In Deutschland warten rund 10.000 Menschen auf eine Organspende. Dabei beträgt die Wartezeit je nach Organ, Blutgruppe und Dringlichkeit zwischen 6 Monate und 6 Jahre, eine Zeit zwischen Hoffen und Bangen. Das Thema polarisiert wie kaum ein anderes und wirft dabei ethische und philosophische Fragen auf. Kann oder will ich beispielsweise mit dem Spenderherz einer verstorbenen Person weiterleben? Eine Frage, die man vermutlich erst ehrlich beantworten kann, wenn man selbst, ein naher Angehöriger oder guter Freund betroffen ist. Zur Entscheidungshilfe ist es jedoch essenziell, sich ausreichend über dieses wichtige Thema zu informieren.
- Man unterscheidet zwischen postmortalen Organspenden (nach dem Tod), Lebendspenden durch nahe Verwandte sowie Gewebespenden.
- Am häufigsten sind Leber- und Nierenspenden.
- In Deutschland herrscht die Entscheidungsregelung. Dies bedeutet, dass Versicherte in regelmäßigen Abständen mit Infomaterial versorgt werden, es jedoch keinen Entscheidungszwang gibt.
- In anderen Ländern Europas herrscht die Zustimmungsregelung bzw. Widerspruchsregelung.
- Ein Ausweis zur Organspende kann unverbindlich bestellt und bei Meinungsänderung einfach vernichtet werden.
- Die Position auf Organspende-Wartelisten wird durch die Aspekte Dringlichkeit, Erfolgsaussichten und Transportweg beeinflusst.
- Die Operierten müssen nach einer Organspende ein Leben lang Immunsuppressiva nehmen und zu ärztlichen Nachkontrollen gehen.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Begriffliche Definitionen zur Organspende
- 2 Zahlen, Daten und Statistiken zur Organspende
- 3 Allgemeine Voraussetzungen für Organspender
- 4 Arten der Einwilligung
- 5 Warum ein Organspendeausweis?
- 6 Ethische und philosophische Fragen zur Organspende
- 7 Vermittlung und Wartelisten
- 8 Organspende nach dem Tod
- 9 Gewebespenden
- 10 Lebendspende
- 11 Erfolgsaussichten von Organspenden
- 12 Bioprinting: Eine neue Hoffnung?
- 13 Fazit
- 14 FAQ
- 15 Quellen
Begriffliche Definitionen zur Organspende
Eine Organspende beziehungsweise Organtransplantation beschreibt die Verpflanzung eines oder mehrerer Organe von einem Organspender hin zu einem Organempfänger. Menschen, die eine Organspende benötigen, besitzen ein geschädigtes Organ, welches in naher Zukunft seine Funktion einstellen wird. Gründe für die Schädigung können Unfälle, Stoffwechselerkrankungen, erblich bedingte Erkrankungen oder Infektionskrankheiten sein. Bei der Transplantation wird das erkrankte Organ durch ein gesundes Spenderorgan ersetzt. Eine Spende ist für die Betroffenen meist die letzte Hoffnung und elementar, um das Überleben zu sichern. Welche Organe dabei verpflanzt werden dürfen, ist in Deutschland streng geregelt. Wer Organspender sein möchte, muss dies schriftlich in Form eines Organspendeausweises oder einer Patientenverfügung festlegen.
Es gibt zwei verschiedene Verfahren der Organspende: Bei postmortalen Spenden (nach dem Tod) werden Organe oder Gewebestrukturen einem Spender entnommen, welcher durch ein ärztliches Gutachten als hirntot erklärt wurde. Entnommen werden können dabei beispielsweise Herz, Lunge, Bauchspeicheldrüse oder Dünndarm. Bei Lebendspenden werden Organe oder Organteile einer lebendigen Person entnommen, welche dadurch keinen großen gesundheitlichen Schaden erleidet. In den meisten Fällen wird bei dieser Methode eine einzelne Niere oder ein Teil der Leber transplantiert. Die Leber ist das einzige Organ im Menschen, welches nachwächst, weshalb diese Methode für den Spender als unproblematisch gilt.
Bei einer Gewebetransplantation wird nicht ein komplettes Organ verpflanzt, sondern lediglich Gewebestrukturen, die in einem Labor nochmals aufgearbeitet werden. Zu diesen Geweben gehören die Augenhornhaut, Bänder, Sehnen, Haut und Herzklappen. Eine Gewebetransplantation erfolgt dabei immer postmortal.
Zahlen, Daten und Statistiken zur Organspende
In Deutschland stehen etwa 10.000 Menschen auf der Warteliste für ein Spenderorgan, wovon circa 7.000 Patienten auf eine Nierenspende warten (Stand März 2019). In Deutschland stehen im Vergleich mit den anderen Mitgliedsstaaten des Eurotransplant-Verbunds die meisten Menschen auf einer Organspende-Warteliste. Im Jahr 2018 sind 901 Personen von dieser Warteliste verstorben.
