Herzrhythmusstörungen: Wann werden sie gefährlich?

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    Herzrhythmusstörungen: Wann werden sie gefährlich?

    Ein gesunder Rhythmus

    Das Herz ist eine Art Saug-Druck-Pum­pe, das mit sei­nen Schlä­gen unse­ren Kreis­lauf auf­recht erhält. Es besteht aus zwei Vor­hö­fen und zwei Kam­mern. Außer­dem hat es sein eige­nes Reiz­bil­dungs- und Reiz­lei­tungs­sys­tem. Das bedeu­tet, dass es allei­ne schla­gen und sei­nen Takt bestim­men kann. Unser Ner­ven­sys­tem kann das Herz nur dazu anre­gen, schnel­ler oder lang­sa­mer zu schla­gen. Doch es könn­te auch ganz ohne Signa­le von außen sei­ne Auf­ga­be erfül­len. Es hat einen eige­nen Takt­ge­ber, den Sinus­kno­ten. Die­ser sitzt in einem der Vor­hö­fe und gibt das Signal zum Schla­gen. Die­ses Signal wird über einen defi­nier­ten Weg, das Reiz­lei­tungs­sys­tem, an das gesam­te Herz wei­ter­ge­ge­ben. Dadurch zieht sich das Herz zusam­men und ent­spannt im Anschluss wie­der — es schlägt.

    Bei einem gesun­den Erwach­se­nen schlägt das Herz im Ruhe­zu­stand etwa 60–80 mal pro Minu­te. Trei­ben wir Sport oder regen uns auf, dann beschleu­nigt es, um den erhöh­ten Sau­er­stoff­be­darf sicher­stel­len zu kön­nen. Bei Herz­rhyth­mus­stö­run­gen gerät das Herz aus sei­nem gewohn­ten Takt.

    Bestimm­te Erkran­kun­gen kön­nen die­sen Takt­ge­ber aus dem Gleich­ge­wicht brin­gen oder sogar ganz außer Gefecht set­zen. Für sol­che Fäl­le hat unser Herz natür­lich ein paar Siche­run­gen ein­ge­baut. Sogar ganz ohne die Funk­ti­on des Sinus­kno­tens wür­de unser Herz schla­gen. Der nächs­te Takt­ge­ber über­nimmt. Der Atrio­ven­tri­ku­lä­re Kno­ten (AV-Kno­ten, über­setzt: Kno­ten zwi­schen Vor­hof und Kam­mer) lässt das Herz aller­dings in einem lang­sa­me­ren Rhyth­mus schla­gen. Er schafft in Ruhe ledig­lich 40–60 Schlä­ge pro Minute.

    Sogar bei Aus­fall der bei­den ers­ten Takt­ge­ber hat das Herz noch Not­fall­sys­te­me parat. Die­se schaf­fen aber nur weni­ge Schlä­ge pro Minu­te, was häu­fig nicht aus­reicht, um den Kör­per rich­tig mit Sau­er­stoff zu versorgen.

    Arten von Herzrhythmusstörungen

    Gerät die­ses aus­ge­klü­gel­te Sys­tem aus dem Takt, schlägt das Herz zu schnell, zu lang­sam oder voll­kom­men durch­ein­an­der, so spricht man von Herz­rhyth­mus­stö­run­gen. Man­che sind stö­rend aber harm­los, ande­re kön­nen zur stum­men Gefahr wer­den oder mas­si­ve Sym­pto­me verursachen.

    Bradykarde Rhythmusstörungen

    Von einer Bra­dy­kar­die wird gespro­chen, wenn das Herz zu lang­sam schlägt. Bei bra­dy­kar­den Herz­rhyth­mus­stö­run­gen liegt der Herz­schlag bei einem Erwach­se­nen in Ruhe unter 50–60 Schlä­gen pro Minu­te. Ver­schie­de­ne Arten von Herz­rhyth­mus­stö­run­gen kön­nen mit einem ver­lang­sam­ten Herz­schlag ein­her­ge­hen. Bei­spiels­wei­se kön­nen Erkran­kun­gen des Sinus­kno­tens, Blo­cka­den im Reiz­lei­tungs­sys­tem oder der Aus­fall des Sinus­kno­tens eine sol­che Stö­rung her­vor­ru­fen. Je nach­dem, wie lang­sam das Herz schlägt und wie lan­ge die­ser Zustand anhält, kann die­se Rhyth­mus­stö­rung mehr oder weni­ger schwer­wie­gend sein.

