Diabetes mellitus: Unterscheidung von Typ 1 und Typ 2

    Zuletzt aktualisiert am Freitag, den

    Der Arzt stellt den Diabetes Typ fest und entscheidet über die Therapie

    Was ist Diabetes?

    Das Wort Dia­be­tes bedeu­tet über­setzt ‘durch­flie­ßen’ und bezeich­net eine Rei­he von Erkran­kun­gen, die einen erhöh­ten Harn­drang, also einen erhöh­ten ‘Durch­fluss’ zur Fol­ge haben. Umgangs­sprach­lich ver­wen­det man das Wort Dia­be­tes häu­fig für die Erkran­kung Dia­be­tes mel­li­tus (‘honig­sü­ßer Durch­fluss’). Bes­ser bekannt als die ‘Zucker­krank­heit’. Aller­dings gibt es außer dem erhöh­ten Blut­zu­cker noch mehr Ursa­chen, die zu einem Dia­be­tes füh­ren können.

    Diabetes mellitus

    Die­se Form des Dia­be­tes ist die wohl bekann­tes­te. Der Name ‘Zucker­krank­heit’ beschreibt bereits das Pro­blem: Der Blut­zu­cker ist dau­er­haft erhöht. Dies kann über län­ge­re Zeit schwer­wie­gen­de Fol­gen haben, denn ein Zuviel an Zucker schä­digt auf Dau­er die Ner­ven und Gefä­ße. Fer­ner kann ein Dia­be­tes mel­li­tus bereits im Kin­des- oder Jugend­al­ter bestehen oder erst spä­ter neu auf­tre­ten. Dem­nach wer­den zwei For­men unterschieden:

    Typ 1

    Um Zucker vom Blut in die Zel­len auf­zu­neh­men und rich­tig ver­ar­bei­ten zu kön­nen, spielt das von der Bauch­spei­chel­drü­se (Pan­kre­as) pro­du­zier­te Insu­lin eine wich­ti­ge Rol­le. Beim Typ-1-Dia­be­tes-mel­li­tus han­delt es sich um eine Auto­im­mun­erkran­kung, bei wel­cher der Kör­per die eige­nen Insu­lin-pro­du­zie­ren­den Zel­len der Bauch­spei­chel­drü­se (Beta-Zel­len) angreift und zer­stört. Bei der Ent­ste­hung schei­nen Ver­er­bung und Umwelt­fak­to­ren wie Virus­in­fek­te betei­ligt zu sein. Infol­ge­des­sen kann das lebens­wich­ti­ge Insu­lin nicht mehr her­ge­stellt wer­den und der Blut­zu­cker­spie­gel steigt. Die­se Form tritt meis­tens in jun­gen Jah­ren auf.

    Typ 2

    Der Typ‑2 wur­de frü­her auch als Alters­dia­be­tes bezeich­net, da ihn ver­mehrt älte­re Men­schen bekom­men haben. Aller­dings sind heut­zu­ta­ge auch immer öfter jun­ge Leu­te von der Erkran­kung betrof­fen. Im Gegen­satz zum Typ‑1 han­delt es sich hier nicht um eine Auto­im­mun­erkran­kung. Obwohl eine gene­ti­sche Ver­an­la­gung mit­be­tei­ligt zu sein scheint, sind hier die Umwelt­fak­to­ren aus­schlag­ge­bend. Durch eine Ernäh­rung mit zu gro­ßen Men­gen an Zucker und einem Bewe­gungs­man­gel ist ein stän­di­ges Über­an­ge­bot an Zucker vor­han­den. Um den gan­zen Zucker in die Zel­len zu trans­por­tie­ren und ver­wer­ten zu kön­nen, muss die Bauch­spei­chel­drü­se im Akkord arbei­ten. Dadurch reagie­ren die Zel­len irgend­wann nicht mehr ange­mes­sen auf das Insu­lin und es ent­steht eine Art ‘Resis­tenz’. Es ist mehr Insu­lin nötig, um die Zucker­men­gen zu bewäl­ti­gen. Dar­auf­hin erschöpft die Bauch­spei­chel­drü­se und es kommt zu einem Man­gel. Der Blut­zu­cker­spie­gel steigt.