Die Spenderquote in Deutschland ist erschreckend gering:
Im Jahr 2018 besaßen 36 % der Deutschen einen Ausweis zur Organspende, was eine erfreuliche Entwicklung darstellt, da der Anteil vor 2012 bei noch etwa 25 % lag. In einer deutschen Umfrage gaben drei Viertel der Teilnehmer an, zu einer postmortalen Spende bereit zu sein.
Trotz einer wachsenden Bereitschaft zur Organspende gehört Deutschland europaweit zu den Ländern mit den wenigsten Organspendern. 2018 gab es in Deutschland 11,5 Spender je eine Million Einwohner. Dazu im Vergleich: Im Vorjahr gab es in Spanien rund 46,9 Spender pro eine Million Einwohner. Damit ist Spanien europaweit an der Spitze.
Jeder Organspender verhilft circa drei kranken Menschen zu einer neuen Lebenschance.
Anzahl der in Deutschland transplantierten Organe (2018):
- Niere: 1.653
- Leber: 820
- Lunge: 375
- Herz: 318
- Bauchspeicheldrüse: 95
- Dünndarm: 3
Gewebespenden sind dabei viel häufiger als Organspenden. Eine Augen-Hornhaut wird in Deutschland pro Jahr circa 6.000 Mal transplantiert.
Allgemeine Voraussetzungen für Organspender
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine Organspende in Deutschland sind im Transplantationsgesetz festgelegt.
Es gibt zwei essenzielle Voraussetzungen für eine postmortale Organspende: Der Organspender muss offiziell von Ärzten als hirntot erklärt werden und zu Lebzeiten einer Organspende zugestimmt haben. Diese Zustimmung kann in einem Ausweis oder einem anderen handschriftlich unterzeichneten Dokument festgehalten werden. Hat sich der Verstorbene in dieser Hinsicht nicht festgelegt, müssen die Angehörigen nach dem Ableben eine Entscheidung treffen.
Grundsätzlich kann jeder Mensch Organspender werden, da keine direkten Kontraindikationen bestehen. Es gibt nur wenige Erkrankungen, die eine Spende nach dem Tod ausschließen. Dazu zählen beispielsweise akute Krebserkrankungen und bestimmte Infektionen. Ob ein Organ gesund ist und verpflanzt werden kann wird durch Ärzte in mehreren Tests vorab geklärt. Hierbei können Infektionen mit AIDS oder Hepatitisviren festgestellt werden.
Entscheidend für eine Organtransplantation ist alleinig der Gesundheitszustand des Organs. Dies bedeutet wiederum, dass es kein rechtlich festgesetztes Höchstalter für Spender gibt. Meist war der Spender sogar in derselben Altersklasse wie der Empfänger. Älteren Personen werden meist die Organe von älteren Spendern eingesetzt.
Arten der Einwilligung
(erweiterte) Zustimmungsregelung
Nach der Zustimmungsregelung bzw. Zustimmungslösung können nur Organe und Gewebe einer verstorbenen Person entnommen werden, wenn diese dem zu Lebzeiten zugestimmt und dies schriftlich dokumentiert hat. Innerhalb der Länder des Eurotransplant-Verbands gibt es keine reine Zustimmungsregelung. Dies Verordnung regelt, dass kein Zwang bezüglich einer Entscheidung besteht. Liegt von der verstorbenen Person keine Dokumentation des Willens bzw. kein eindeutiger Widerspruch vor, werden die nächsten Angehörigen um eine Entscheidung gebeten.
Staaten, in denen die erweiterte Zustimmungsregelung gilt: Dänemark, Island, Litauen, Niederlande, Rumänien, Schweiz, Vereinigtes Königreich
Entscheidungsregelung
Eine Abwandlung der erweiterten Zustimmungsregelung ist die Entscheidungsregelung. Der Unterschied ist jedoch, dass den Versicherten in regelmäßigen Abständen neutrales Infomaterial von den Krankenkassen zugesendet wird. Man kann dabei von einer Informationsregelung sprechen. Das Ganze geschieht völlig wertfrei und soll lediglich eine Entscheidungshilfe sein.
Staaten, in denen die Entscheidungsregelung gilt: Deutschland
Widerspruchsregelung
In Ländern, in denen die Widerspruchsregelung bzw. Widerspruchslösung gilt, ist jeder Mensch von Geburt an Organspender. Ist man damit nicht einverstanden, muss man aktiv Widerspruch einlegen und wird dadurch in ein Widerspruchsregister aufgenommen. Bei der doppelten Widerspruchsregelung können die Familienmitglieder einer Organentnahme ebenfalls widersprechen. Auch in Deutschland wurde die Diskussion über die Einführung der Widerspruchsregelung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn angestoßen. Diese wurde jedoch von den Abgeordneten einiger Parteien scharf kritisiert, da die Widerspruchsregelung das Selbstbestimmungsrecht des Menschen gefährden würde. Ein solches Gesetzt sei in Deutschland nicht durchsetzbar.
Staaten, in denen die Widerspruchsregelung gilt: Belgien, Bulgarien, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Luxemburg, Malta, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Türkei, Ungarn
Warum ein Organspendeausweis?
