgt für das Paar aus spen­den­der und emp­fan­gen­der Per­son ein inten­si­ves Auf­klä­rungs­ge­spräch, indem geprüft wird, ob die Betei­lig­ten sich des Gewichts des Unter­fan­gens bewusst sind. Dem fol­gen psy­cho­lo­gi­sche Ein­zel­ge­sprä­che, die dis­kret unter der ärzt­li­chen Schwei­ge­pflicht lau­fen. In die­sem Gespräch kann der Spen­der even­tu­el­le Beden­ken äußern. Grund­sätz­lich kann aber jeder Spen­der bis kurz vor der Ope­ra­ti­on sei­ne Mei­nung wider­ru­fen. Die Lebend­spen­de­kom­mis­si­on wohnt bei die­sen Gesprä­chen bei, prüft, ob finan­zi­el­le Belan­ge eine Rol­le spie­len, und gibt letzt­end­lich eine Abschät­zung ab.

    Operation und Nachkontrolle

    Die Ope­ra­tio­nen von Organ­spen­der und Emp­fän­ger fin­den immer im sel­ben Trans­plan­ta­ti­ons­zen­trum statt, damit ein kur­zer Trans­port­weg gewähr­leis­tet ist. Bei­de Per­so­nen müs­sen nach dem Ein­griff ein bis zwei Wochen sta­tio­när im Kran­ken­haus blei­ben. Danach fol­gen eng­ma­schi­ge Nach­kon­trol­len, um Spät­fol­gen zu ver­mei­den. Gera­de für den Organ­emp­fän­ger muss eine lebens­lan­ge Nach­sor­ge statt­fin­den, damit das Organ nicht vom eige­nen Immun­sys­tem abge­sto­ßen wird. Dage­gen hilft die Gabe von Immun­sup­pres­si­va, die den Absto­ßungs­vor­gang unter­drü­cken kann. Auch ein siche­res Anwach­sen des neu­en Organs wird damit erleich­tert. Die Medi­ka­men­ten­ein­nah­me muss für Emp­fän­ger ein Leben lang bei­be­hal­ten werden.

    Vorteile der Lebendspende gegenüber der postmortalen Organspende

    1. Der Zeit­punkt der Ope­ra­ti­on kann indi­vi­du­ell gewählt werden.
    2. Die Organ­qua­li­tät ist sehr gut, da nur kom­plett gesun­de Men­schen als Lebend­spen­der infra­ge kommen.
    3. Die Gewe­be­merk­ma­le von Ver­wand­ten wei­sen meist eine hohe Ähn­lich­keit zuein­an­der auf.
    4. Da Ent­nah­me und Trans­plan­ta­ti­on im sel­ben Kran­ken­haus statt­fin­den, sind die Trans­port­we­ge kurz.
    5. Durch den kur­zen Trans­port­weg wird eine opti­ma­le Durch­blu­tung für das Organ gewährleistet.
    6. Stu­di­en haben erge­ben, dass die Über­le­bens­dau­er von Lebend­or­gan­emp­fän­gern weit­aus höher ist als die einer post­mor­ta­len Spende.

    Erfolgsaussichten von Organspenden

    Wäh­rend die Trans­plan­ta­ti­ons­me­di­zin vor über 60 Jah­ren noch ein Phä­no­men war, ist sie heu­te ein aner­kann­tes und siche­res Ver­fah­ren, mit dem die Lebens­zeit vie­ler Pati­en­ten signi­fi­kant ver­län­gert wer­den kann. Die Erfolgs­chan­cen sind dabei in den letz­ten Jahr­zehn­ten enorm ange­stie­gen. In rund 50 Trans­plan­ta­ti­ons­zen­tren in Deutsch­land wer­den jähr­lich cir­ca 3.000 Orga­ne ver­pflanzt. Bei über der Hälf­te davon han­delt es sich um Nie­ren­spen­den, die die höchs­te Erfolgs­quo­te besit­zen. Nach einem Jahr funk­tio­nie­ren von 100 ver­pflanz­ten Nie­ren noch rund 85 und nach fünf Jah­ren noch 75. Im Jahr 1967 über­leb­te der ers­te Pati­ent mit einem Spen­der­herz ledig­lich 18 Tage. Heut­zu­ta­ge funk­tio­nie­ren von 100 trans­plan­tier­ten Her­zen nach einem Jahr noch 75 und nach fünf Jah­ren noch 65.

    [hr_banner banner=“vorsorgecheck”]

     

    Bioprinting: Eine neue Hoffnung?

    Was ist Bioprinting?