    Was macht zu viel Zucker mit unserem Körper?

    Ist der Blut­zu­cker­spie­gel kurz­zei­tig erhöht, spürt man davon in der Regel nichts. Jedoch führt eine dau­er­haf­te Erhö­hung zu einer Rei­he an Sym­pto­men und über Jah­re kön­nen schwe­re Kom­pli­ka­tio­nen fol­gen, wenn der Blut­zu­cker nicht rich­tig ein­ge­stellt ist.

    Als Sym­pto­me kön­nen auftreten:

    • Ver­mehr­ter Durst
    • Ver­mehr­ter Harn­drang und ver­mehr­tes Wasserlassen
    • Zucker im Urin, was Harn­wegs­in­fek­te begünstigt
    • Abge­schla­gen­heit, Leis­tungs­min­de­rung, Müdigkeit
    • Juck­reiz
    • Gewichts­ver­lust und Magen-Darm-Pro­ble­me (vor allem bei Typ-1-Diabetikern)

    Ist der Blut­zu­cker­spie­gel über Jah­re hin­weg erhöht, weil bei­spiels­wei­se die The­ra­pie nicht kon­se­quent ein­ge­hal­ten wird oder trotz Behand­lung kei­ne opti­ma­len Wer­te erreicht wer­den kön­nen, so sind fol­gen­de Kom­pli­ka­tio­nen möglich:

    • Schä­di­gung der klei­nen und gro­ßen Blut­ge­fä­ße mit Durch­blu­tungs­stö­run­gen ver­schie­de­ner Orga­ne wie Augen oder Nie­ren und schlecht hei­len­den Wun­den bis hin zu Amputationen
    • Schä­di­gung der Ner­ven mit Aus­prä­gun­gen wie Gleich­ge­wichts­stö­run­gen oder der Fol­ge, dass die Schmerz­wahr­neh­mung abnimmt und Wun­den oder schwe­re orga­ni­sche Erkran­kun­gen erst ver­spä­tet auffallen
    • Eine Schwä­chung des Immun­sys­tems mit ver­mehr­ten Infektionen
    • Ver­än­de­run­gen der Haut und des Bindegewebes

    Therapiemöglichkeiten

    Der Typ-1-Dia­be­tes benö­tigt eine ange­pass­te Gabe von Insu­lin, da die Bauch­spei­chel­drü­se selbst nicht mehr in der Lage ist, das Insu­lin zu pro­du­zie­ren. Diä­ten oder Sport hel­fen hier nicht. Es gibt ver­schie­de­ne Mög­lich­kei­ten der Insu­lin­the­ra­pie. Einer­seits kann die Insu­lin­men­ge fest­ge­setzt und die Ernäh­rung dar­auf abge­stimmt wer­den oder die Insu­lin­ga­be erfolgt nach Sche­ma, ange­passt an die jewei­li­gen Maß­nah­men. Dabei sind regel­mä­ßi­ge Blut­zu­cker­kon­trol­len notwendig.

    Zudem gibt es inzwi­schen Insu­lin­pum­pen, die vie­len Betrof­fe­nen bei der rich­ti­gen Ein­stel­lung hel­fen kön­nen und häu­fi­ges Sprit­zen erset­zen. Außer­dem soll­ten Kon­trol­len beim Arzt statt­fin­den um den Lang­zeit­wert HbA1c opti­mal ein­zu­stel­len. Bei einer Insu­lin­the­ra­pie besteht die Gefahr einer Unter­zu­cke­rung auf­grund einer Insu­lin Über­do­sie­rung, die unbe­dingt ver­mie­den wer­den muss. Eine sol­che Unter­zu­cke­rung kann lebens­be­droh­lich sein.