In Deutschland kann man ab dem 14. Lebensjahr einer Organspende widersprechen und ab dem 16. Lebensjahr dieser ausdrücklich mit einem Ausweis zustimmen. Auf dem Ausweis kann man einer Organspende komplett zustimmen oder dieser widersprechen. Auch kann man detailliert auswählen, ob man nur bestimmte Organe zur Spende freigibt. Des Weiteren kann man eine Person bestimmen, welche im Fall der Fälle die Entscheidung treffen soll.
Ein Ausweis schafft für Ärzte Klarheit und stellt für Angehörige eine große Entlastung dar. Das Ableben einer geliebten Person stellt viele Familien vor eine emotionale Herausforderung. In dieser belastenden Situation noch über eine Organspende entscheiden zu müssen ist schier unzumutbar. Die Hinterbliebenen müssen sich danach stets fragen, ob sie im Sinne des Verstorbenen gehandelt haben oder nicht. Auch gilt dieses Vorgehen als ethisch umstritten.
Einer Organspende zu widersprechen ist das gute Recht eines jeden Einzelnen und keinesfalls moralisch verwerflich. Es ist jedoch wichtig, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, und eine Entscheidung zu fällen. Grundsätzlich gibt es keinen Grund, sich nicht zu entscheiden. Der eigene Entschluss ist in keiner Datenbank gespeichert, sondern steht lediglich auf dem Ausweis oder in der Patientenverfügung. Im Falle einer Meinungsänderung muss man nur den alten Ausweis wegwerfen und einen neuen ausfüllen. Auch eine Patientenverfügung kann jederzeit geändert werden.
Bei einem Auslandsaufenthalt gilt die Regelung des jeweiligen Landes und nicht die des Heimatlandes des Reisenden. Daher ist es wichtig, sich vorher die Richtlinien des Urlaubsortes durchzulesen und einen Organspendeausweis in der dazugehörigen Landessprache mitzuführen. So wird sichergestellt, dass der eigene Wille berücksichtigt wird.
Für einen Ausweis ist keine ärztliche Voruntersuchung nötig. Er kann online ausgefüllt und ausgedruckt oder kostenfrei bestellt werden.
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Ethische und philosophische Fragen zur Organspende
Die Organspende ist ein emotional besetztes Thema und wird von Fachleuten oftmals kontrovers diskutiert. Vielen Menschen fällt es schwer, den (eigenen) Tod rein rational zu betrachten und darüber nachzudenken, welchen Nutzen dieser für andere Menschen haben könnte. Schnell kommen bei den eigenen Überlegungen ethische und philosophische Fragen auf.
Zur Debatte steht, ob der Hirntod als identisch mit dem natürlichen Sterbeprozess anzusehen ist. Inwiefern geht die Aufrechterhaltung der Lebensfunktionen während der Organentnahme mit meiner eigenen Idee vom friedvollen Tod konform? Viele Menschen fragen sich, ob sie nach dem Hirntod wirklich nichts mehr bei der Operation spüren. Auch die philosophische Frage nach der eigenen Existenz beschäftigt viele Menschen, die über eine Organspende nachdenken. Ist mein Gehirn der Sitz meiner Seele beziehungsweise meiner Identität? Wo geht meine Seele nach dem Hirntod hin oder löst sie sich danach einfach auf?
Des Weiteren sollte man sich überlegen, wie die eigene Familie eine Organspende empfinden könnte. Ist es für mich und meine Hinterbliebenen eher ein tröstliches oder verstörendes Gefühl, dass Teile von mir in anderen Menschen weiterleben?
In letzter Instanz muss man all diese Fragen bezüglich der Organspende für sich selbst beantworten und abwägen, ob der Wunsch, anderen Menschen zu helfen, stärker als die eigenen Vorbehalte ist. Egal welche Entscheidung man trifft; sie ist völlig legitim!
Vermittlung und Wartelisten
Generell herrscht in Deutschland “Organmangel” und die Spenderzahlen sind im Vergleich zum Rest Europas ernüchternd. Aufgrund dessen gibt es Wartelisten, die die Vergabe der Organe regelt. Die Richtlinien und Voraussetzungen, wer auf die Warteliste gesetzt wird, regelt die Bundesärztekammer.
Ablauf
Für alles rund um das Thema Organspende in Deutschland ist die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) zuständig. Durch das 2009 entwickelte Programm “Transplantcheck” können bei der DSO Todesfälle genauestens bezüglich einer möglichen Organspende analysiert werden. Die DSO übernimmt dabei die Vermittlung zwischen den einzelnen Instanzen. Der behandelnde Arzt bestimmt, ob bei einem Patienten eine Organspende nötig ist. Daraufhin gibt er die Daten an eines von 50 Transplantationszentren in Deutschland weiter. Diese medizinische Einrichtung verwaltet die Organspende-Wartelisten und ist zuständig für den organisatorischen Ablauf einer jeden Transplantation sowie für die psychologische Betreuung von Organempfängern, Angehörigen und Lebendorganspendern vor und nach der Transplantation.
