Magersucht (Anorexia nervosa)

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    Magersucht (Anorexia nervosa)

    Magersucht erkennen

    Die Mager­sucht — auch Anorexia ner­vo­sa — ist eine psy­chisch beding­te Appe­tit­lo­sig­keit und gehört zu der Grup­pe der Ess­stö­run­gen. Damit eine Mager­sucht dia­gnos­ti­ziert wer­den kann, müs­sen fol­gen­de Kri­te­ri­en erfüllt sein:

    Selbst herbeigeführte Gewichtsabnahme

    Die Gewichts­ab­nah­me kann auf meh­re­re Arten her­bei­ge­führt werden.

    • Redu­zier­te Nah­rungs­auf­nah­me, Ver­wei­ge­rung der Nah­rungs­auf­nah­me, Ver­mei­dung bestimm­ter (kalo­rien­rei­cher) Lebensmittel
    • Gegen­steu­ern einer Gewichts­zu­nah­me nach dem Essen durch Abführ­mit­tel, gewoll­tes Erbre­chen, exzes­si­ven Sport, Medikamentenmissbrauch

    Untergewicht

    Als Unter­ge­wicht gilt bei Erwach­se­nen ein Body-Mass-Index von unter 17,5  und bei Kin­dern bzw. Jugend­li­chen ein Kör­per­ge­wicht, das min­des­tens 15% unter dem zu erwar­ten­den Gewicht (nach Alter und Grö­ße) liegt. Bei Kin­dern und Jugend­li­chen kann mit­tels Per­zen­ti­len­rech­ner (auch online ver­füg­bar) bestimmt wer­den, ob ein Unter­ge­wicht vorliegt.

    Körperschemastörung

    Von einer Kör­per­sche­ma­stö­rung wird gespro­chen, wenn der eige­ne Kör­per trotz zu gerin­gem Gewicht als zu dick emp­fun­den wird. Dabei kann das eige­ne Bild vom Kör­per der Betrof­fe­nen stark vari­ie­ren und ist zumeist von einem gerin­gen Selbst­wert­ge­fühl geprägt. Dies kann bis hin zu Abnei­gung, Hass oder Ekel vor dem eige­nen Kör­per reichen.

    Körperliche Symptome des Untergewichts und der Mangelernährung

    Star­kes Unter­ge­wicht und Nah­rungs­man­gel füh­ren zu Ver­än­de­run­gen im Kör­per. Je nach Dau­er und Schwe­re der Erkran­kung kön­nen die­se unter­schied­lich stark aus­ge­prägt sein und sogar töd­lich enden.

    Wie entsteht eine Magersucht?

    Von einer Mager­sucht sind häu­fi­ger Mäd­chen und Frau­en als Jun­gen und Män­ner betrof­fen. Die Erkran­kung tritt häu­fig zwi­schen dem 10. und 25. Lebens­jahr das ers­te Mal auf und kann pha­sen­wei­se oder kon­ti­nu­ier­lich ver­lau­fen. Dabei ent­steht die Anorexia ner­vo­sa, wie vie­le ande­re Erkran­kun­gen, aus einem Zusam­men­spiel gene­ti­scher Ver­an­la­gung und Umweltfaktoren.

    Laut Stu­di­en zei­gen sich vor allem am Bei­spiel ein­ei­iger Zwil­lin­ge, dass die Erkran­kung gene­tisch ver­an­lagt sein kann. Zudem ver­setzt der Zustand des Fas­tens den Kör­per in eine Art Rausch­zu­stand, der süch­tig machen kann. Dane­ben kön­nen Umwelt­fak­to­ren wie Trau­ma­ta und gesell­schaft­li­che Schön­heits­idea­le die Ent­ste­hung der Erkran­kung begünstigen.

    Ins­be­son­de­re Kin­der zei­gen durch das Ver­wei­gern von Nah­rung gele­gent­lich, dass es ihnen see­lisch nicht gut geht oder sie sich in bestimm­ten Situa­tio­nen macht­los füh­len und so in ihren Augen nur die Kon­trol­le über essen oder nicht essen bleibt. Auf­fäl­lig ist, dass vie­le Betrof­fe­ne sehr ehr­gei­zig und leis­tungs­ori­en­tiert sind und Ernäh­rung zum zen­tra­len The­ma in ihrem Leben machen.