    Unter Bio­prin­ting wird nichts ande­res ver­stan­den, als eine Son­der­form des 3D-Drucks. Hier­für wird jedoch kein fes­tes Mate­ri­al ver­wen­det, son­dern spe­zi­ell gezüch­te­te Zel­len. Mit einem soge­nann­ten Bio­prin­ter ist es mög­lich, künst­li­che Gewe­be­ma­te­ria­li­en oder Struk­tu­ren zu erzeu­gen und – in naher Zukunft – sogar funk­ti­ons­fä­hi­ge Orga­ne. In der Wis­sen­schaft wird das Ver­fah­ren des Bio­prin­tings oft­mals als nächs­te Tech­ni­k­re­vo­lu­ti­on in der Geschich­te der Medi­zin bezeich­net, mit der es ermög­licht wer­den soll, lebens­wich­ti­ge und maß­ge­schnei­der­te Orga­ne aus pati­en­ten­ei­ge­nen Zel­len her­zu­stel­len und somit das Absto­ßungs­ri­si­ko bei Trans­plan­ta­tio­nen zu redu­zie­ren. Die man­geln­de Anzahl an Organ­spen­dern in Deutsch­land könn­te somit aus­ge­gli­chen wer­den. Ein Pati­ent, der bei­spiels­wei­se ein Spen­der­herz benö­tigt, könn­te die­ses zeit­nah und mit per­fekt pas­sen­den Zell­ei­gen­schaf­ten erhalten.

    Die Tech­nik ist jedoch noch nicht so weit, Organ­spen­den vom Men­schen über­flüs­sig wer­den zu las­sen. Heut­zu­ta­ge wird die 3D-Tech­no­lo­gie erst für Pro­the­sen genutzt, die im Ver­gleich zu her­kömm­li­cher Pro­duk­ti­on eine wesent­lich kos­ten­güns­ti­ge­re und schnel­ler pro­du­zier­ba­re Vari­an­te dar­stel­len. Im Jahr 2013 muss­ten Pati­en­ten im Durch­schnitt etwa 20 Wochen auf eine Augen­pro­the­se war­ten, wäh­rend der 3D-Dru­cker fünf Augen­pro­the­sen pro Stun­de erzeu­gen kann. Die­se wer­den dann für etwa 150 € ver­trie­ben, im Gegen­satz zu kon­ven­tio­nell her­ge­stell­ten Pro­the­sen, die mit cir­ca 3.500 € zu Buche schla­gen. Auch in der Oto­plas­tik – eine maß­ge­fer­tig­te Ver­bin­dung zwi­schen Hör­hil­fe und Ohr – wer­den ver­schie­de­ne Model­le bereits zu 90 Pro­zent per 3D-Druck hergestellt.

    Herstellung ganzer Organe?

    Der Druck leben­der Gewe­be setzt die Ver­füg­bar­keit einer soge­nann­ten “Bio­tin­te” vor­aus, die haupt­säch­lich aus pati­en­ten­ei­ge­nen Zel­len besteht. Meist wer­den die­se bei Biop­sien ent­nom­men oder aus Stamm­zel­len und natür­li­chen oder syn­the­ti­schen Poly­me­ren gewon­nen. Das aus­ge­wähl­te Poly­mer muss sehr spe­zi­fi­sche Merk­ma­le, wie “Zell­freund­lich­keit”, Druck­bar­keit und Sta­bi­li­tät auf­wei­sen, um in den Pro­zess inte­griert wer­den zu kön­nen. Auch soll­te sich das Poly­mer stu­fen­wei­se zer­set­zen, wäh­rend es neue Struk­tu­ren bil­det und Zell­tei­lung und ‑wan­de­rung fördert.

    Die Her­stel­lung gan­zer Orga­ne hat der­zeit noch mit tech­ni­schen Schwie­rig­kei­ten zu kämp­fen. Leben­di­ge Struk­tu­ren benö­ti­gen näm­lich ande­re Bedin­gun­gen, als Stof­fe wie Kunst­stoff oder Metall. Neben opti­ma­len Umge­bungs­be­din­gun­gen müs­sen die Zel­len zudem mit vie­len Nähr­stof­fen ver­sorgt wer­den. Soll­ten die­se Hin­der­nis­se in Zukunft besei­tigt wer­den kön­nen, so müss­ten herz- oder nie­ren­kran­ke Men­schen nicht mehr jah­re­lang auf eine Organ­spen­de war­ten, geschwei­ge denn über­haupt hof­fen, dass ein pas­sen­des Organ gefun­den wird.

    Fazit

    Organ­spen­de ist ein schwie­ri­ges und emo­tio­nal besetz­tes The­ma. Umso wich­ti­ger ist es daher, sich über die­ses The­ma zu infor­mie­ren und dar­über zu dis­ku­tie­ren – egal ob im pri­va­ten Kreis oder in der Poli­tik. Ethi­sche und phi­lo­so­phi­sche Fra­gen, die dabei auf­kom­men, muss jeder indi­vi­du­ell für sich ent­schei­den. Eine Ent­schei­dungs­hil­fe kann das Gedan­ken­spiel sein, wie es wäre, wenn man selbst oder eine nahe ste­hen­de Per­son eine Organ­spen­de zum Über­le­ben benö­tigt. Fakt ist jedoch, dass durch die Trans­plan­ta­ti­ons­me­di­zin die Leben vie­ler Men­schen geret­tet wer­den kön­nen. In Zukunft wer­den Organ­spen­den viel­leicht sogar durch Bio­prin­ting ersetzt. Vie­le Pati­en­ten emp­fin­den nach der Trans­plan­ta­ti­on gro­ße Dank­bar­keit gegen­über dem Organ­spen­der und des­sen Fami­lie. Erst in sol­chen Momen­ten der Krank­heit begrei­fen Betrof­fe­ne und Ange­hö­ri­ge welch gro­ßes Geschenk unser Leben ist. Ob das eige­ne Able­ben einer ande­ren Per­son ein neu­es Leben ermög­licht, bleibt dabei jedem Men­schen selbst überlassen.