Das zuständige Transplantationszentrum gibt dann wiederum die Daten des Patienten sowie den Rang auf der Warteliste an die gemeinnützige Organisation Eurotransplant weiter. Diese Organisation koordiniert den internationalen Transfer von Organspenden in einem Verbund von acht europäischen Ländern (Belgien, Deutschland, Kroatien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Slowenien, Ungarn). Als Patientendaten sind die Blutgruppe, die Gewebemerkmale und die Krankheitsgeschichte bei Eurotransplant registriert. Diese werden regelmäßig mit den Merkmalen von möglichen Spendern verglichen.
Voraussetzungen für die Warteliste
Um auf eine Organspende-Warteliste aufgenommen zu werden, müssen zwei Aspekte betrachtet werden: die Erfolgsaussichten und die Dringlichkeit. Besteht eine lebensbedrohliche Krankheit, für die es keine weiteren Behandlungsmöglichkeiten gibt? Ist in naher Zukunft ein endgültiges Organversagen absehbar? Wie ist der generelle Gesundheitszustand des Patienten? Würde er eine Operation überleben und kann das neue Organ auch langfristig bei ihm funktionieren?
Auf jeder Warteliste gibt es eine klar definierte Rangliste beziehungsweise Reihenfolge. Diese wird unter anderem durch die Dringlichkeit bestimmt. Befindet sich ein Patient in akuter Lebensgefahr, meldet das zuständige Transplantationszentrum „hoch dringlich“ (HU – High Urgency) an Eurotransplant und der Patient wird somit bei der Vergabe bevorzugt. Im Allgemeinen wird die Reihenfolge dadurch bestimmt, inwieweit die Gewebemerkmale von Empfänger und einem eventuellen Organspender miteinander übereinstimmen. Auch Daten wie Gewicht, Alter, Größe und die Dauer des Transports werden berücksichtigt. Schwerkranke Kinder haben gegenüber erwachsenen Personen immer den Vorrang. Für Menschen ab einem Alter von 65 Jahren hat Eurotransplant das „Old for Old“-Programm, bei dem Organe älterer Spender an Personen desselben Alters vermittelt werden. Priorität bei diesem Programm haben die kurzen Transportwege, die ein optimales Transplantationsergebnis gewährleisten und die Überlebenschancen erhöhen.
Patienten, die auf eine Organspende warten, müssen zu jeder Tages- und Nachtzeit erreichbar sein. Wenn ein passendes Organ gefunden wurde, muss es sehr schnell gehen und der Betroffene sich umgehend in das nächste Transplantationszentrum begeben. Dort wird der Empfänger bereits vorbereitet, während das Organ in einer anderen Stadt oder in einem anderen Land zum Transport fertig gemacht wird. Ist die Person auf der Warteliste nicht zu erreichen oder zur Zeit des Anrufes krank, wird die nachfolgende Person auf der Liste kontaktiert.
Organspende nach dem Tod
Feststellung des Hirntodes
Eine Organspende in Deutschland ist nach dem Transplantationsgesetzt § 3 (3) nur dann gestattet, wenn “vor der Entnahme bei dem Organ- oder Gewebespender der endgültige, nicht behebbare Ausfall der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms nach Verfahrensregeln, die dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft entsprechen, festgestellt ist.”
Der Hirntod beschreibt den irreversiblen Ausfall aller Hirnfunktionen und gilt in der Medizin als offizieller Todeszeitpunkt. Ein Zurückbringen in das Leben wie nach einem Herztod ist beim Hirntod nicht möglich. Der Hirntod kann offiziell nur auf einer Intensivstation eines Krankenhauses von mindestens zwei erfahrenen Ärzten aus den Fachbereichen Neurologie, Neurochirurgie oder Anästhesie festgestellt werden. Das Gehirn des Patienten wird nach mehreren neurologischen Kriterien untersucht und auf bestimmte Reflexe geprüft, welche nach einem Hirntod nicht mehr möglich sind. Dies kann durch die Aufzeichnungen der Hirnströme bei einem EEG geschehen, sowie durch bestimmte Ultraschalluntersuchungen oder durch die Darstellung der Hirngefäße in einem CT. Die behandelnden Ärzte müssen bei all diesen Vorgehen Protokoll führen, um letztendlich den Totenschein auszustellen.
Familienangehörigen wird es auf Wunsch ermöglicht, bei der Feststellung des Hirntodes mit anwesend zu sein. Für viele Hinterbliebene kann dies hilfreich sein, um den Tod eines geliebten Menschen besser begreifen zu können.
Da das Gehirn alle Steuerfunktionen in unserem Körper übernimmt, würde nach einem Hirntod normalerweise ein Herz- und Atemstillstand sowie der Funktionsausfall aller Organe folgen. Hat der Verstorbene zu Lebenszeiten jedoch einer Organspende zugestimmt, wird dessen Herz-Kreislauf-System auf der Intensivstation künstlich aufrechterhalten. Dieser Vorgang gewährleistet, dass die restlichen Organe noch mit genügend Sauerstoff, Blut und Nährstoffen versorgt sind.
Entnahme und Transport der Spenderorgane
Die Entnahme von Organen wird in einem Operationssaal mit der gleichen chirurgischen Sorgfalt wie bei Operationen an einer lebenden Person durchgeführt. Entnommen werden nur die Organe, die der Verstorbene zu Lebzeiten freigegeben hat. Durchschnittlich werden dabei jedem Menschen 3,3 Organe beziehungsweise Gewebe entnommen.