    Tachykarde Rhythmusstörungen

    Von einer Tachy­kar­die wird gespro­chen, wenn das Herz zu schnell schlägt. Bei tachy­kar­den Herz­rhyth­mus­stö­run­gen liegt der Herz­schlag bei einem Erwach­se­nen in Ruhe über 100 Schlä­gen pro Minu­te. Auch ein zu schnel­ler Herz­schlag kann bei unter­schied­li­chen Rhyth­mus­stö­run­gen auf­tre­ten. Der schnel­le Rhyth­mus kann in den Vor­hö­fen ent­ste­hen, wo der Sinus­kno­ten sitzt, oder wei­ter unten im Reiz­lei­tungs­sys­tem. Ent­steht das Pro­blem wei­ter unten, sind die Herz­kam­mern betrof­fen. Ob die Tachy­kar­die gefähr­lich wird, kommt auf den Ent­ste­hungs­ort und die Anzahl der Schlä­ge pro Minu­te an.

    Vorhofflattern

    Bei Vor­hoff­lat­tern schla­gen die Vor­hö­fe regel­mä­ßig mit einer Geschwin­dig­keit von 200–350 mal pro Minu­te. Da das Reiz­lei­tungs­sys­tem einen Fil­ter zum Schutz der Vor­hö­fe besitzt, wer­den in der Regel nicht alle Schlä­ge auf das gesam­te Herz über­tra­gen. So schlägt das Herz zwar ins­ge­samt zu schnell, jedoch nor­ma­ler­wei­se nicht so schnell, dass es akut zu Pro­ble­men kommt. In vie­len Fäl­len tritt es vor­über­ge­hend auf. Auf Dau­er vor­han­de­nes Vor­hoff­lat­tern muss aller­dings behan­delt wer­den, da sich sonst Blut­ge­rinn­sel in den “flat­tern­den” Vor­hö­fen bil­den kön­nen. Die­se kön­nen im schlimms­ten Fall zu Lun­gen­em­bo­lien, Schlag­an­fäl­len und Herz­in­fark­ten führen.

    Vorhofflimmern

    Das Vor­hof­flim­mern ähnelt dem Vor­hoff­lat­tern, jedoch schla­gen die Vor­hö­fe hier unre­gel­mä­ßig und mit einer Fre­quenz von 350–600 pro Minu­te. Das Vor­hof­flim­mern ist eine häu­fi­ge Herz­rhyth­mus­stö­rung und die Wahr­schein­lich­keit dar­an zu erkran­ken nimmt im Alter zu. Dabei kann das Flim­mern nur kurz­zei­tig oder per­ma­nent auf­tre­ten und bleibt in man­chen Fäl­len sogar unbe­merkt, bis es durch ein Blut­ge­rinn­sel zu einem Schlag­an­fall oder ähn­li­chem kommt. Dar­um sind regel­mä­ßi­ge Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen ab einem bestimm­ten Alter oder bei Risi­ko­grup­pen mit Vor­er­kran­kun­gen wie Blut­hoch­druck oder Dia­be­tes beson­ders wich­tig. Eini­ge Betrof­fe­ne ver­spü­ren Sym­pto­me wie Herz­ra­sen, Unru­he oder Ohnmachtsanfälle.

    Kammerflattern

    Beim Kam­mer­flat­tern schla­gen die Herz­kam­mern mit einer Geschwin­dig­keit von 250–320 mal pro Minu­te. Die Schlag­fre­quenz der Kam­mern bestimmt, wie viel Blut aus­ge­wor­fen wird und wie schnell letzt­end­lich unser Puls ist. Das Kam­mer­flat­tern führt zu star­kem Herz­ra­sen und kann leicht in das lebens­be­droh­li­che Kam­mer­flim­mern übergehen.

    Kammerflimmern

    Das Kam­mer­flim­mern beschreibt eine Stö­rung, bei der die Herz­kam­mern unre­gel­mä­ßig und mit einer Fre­quenz von über 320 pro Minu­ten schla­gen. Bei die­ser Geschwin­dig­keit schafft es das Herz nicht mehr ordent­lich zu pum­pen. Es zuckt so schnell, dass sich die Kam­mern nicht mehr zusam­men­zie­hen kön­nen und kein Blut aus­ge­wor­fen wird. Es kommt zum lebens­ge­fähr­li­chen Kreis­lauf­still­stand. Die Betrof­fe­nen wer­den bewusst­los und hören auf zu atmen.