    Bei dem Typ‑2 ist die Ver­än­de­rung des Lebens­stils die wich­tigs­te The­ra­pie. Mit­tels Ernäh­rungs­um­stel­lung, Gewichts­ab­nah­me und mehr Bewe­gung kann sich die Bauch­spei­chel­drü­se wie­der voll­stän­dig erho­len. Kann eine Ände­rung des Lebens­stils nicht dau­er­haft umge­setzt wer­den, so kom­men soge­nann­te ora­le Anti­dia­be­ti­ka wie das Met­formin oder ande­re Medi­ka­men­te zum Ein­satz. Sie haben unter­schied­li­che Wir­kungs­me­cha­nis­men um den Blut­zu­cker zu sen­ken und der Betrof­fe­ne muss mit dem Arzt zusam­men schau­en, was für ihn das rich­ti­ge Medi­ka­ment ist. Führt auch das nicht zu einer aus­rei­chen­den Sen­kung des Blut­zu­cker­spie­gels, so muss man eine Insu­lin­the­ra­pie begin­nen, um schwer­wie­gen­den Kom­pli­ka­tio­nen vorzubeugen.

    Schwangerschaftsdiabetes

    Der Schwan­ger­schafts­dia­be­tes (Gesta­ti­ons­dia­be­tes) ist wie der Dia­be­tes-mel­li­tus eine Erkran­kung des Zucker­stoff­wech­sels. Die Ursa­che hier­für ist, dass die Schwan­ger­schafts­hor­mo­ne den Insu­lin­be­darf stei­gern. Wie beim Typ-2-Dia­be­tes kann dies dazu füh­ren, dass die Bauch­spei­chel­drü­se erschöpft und den Bedarf nicht mehr decken kann.

    Die Erkran­kung kann jeder­zeit in der Schwan­ger­schaft auf­tre­ten und ist gar nicht so sel­ten. Dar­um soll­ten über die gesam­te Schwan­ger­schaft hin­weg regel­mä­ßig Kon­trol­len erfol­gen. Nicht recht­zei­tig erkannt, kann es zu Kom­pli­ka­tio­nen für Mut­ter und Kind kom­men. Neben dem erhöh­ten Risi­ko für Harn­wegs­in­fek­tio­nen kann eine Prä­ek­lamp­sie auf­tre­ten, die für Mut­ter und Kind gefähr­lich wer­den kann. Zudem kommt es zu einer Art Zucker-Mast im Mut­ter­leib und die Kin­der kom­men oft mit einem über­durch­schnitt­lich hohem Geburts­ge­wicht zur Welt. Einer­seits ist eine natür­li­che Geburt so meist nicht mög­lich und es muss ein Kai­ser­schnitt erfol­gen, ande­rer­seits kämp­fen die Kin­der im Lau­fe ihres Lebens selbst mit Gewichtsproblemen.

    Die Behand­lung erfolgt in der Schwan­ger­schaft mit einer ange­pass­ten Ernäh­rung und der Gabe von Insu­lin. Da Insu­lin nor­ma­ler­wei­se vom Kör­per selbst her­ge­stellt wird, besteht bei rich­ti­ger Anwen­dung und Dosie­rung kei­ne Gefahr für das Kind und die Erfol­ge sind meist gut.

    Nach Ende der Schwan­ger­schaft regu­liert sich der Stoff­wech­sel häu­fig selbst und der Dia­be­tes ver­schwin­det. Jedoch bleibt im Anschluss das Risi­ko erhöht, an einem Typ-2-Dia­be­tes zu erkranken.

    Diabetes insipidus

    Anders als bei den oben beschrie­be­nen Dia­be­tes-For­men han­delt es sich hier nicht um eine Stö­rung des Zucker­stoff­wech­sels. Der Dia­be­tes insi­pi­dus ist wesent­lich sel­te­ner als der Dia­be­tes mel­li­tus oder der Schwan­ger­schafts­dia­be­tes. Bei die­ser Erkran­kung wird zu viel Was­ser aus­ge­schie­den. Nor­ma­ler­wei­se die­nen die Nie­ren dazu, was­ser­lös­li­che Abfall­pro­duk­te wie Harn­stoff aus dem Kör­per her­aus­zu­trans­por­tie­ren. Dabei fil­tern die Nie­ren die­se Stof­fe erst mit gro­ßen Men­gen aus dem Blut. Um nicht zu viel Was­ser zu ver­lie­ren, haben die Nie­ren bestimm­te Trans­por­ter, die das meis­te Was­ser wie­der in den Kör­per zurück trans­por­tie­ren. Ist die­ser Mecha­nis­mus gestört, geht das Was­ser über gro­ße Urin­men­gen ver­lo­ren und die Betrof­fe­nen haben stän­dig Durst, um den Ver­lust aus­zu­glei­chen. Da auch nachts ver­mehr­ter Harn­drang besteht, lei­den vie­le Erkrank­te unter Schlaf­stö­run­gen. Durch den stän­di­gen Was­ser­ver­lust kann auch der Elek­tro­lyt­haus­halt aus dem Gleich­ge­wicht geraten.