Die Organentnahme wird nicht unter Narkose und der Gabe von Schmerzmitteln durchgeführt, da der menschliche Körper nach dem eingetretenen Hirntod keine Schmerzen mehr empfinden kann. Trotzdem ist bei der Operation ein Anästhesist anwesend. Durch die künstliche Aufrechterhaltung des Herz-Kreislauf-Systems wird das Rückenmark weiterhin durchblutet. Dies kann Reflexe zur Folge haben, welche Muskelzuckungen oder Blutdruckschwankungen begünstigen. Der Anästhesist verabreicht daher ein Medikament, dass diese Reflexe hemmt und eine ungestörte Operation ermöglicht.
Die Operationswunden werden nach der Entnahme sorgsam vernäht und verbunden. Falls die Augäpfel für eine Hornhauttransplantation entnommen wurden, werden diese durch Prothesen ersetzt und die Augenlider fest verschlossen. Ziel ist es dabei, den Leichnam in einem würdevollen Zustand zu hinterlassen, damit er daraufhin den Angehörigen zur gewünschten Bestattung übergeben werden kann.
Nach der Feststellung der Gewebemerkmale sowie der Suche nach einem passenden Empfänger werden die Organe auf 4 °C heruntergekühlt und in einer mit Eis gefüllten sicheren Transportbox untergebracht. Der Transport erfolgt per Auto oder Helikopter, je nachdem wie weit der Organempfänger entfernt ist. Ab dem Zeitpunkt in der Transportbox muss es schnell gehen: Das Organ ist von der Blut- und Sauerstoffversorgung abgetrennt, bis es einem Empfänger eingesetzt wird. Dauert dieser Zustand zu lange an, kann das Organ Schädigungen davontragen. Die Zeit zwischen Entnahme und Transplantation wird Ischämiezeit genannt und sollte für ein optimales Ergebnis möglichst kurz gehalten werden. Während des Organtransports wird der Empfänger im jeweiligen Transplantationszentrum schon vorbereiten, damit die Operation sofort nach Eintreffen des Organs stattfinden kann.
Nachkontrolle
Nach der Organspende bleibt der Operierte ein bis zwei Wochen stationär im Krankenhaus, um Komplikationen zu vermeiden. Gerade in den ersten Wochen und Monaten ist eine engmaschige ärztliche Kontrolle maßgeblich für den langfristigen Erfolg einer Organverpflanzung. Man kann jedoch behaupten, dass die Nachsorge nach solch einem einschneidenden Eingriff ein Leben lang andauert. Eventuell muss man einige Anpassungen seines Lebensstils vornehmen, um den eigenen Körper zu entlasten. Es ist daher essenziell wichtig, stets im regen Austausch mit seinem behandelnden Arzt zu sein.
Die größte Gefahr, die nach einer Organtransplantation besteht, ist die, dass das eigene Immunsystem das neue Organ als Fremdkörper ansieht und dieses abstoßen möchte. Um starke Abwehrreaktionen zu vermeiden, ist es wichtig, dass die Gewebemerkmale zwischen Spenderorgan und Empfänger eine möglichst hohe Ähnlichkeit zueinander aufweisen. Das Risiko einer Organabstoßung wird des Weiteren durch sogenannte Immunsuppressiva minimiert. Diese Medikamente unterdrücken die Abstoßungsreaktion und helfen dabei, dass das Organ ungestört anwachsen kann. Jeder Transplantationspatient muss diese Immunsuppressiva ein Leben lang einnehmen, um das körpereigene Abwehrsystem zu umgehen. Die Einnahme kann für manche Patienten auch Nebenwirkungen mit sich bringen: Vor allem Nierenpatienten sind durch die Einnahme von Immunsuppressiva einer höheren Infektionsgefahr ausgesetzt als gesunde Menschen.
Gewebespenden
Besonderheiten der Gewebespende
Damit bei einer verstorbenen Person Gewebespenden entnommen werden können, müssen dieselben Kriterien wie bei einer Organspende erfüllt sein: die eindeutige Feststellung des Todes sowie die zu Lebzeiten festgelegte Einwilligung zu einer Gewebespende durch den Patienten. Organspenden haben gegenüber Gewebespenden immer Vorrang, da eine Organtransplantation immer lebensrettend ist.
Gewebespenden sind jedoch weitaus häufiger möglich als Organspenden. Grund dafür ist, dass Gewebematerial nur schwach durchblutet sind. Durch diesen Umstand ist eine erfolgreiche Gewebeentnahme noch bis zu 72 Stunden nach dem eingetretenen Herz-Kreislauf-Stillstand eines Menschen möglich. Hier liegt der grundlegende Unterschied zur Organentnahme, da diese nur bei einem noch funktionierenden Herz-Kreislauf-System erfolgen kann.