    FAQ

    Muss ich mich ent­schei­den, ob ich Organ­spen­der wer­den will?

    In Deutsch­land herrscht nach Gesetz die Ent­schei­dungs­re­ge­lung. Die Bür­ger müs­sen aktiv einer Organ­spen­de zustim­men und wer­den dafür zur Ent­schei­dungs­hil­fe von den Kran­ken­kas­sen mit Info­ma­te­ri­al ver­sorgt. Es han­delt sich also um eine Infor­ma­ti­ons­re­ge­lung, bei der kein Ent­schei­dungs­zwang besteht.

    Wie ist die Rege­lung in ande­ren Staa­ten Europas?

    In Frank­reich und Ita­li­en bei­spiels­wei­se herrscht die Wider­spruchs­re­ge­lung. Man ist qua­si von Geburt an Organ­spen­der und muss aktiv Wider­spruch ein­le­gen, wenn man dies nicht möch­te. In Däne­mark und den Nie­der­lan­den gilt die Zustim­mungs­re­ge­lung bzw. Zustim­mungs­lö­sung, die der deut­schen Ent­schei­dungs­re­ge­lung gleicht.

    War­um ist es wich­tig einen Organ­spen­de­aus­weis zu besitzen?

    Es ist wich­tig, die eige­ne Ent­schei­dung auf einem Aus­weis oder in einer Pati­en­ten­ver­fü­gung fest­zu­le­gen, da dies für Ärz­te Klar­heit schafft und den Hin­ter­blie­be­nen eine gro­ße Last von den Schul­tern nimmt. Liegt kei­ne Doku­men­ta­ti­on der Ent­schei­dung vor, muss die Fami­lie über eine Organ­spen­de ent­schei­den, was in einer ohne­hin belas­ten­den Situa­ti­on nur zusätz­li­chen Stress verursacht.

    Was dient mir zur Entscheidungshilfe?

    Eine direk­te Ent­schei­dungs­hil­fe gibt es nicht. Man soll­te sich jedoch aus­rei­chend über das The­ma infor­mie­ren, um dar­auf­hin für sich selbst eine Ent­schei­dung zu tref­fen. Info­ma­te­ri­al hier­für lie­fern z.B. die Krankenkassen.

    Wird mei­ne Ent­schei­dung irgend­wo registriert?

    Die per­sön­li­che Ent­schei­dung ist nir­gends registriert.

    Kann ich mei­ne Mei­nung ändern?

    Falls man sei­ne Ent­schei­dung ändern soll­te, kann man den alten Aus­weis ein­fach ver­nich­ten und einen neu­en aus­fül­len. Auch Pati­en­ten­ver­fü­gun­gen kön­nen jeder­zeit geän­dert werden.

    Gibt es Kon­tra­in­di­ka­tio­nen, mit denen man kein Spen­der wer­den darf?

    Direk­te Kon­tra­in­di­ka­tio­nen gibt es nicht. Auch ein Höchst­al­ter für Organ­spen­der gibt es nicht. Ent­schei­dend ist nur die Gesund­heit des ein­zel­nen Organs. Bestimm­te Infek­ti­ons­krank­hei­ten wie Hepa­ti­tis und Aids sowie eine aku­te Krebs­er­kran­kung schlie­ßen eine Organ­spen­de meist aus.

    Wie kann ich Lebend­or­gan­spen­der werden?

    Man kann nur für einen nahen Ange­hö­ri­gen ers­ten oder zwei­ten Gra­des oder für einen Ehe- oder Lebens­part­ner spen­den, da finan­zi­el­le Beweg­grün­de aus­ge­schlos­sen wer­den müs­sen. Die Gewe­be­merk­ma­le müs­sen dafür bei Spen­der und Emp­fän­ger übereinstimmen.

    Was pas­siert mit dem Leich­nam nach einer post­mor­ta­len Spende?

    Die Ope­ra­ti­ons­wun­den des Organ­spen­ders wer­den sorg­fäl­tig ver­schlos­sen und ver­bun­den, damit der Kör­per in einem wür­de­vol­len Zustand den Ange­hö­ri­gen zur Bestat­tung über­ge­ben wer­den kann.

    Quellen

    4.8
    /
    5
    (
    20

    Stimmen 

    )