    Die­se Wie­der­auf­nah­me des Was­sers kann an zwei Stel­len gestört sein:

    Diabetes insipidus centralis

    Die Trans­por­ter in der Nie­re, die zum Rück­trans­port von Was­ser in den Kör­per die­nen, wer­den über Hor­mo­ne gesteu­ert. Das Hor­mon ADH (Anti­di­ure­ti­sches Hor­mon) wird in einem Teil des Gehirns (Hypo­tha­la­mus) pro­du­ziert und über den Hin­ter­lap­pen der Hirn­an­hangs­drü­se (Hypo­phy­se) abge­ge­ben. Ist eine die­ser Stel­len beschä­digt, kann das Hor­mon nicht oder nicht mehr aus­rei­chend her­ge­stellt wer­den und somit kön­nen die Trans­por­ter in der Nie­re nicht rich­tig arbei­ten. Ursäch­lich kön­nen Ver­let­zun­gen, Ent­zün­dun­gen oder Tumo­re in die­sen Berei­chen sein. Doch gibt es auch Fäl­le, in denen schein­bar kei­ne Ursa­che vorliegt.

    Diabetes insipidus renalis

    Bei die­ser Form wird das Hor­mon ADH zwar in aus­rei­chen­der Men­ge aus­ge­schüt­tet, aller­dings kann es an der Nie­re sei­ne Funk­ti­on nicht aus­üben. Grund dafür kön­nen Erkran­kun­gen der Nie­re (Ent­zün­dun­gen, Nie­ren­schwä­che), bestimm­te Medi­ka­men­te, Ver­gif­tun­gen oder Erb­er­kran­kun­gen sein.

    Therapie

    Wird das Hor­mon ADH nicht aus­rei­chend her­ge­stellt, kann ein Stoff mit ähn­li­cher Wir­kung (Des­mo­pres­sin) als Nasen­spray oder in Form von Tablet­ten ver­ab­reicht wer­den. Besteht eine Grund­er­kran­kung wie ein Tumor oder eine Ent­zün­dung, soll­ten man die­se ent­spre­chend behandeln.

    Ist das Hor­mon in aus­rei­chen­der Men­ge vor­han­den, aber kann nicht rich­tig an der Nie­re wir­ken, hilft die Gabe von Des­mo­pres­sin nicht. Hier soll­te man eben­falls wenn mög­lich das Grund­lei­den behan­deln. Man soll­te ver­su­chen, durch die Gabe bestimm­ter Medi­ka­men­te den Rück­trans­port von Sal­zen in den Kör­per zu stei­gern, die auto­ma­tisch Was­ser mit sich ziehen.

    Andere Diabetes-Formen

    Neben den aus­führ­lich bespro­che­nen For­men gibt es noch ande­re Arten des Dia­be­tes. Dazu zäh­len sel­te­ne, erb­lich beding­te Erkran­kun­gen, die neben vie­len wei­te­ren Sym­pto­men auch zu einer ver­mehr­ten Urin­aus­schei­dung füh­ren kön­nen. Bei­spie­le dafür sind der Phos­phat­dia­be­tes oder der Amindiabetes.

    Quellen

    4.9
    /
    5
    (
    8

    Stimmen 

    )
    Dr. med. Natascha Kern
    Unse­re Exper­tin: Dr. med. Nata­scha KernÄrz­tinArzt/Ärztin nach gel­ten­der Approbationsordnung
    Dr. Nata­scha Kern stu­dier­te Human­me­di­zin an der Johann Wolf­gang von Goe­the-Uni­ver­si­tät in Frank­furt am Main. Sie arbei­tet am Insti­tut für Rechts­me­di­zin in Frank­furt. Zwi­schen 2017 und Ende 2019 schreibt sie als Gast­au­torin auch für Health Rise.