Die Feststellung des Todes läuft im Rahmen einer Gewebespende anders ab. Bei dem Versterben eines Menschen, welches mehr als drei Stunden zurückliegt, wird nicht die oben genannte Hirntoddiagnostik angewandt. Vielmehr wird auf Merkmale wie die Totenstarre oder Leichenflecken geachtet, welche ein eindeutiges Todeszeichen darstellen. Liegen diese Merkmale vor, ist wiederum sicher auf einen Hirntod zu schließen.
Ablauf und Verarbeitung der Gewebespenden
Vor der Gewebeentnahme kann ein Mitarbeiter einer Gewebebank beratend bei dem Gespräch mit den Hinterbliebenen hinzugezogen werden. Die Operation erfolgt im Krankenhaus, in einer Pathologie oder in der Rechtsmedizin unter größter chirurgischer Sorgfalt. Der Leichnam wird in einem würdevollen Zustand der Familie zur Bestattung übergeben.
Nach der Entnahme des Gewebematerials wird dieses an eine der vielen Gewebebanken in Deutschland weitergeleitet, welche sich meist an Universitätskliniken befinden. Gewebebanken arbeiten gemeinnützig und spezialisieren sich überwiegend auf eine Gewebeart. Dort werden die Gewebe medizinischen Kontrollen unterzogen, in aufwendigen Prozessen aufbereitet (Prozessierung) und zwischengelagert. Im Unterschied zur Organspende werden Gewebe nicht sofort an einen geeigneten Empfänger vermittelt, sondern konserviert bis ein Patient diese benötigt und die Gewebemerkmale übereinstimmen. All diese Prozesse sowie die Vermittlung werden in Deutschland von der Deutschen Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG) geregelt.
Die Gewebespende darf für den Empfänger kein Risiko darstellen, daher werden die Gewebe auf bestimmte Erkrankungen oder Infektionen hin untersucht. Für jede Gewebeart gibt es dabei jedoch völlig individuelle Ausschlussgründe. Die Hornhaut des Auges zum Beispiel kann trotz Krebserkrankung des Spenders bedenkenlos transplantiert werden.
Für die Vergabe von Geweben gibt es keine Wartelisten. Es werden jedoch wie bei der Organspende die Gewebemerkmale sowie die Kriterien Dringlichkeit, Transportweg und Erfolgsaussichten berücksichtigt. Bei den Spendern gibt es keine Altershöchstgrenze.
Lebendspende
Neben einer postmortalen Organspende ist in Deutschland auch eine Lebendorganspende durch nahe Angehörige möglich. Dabei werden zum Großteil einzelne Nieren oder Teile der Leber verpflanzt. Diese zwei Verfahren gelten dabei als besonders sicher und erfolgversprechend. Die Gesundheit und der Schutz des Spenders haben bei diesem Vorgehen oberste Priorität. Es ist mit keinen großen gesundheitlichen Einschränkungen für den Spender zu rechnen. Das Transplationsgesetz § 8 Abs. 1 erlaubt eine Lebendspende nur an „Verwandte ersten oder zweiten Grades, Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Verlobte oder andere Personen, die dem Spender in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahe stehen“. Dadurch verhindert die Lebendspendekommission finanziell motivierten Organhandel, welcher in Deutschland verboten ist. Anonyme Spender sind daher wegen mangelnder Überprüfbarkeit nicht erlaubt.
Voraussetzungen und Vorbereitung
Als Lebendspender für einen nahen Angehörigen kommen nur volljährige Personen infrage, die in einem vorherigen ausführlichen Gespräch über mögliche Risiken aufgeklärt wurden. Kann die betreffende Person kein Deutsch muss bei dem Gespräch ein Dolmetscher anwesend sein. Von unabhängigen Gutachtern muss dabei die Freiwilligkeit des Spenders festgestellt werden und dass derjenige nicht von der Familie unter Druck gesetzt wird. Der Spender muss einen optimalen Gesundheitszustand besitzen und es dürfen keine Risiken bestehen, die über das der Operation an sich hinaus gehen. Eine Lebendspende wird nur vorgenommen, wenn kein postmortal gespendetes Organ zur Verfügung steht. Jeder Mensch, der ein Organ benötigt, muss grundsätzlich auf die Warteliste gesetzt werden, da eine postmortale Spende immer Vorrang gegenüber der Lebendspende hat.
Der Operation gehen mehrere vorbereitende Schritte vorweg: Zuerst wird medizinisch untersucht, ob die Gewebemerkmale beider Parteien miteinander übereinstimmen und ob Spender sowie Empfänger gesundheitlich dazu in der Lage sind, operiert zu werden. Danach folgt für das Paar aus spendender und empfangender Person ein intensives Aufklärungsgespräch, indem geprüft wird, ob die Beteiligten sich des Gewichts des Unterfangens bewusst sind. Dem folgen psychologische Einzelgespräche, die diskret unter der ärztlichen Schweigepflicht laufen. In diesem Gespräch kann der Spender eventuelle Bedenken äußern. Grundsätzlich kann aber jeder Spender bis kurz vor der Operation seine Meinung widerrufen. Die Lebendspendekommission wohnt bei diesen Gesprächen bei, prüft, ob finanzielle Belange eine Rolle spielen, und gibt letztendlich eine Abschätzung ab.