    Die­ser Not­fall erfor­dert eine sofor­ti­ge Herz-Lun­gen-Wie­der­be­le­bung und die Behand­lung durch einen Not­arzt. Bereits zehn Minu­ten nach Ein­set­zen des Kreis­lauf­still­stan­des kommt es zu blei­ben­den Hirn­schä­den, wenn kei­ne wie­der­be­le­ben­den Maß­nah­men durch­ge­führt wer­den. Die Herz-Lun­gen-Wie­der­be­le­bung schützt das Gehirn so lan­ge vor Schä­den, bis der Not­arzt mit der rich­ti­gen Behand­lung begin­nen kann.

    Extrasystolen

    Als Extra­sy­stolen bezeich­net man zusätz­li­che Herz­schlä­ge außer­halb des nor­ma­len Herz­rhyth­mus. Auch bei einem voll­kom­men gesun­den Men­schen kön­nen die­se Zusatz­schlä­ge mehr­fach am Tag auf­tre­ten und haben in den meis­ten Fäl­len kei­nen Krank­heits­wert. Jedoch kön­nen sehr häu­fi­ge oder schnell hin­ter­ein­an­der auf­tre­ten­de Extra­sy­stolen den Rhyth­mus des Her­zens stö­ren und zu Pro­ble­men führen.

    Arrythmie

    Als Arrhyth­mie bezeich­net man alle Arten von Rhyth­mus­stö­run­gen, die unre­gel­mä­ßig sind. Dazu gehö­ren bei­spiels­wei­se Rhyth­men mit vie­len Extra­sy­stolen, Vor­hof­flim­mern oder bestimm­te Reiz­lei­tungs­stö­run­gen. Bei leich­ten Arrhyth­mi­en ver­spü­ren die Betrof­fen häu­fig ein Herzstolpern.

    Reizleitungsstörungen

    Unter Reiz­lei­tungs­stö­run­gen wer­den alle Stö­run­gen zusam­men­ge­fasst, bei denen die Wei­ter­lei­tung des Signals das vom Takt­ge­ber aus­geht, nicht rich­tig funk­tio­niert. Häu­fig fin­det man Blo­cka­den in der Wei­ter­lei­tung, sodass nicht alle Signa­le des Sinus­kno­tens auch wirk­lich zu einem Herz­schlag füh­ren. Ein Bei­spiel dafür ist der soge­nann­te AV-Block.

    Therapie von Herzrhythmusstörungen

    Die The­ra­pie ist abhän­gig von der Art der Rhyth­mus­stö­rung. Zuerst soll­te immer der Ursa­che auf den Grund gegan­gen und die­se beho­ben wer­den. Hin­ter man­chen die­ser Stö­run­gen ver­ber­gen sich chro­ni­sche oder aku­te Erkran­kun­gen, mit deren Behand­lung auch das Herz wie­der ins Gleich­ge­wicht kommt. Liegt kei­ne ande­re Erkran­kung vor, ist die Ursa­che nicht zu behe­ben und ist das Herz nur leicht aus dem Rhyth­mus gera­ten, kann oft gut mit Medi­ka­men­ten gegen­ge­steu­ert werden.

    Bei schwe­re­ren Rhyth­mus­stö­run­gen oder wenn die Medi­ka­men­te nicht anschla­gen, gibt es wei­te­re The­ra­pie­mög­lich­kei­ten. Die Kar­dio­ver­si­on bringt das Herz mit einem geziel­ten Strom­stoß wie­der in den rich­ti­gen Takt. Bei einer Abla­ti­on kann kran­kes Herz­ge­we­be zer­stört wer­den, damit das gesun­de Gewe­be sei­ne Funk­ti­on wie­der voll erfül­len kann. Eini­ge Fäl­le erfor­dern den Ein­satz eines Herzschrittmachers.

    Wel­che Behand­lungs­me­tho­de in wel­chem Fall die The­ra­pie der Wahl ist, wird durch vie­le Fak­to­ren beein­flusst. Dar­um ist es von größ­ter Bedeu­tung, sich in die Hän­de eines Spe­zia­lis­ten, also eines Kar­dio­lo­gen zu begeben.

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    Dr. med. Natascha Kern
    Unse­re Exper­tin: Dr. med. Nata­scha KernÄrz­tinArzt/Ärztin nach gel­ten­der Approbationsordnung
    Dr. Nata­scha Kern stu­dier­te Human­me­di­zin an der Johann Wolf­gang von Goe­the-Uni­ver­si­tät in Frank­furt am Main. Sie arbei­tet am Insti­tut für Rechts­me­di­zin in Frank­furt. Zwi­schen 2017 und Ende 2019 schreibt sie als Gast­au­torin auch für Health Rise.