    Gesundheitliche Folgen

    Die Mager­sucht ist eine ernst­zu­neh­men­de Erkran­kung, die sogar töd­lich enden kann. Man­gel­er­näh­rung, Maß­nah­men zur Gewichts­kon­trol­le und star­kes Unter­ge­wicht kön­nen den Kör­per stark beein­flus­sen. Zu den mög­li­chen gesund­heit­li­chen Fol­gen einer Anore­xie zählen:

    • Herz-Kreis­lauf-Pro­ble­me wie nied­ri­ger Blut­druck oder Herz­rhyth­mus­stö­run­gen
    • Ver­än­de­rung von Haut und Haa­ren wie Haar­aus­fall, tro­cke­ne Haut oder ein wei­cher Flaum am gesam­ten Kör­per (Lanu­go-Behaa­rung, Schutz vor Käl­te bei feh­len­der Fettschicht)
    • Kon­zen­tra­ti­ons­schwie­rig­kei­ten, Ver­gess­lich­keit, Wesensveränderungen
    • Stoff­wech­sel­stö­run­gen mit Libi­do­ver­lust, aus­blei­ben der Peri­ode und unge­woll­ter Kinderlosigkeit
    • Osteo­po­ro­se
    • Magen-Darm-Beschwer­den und Zahnprobleme
    • Blut­bil­dungs­stö­run­gen
    • Unter­küh­lung
    • Infekt­an­fäl­lig­keit

    Allein anhand die­ser Bei­spie­le ist ersicht­lich, dass die Mager­sucht eine star­ke Belas­tung für den gesam­ten Kör­per dar­stellt. Neben dem kör­per­li­chen Risi­ko lebens­be­droh­li­che Fol­ge­schä­den zu ent­wi­ckeln, ist die Selbst­mord­ra­te bei Anorek­ti­kern um das 20 fache gegen­über gesun­den Per­so­nen erhöht.

    Therapie für Körper und Seele

    Das Ziel einer The­ra­pie ist vor­ran­gig, kör­per­li­che Schä­den durch ver­mehr­te Nah­rungs­auf­nah­me und Gewichts­zu­nah­me zu ver­hin­dern. Dies kann jedoch nur mit einer ganz­heit­li­chen The­ra­pie gelin­gen, da die Ursa­chen häu­fig tief­grei­fen­der sind.

    Da die Nah­rungs­ver­wei­ge­rung mit einer Sucht ver­gleich­bar ist, muss über eine geeig­ne­te und auf die Per­son abge­stimm­te Psy­cho­the­ra­pie eine Art Ent­zug statt­fin­den. Dies kann sich schwie­rig gestal­ten und lan­ge dau­ern. Wie bei ande­ren Sucht­er­kran­kun­gen müs­sen zugrun­de lie­gen­de Ursa­chen auf­ge­deckt und behan­delt wer­den. Medi­ka­men­tös kön­nen Anti­de­pres­si­va bei der The­ra­pie hel­fen. Zudem muss das Essen und ein gesun­der Umgang mit Nah­rung erst wie­der erlernt wer­den. Dazu eig­nen sich Ernäh­rungs­the­ra­pien, bei denen die Art und Anzahl der Nah­rungs­mit­tel sowie die ange­streb­te Gewichts­zu­nah­me genau fest­ge­legt wer­den kön­nen und Struk­tur bie­ten. Auch der Umgang mit und der Blick auf den eige­nen Kör­per muss von Betrof­fe­nen erst neu erlernt werden.

    Bei star­kem Gewichts­ver­lust und gefähr­li­chem Unter­ge­wicht kann ein sta­tio­nä­rer Auf­ent­halt im Kran­ken­haus not­wen­dig wer­den. Bei dro­hen­der Lebens­ge­fahr kann zudem eine Ernäh­rung über eine Magen­son­de nötig sein. Bei Anzei­chen für Eigen­ge­fähr­dung, wie bei­spiels­wei­se drän­gen­de Sui­zid­ge­dan­ken, ist eine sta­tio­nä­re Behand­lung drin­gend anzuraten.

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    Dr. med. Natascha Kern
    Unse­re Exper­tin: Dr. med. Nata­scha KernÄrz­tinArzt/Ärztin nach gel­ten­der Approbationsordnung
    Dr. Nata­scha Kern stu­dier­te Human­me­di­zin an der Johann Wolf­gang von Goe­the-Uni­ver­si­tät in Frank­furt am Main. Sie arbei­tet am Insti­tut für Rechts­me­di­zin in Frank­furt. Zwi­schen 2017 und Ende 2019 schreibt sie als Gast­au­torin auch für Health Rise.