Operation und Nachkontrolle
Die Operationen von Organspender und Empfänger finden immer im selben Transplantationszentrum statt, damit ein kurzer Transportweg gewährleistet ist. Beide Personen müssen nach dem Eingriff ein bis zwei Wochen stationär im Krankenhaus bleiben. Danach folgen engmaschige Nachkontrollen, um Spätfolgen zu vermeiden. Gerade für den Organempfänger muss eine lebenslange Nachsorge stattfinden, damit das Organ nicht vom eigenen Immunsystem abgestoßen wird. Dagegen hilft die Gabe von Immunsuppressiva, die den Abstoßungsvorgang unterdrücken kann. Auch ein sicheres Anwachsen des neuen Organs wird damit erleichtert. Die Medikamenteneinnahme muss für Empfänger ein Leben lang beibehalten werden.
Vorteile der Lebendspende gegenüber der postmortalen Organspende
- Der Zeitpunkt der Operation kann individuell gewählt werden.
- Die Organqualität ist sehr gut, da nur komplett gesunde Menschen als Lebendspender infrage kommen.
- Die Gewebemerkmale von Verwandten weisen meist eine hohe Ähnlichkeit zueinander auf.
- Da Entnahme und Transplantation im selben Krankenhaus stattfinden, sind die Transportwege kurz.
- Durch den kurzen Transportweg wird eine optimale Durchblutung für das Organ gewährleistet.
- Studien haben ergeben, dass die Überlebensdauer von Lebendorganempfängern weitaus höher ist als die einer postmortalen Spende.
Erfolgsaussichten von Organspenden
Während die Transplantationsmedizin vor über 60 Jahren noch ein Phänomen war, ist sie heute ein anerkanntes und sicheres Verfahren, mit dem die Lebenszeit vieler Patienten signifikant verlängert werden kann. Die Erfolgschancen sind dabei in den letzten Jahrzehnten enorm angestiegen. In rund 50 Transplantationszentren in Deutschland werden jährlich circa 3.000 Organe verpflanzt. Bei über der Hälfte davon handelt es sich um Nierenspenden, die die höchste Erfolgsquote besitzen. Nach einem Jahr funktionieren von 100 verpflanzten Nieren noch rund 85 und nach fünf Jahren noch 75. Im Jahr 1967 überlebte der erste Patient mit einem Spenderherz lediglich 18 Tage. Heutzutage funktionieren von 100 transplantierten Herzen nach einem Jahr noch 75 und nach fünf Jahren noch 65.
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Bioprinting: Eine neue Hoffnung?
Was ist Bioprinting?
Unter Bioprinting wird nichts anderes verstanden, als eine Sonderform des 3D-Drucks. Hierfür wird jedoch kein festes Material verwendet, sondern speziell gezüchtete Zellen. Mit einem sogenannten Bioprinter ist es möglich, künstliche Gewebematerialien oder Strukturen zu erzeugen und – in naher Zukunft – sogar funktionsfähige Organe. In der Wissenschaft wird das Verfahren des Bioprintings oftmals als nächste Technikrevolution in der Geschichte der Medizin bezeichnet, mit der es ermöglicht werden soll, lebenswichtige und maßgeschneiderte Organe aus patienteneigenen Zellen herzustellen und somit das Abstoßungsrisiko bei Transplantationen zu reduzieren. Die mangelnde Anzahl an Organspendern in Deutschland könnte somit ausgeglichen werden. Ein Patient, der beispielsweise ein Spenderherz benötigt, könnte dieses zeitnah und mit perfekt passenden Zelleigenschaften erhalten.
Die Technik ist jedoch noch nicht so weit, Organspenden vom Menschen überflüssig werden zu lassen. Heutzutage wird die 3D-Technologie erst für Prothesen genutzt, die im Vergleich zu herkömmlicher Produktion eine wesentlich kostengünstigere und schneller produzierbare Variante darstellen. Im Jahr 2013 mussten Patienten im Durchschnitt etwa 20 Wochen auf eine Augenprothese warten, während der 3D-Drucker fünf Augenprothesen pro Stunde erzeugen kann. Diese werden dann für etwa 150 € vertrieben, im Gegensatz zu konventionell hergestellten Prothesen, die mit circa 3.500 € zu Buche schlagen. Auch in der Otoplastik – eine maßgefertigte Verbindung zwischen Hörhilfe und Ohr – werden verschiedene Modelle bereits zu 90 Prozent per 3D-Druck hergestellt.
Herstellung ganzer Organe?
Der Druck lebender Gewebe setzt die Verfügbarkeit einer sogenannten “Biotinte” voraus, die hauptsächlich aus patienteneigenen Zellen besteht. Meist werden diese bei Biopsien entnommen oder aus Stammzellen und natürlichen oder synthetischen Polymeren gewonnen. Das ausgewählte Polymer muss sehr spezifische Merkmale, wie “Zellfreundlichkeit”, Druckbarkeit und Stabilität aufweisen, um in den Prozess integriert werden zu können. Auch sollte sich das Polymer stufenweise zersetzen, während es neue Strukturen bildet und Zellteilung und ‑wanderung fördert.
Die Herstellung ganzer Organe hat derzeit noch mit technischen Schwierigkeiten zu kämpfen. Lebendige Strukturen benötigen nämlich andere Bedingungen, als Stoffe wie Kunststoff oder Metall. Neben optimalen Umgebungsbedingungen müssen die Zellen zudem mit vielen Nährstoffen versorgt werden. Sollten diese Hindernisse in Zukunft beseitigt werden können, so müssten herz- oder nierenkranke Menschen nicht mehr jahrelang auf eine Organspende warten, geschweige denn überhaupt hoffen, dass ein passendes Organ gefunden wird.
Fazit
Organspende ist ein schwieriges und emotional besetztes Thema. Umso wichtiger ist es daher, sich über dieses Thema zu informieren und darüber zu diskutieren – egal ob im privaten Kreis oder in der Politik. Ethische und philosophische Fragen, die dabei aufkommen, muss jeder individuell für sich entscheiden. Eine Entscheidungshilfe kann das Gedankenspiel sein, wie es wäre, wenn man selbst oder eine nahe stehende Person eine Organspende zum Überleben benötigt. Fakt ist jedoch, dass durch die Transplantationsmedizin die Leben vieler Menschen gerettet werden können. In Zukunft werden Organspenden vielleicht sogar durch Bioprinting ersetzt. Viele Patienten empfinden nach der Transplantation große Dankbarkeit gegenüber dem Organspender und dessen Familie. Erst in solchen Momenten der Krankheit begreifen Betroffene und Angehörige welch großes Geschenk unser Leben ist. Ob das eigene Ableben einer anderen Person ein neues Leben ermöglicht, bleibt dabei jedem Menschen selbst überlassen.
FAQ
Muss ich mich entscheiden, ob ich Organspender werden will?
In Deutschland herrscht nach Gesetz die Entscheidungsregelung. Die Bürger müssen aktiv einer Organspende zustimmen und werden dafür zur Entscheidungshilfe von den Krankenkassen mit Infomaterial versorgt. Es handelt sich also um eine Informationsregelung, bei der kein Entscheidungszwang besteht.
Wie ist die Regelung in anderen Staaten Europas?
In Frankreich und Italien beispielsweise herrscht die Widerspruchsregelung. Man ist quasi von Geburt an Organspender und muss aktiv Widerspruch einlegen, wenn man dies nicht möchte. In Dänemark und den Niederlanden gilt die Zustimmungsregelung bzw. Zustimmungslösung, die der deutschen Entscheidungsregelung gleicht.
Warum ist es wichtig einen Organspendeausweis zu besitzen?
Es ist wichtig, die eigene Entscheidung auf einem Ausweis oder in einer Patientenverfügung festzulegen, da dies für Ärzte Klarheit schafft und den Hinterbliebenen eine große Last von den Schultern nimmt. Liegt keine Dokumentation der Entscheidung vor, muss die Familie über eine Organspende entscheiden, was in einer ohnehin belastenden Situation nur zusätzlichen Stress verursacht.
Was dient mir zur Entscheidungshilfe?
Eine direkte Entscheidungshilfe gibt es nicht. Man sollte sich jedoch ausreichend über das Thema informieren, um daraufhin für sich selbst eine Entscheidung zu treffen. Infomaterial hierfür liefern z.B. die Krankenkassen.
Wird meine Entscheidung irgendwo registriert?
Die persönliche Entscheidung ist nirgends registriert.
Kann ich meine Meinung ändern?
Falls man seine Entscheidung ändern sollte, kann man den alten Ausweis einfach vernichten und einen neuen ausfüllen. Auch Patientenverfügungen können jederzeit geändert werden.
Gibt es Kontraindikationen, mit denen man kein Spender werden darf?
Direkte Kontraindikationen gibt es nicht. Auch ein Höchstalter für Organspender gibt es nicht. Entscheidend ist nur die Gesundheit des einzelnen Organs. Bestimmte Infektionskrankheiten wie Hepatitis und Aids sowie eine akute Krebserkrankung schließen eine Organspende meist aus.
Wie kann ich Lebendorganspender werden?
Man kann nur für einen nahen Angehörigen ersten oder zweiten Grades oder für einen Ehe- oder Lebenspartner spenden, da finanzielle Beweggründe ausgeschlossen werden müssen. Die Gewebemerkmale müssen dafür bei Spender und Empfänger übereinstimmen.
Was passiert mit dem Leichnam nach einer postmortalen Spende?
Die Operationswunden des Organspenders werden sorgfältig verschlossen und verbunden, damit der Körper in einem würdevollen Zustand den Angehörigen zur Bestattung übergeben werden kann.
Quellen
- Gewebenetzwerk.de — Die Gewebespende
- Organspende-info.de — Ja oder Nein zur Organ- und Gewebespende? Es ist Ihre Entscheidung.
- Deutsche Stiftung Organtransplantation
- Gesetze im Internet.de — Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben
- Bundesaerztekammer.de
- Eurotransplant.org
- Deutsche Apotheker Zeitung.de
- Bundesgesundheitsministerium.de