Schwarz oder weiß? Gut oder böse? Für den Borderliner gibt es nur das eine oder das andere. Grautöne kennt er nicht. Entweder liebt er seinen Partner über alles oder er hasst ihn und schickt ihn zum Teufel, nur, um ihn von Neuem an sich zu binden.
Einmal findet er sich selbst genial, ein anderes Mal völlig ungenügend. Beziehungen, Emotionen, Denken oder Handeln: Menschen mit einer Borderline-Störung zeigen in diesen Bereichen Verhaltensweisen, die kaum nachvollziehbar sind.
Erfahren Sie in diesem Artikel, was Borderline ist, wie die Störung entsteht und wie sie behandelt wird.
- Identität und Selbstwahrnehmung sind bei Borderlinern gestört.
- Die Symptome sind sehr vielseitig und äußern sich oft in zwischenmenschlichen Beziehungen.
- Wut und Anspannung können die Betroffenen nicht kontrollieren und es kann zu handfesten Streits kommen.
- Gute Therapierfolge liefern derzeit die dialektisch-behaviorale Therapie (DBT) und die übertragungsfokussierte Psychotherapie, die auf Englisch als transference-focused Psychotherapy (TFP) bekannt ist.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Was ist eine Borderline-Störung?
- 2 Symptome der Borderline-Persönlichkeitsstörung
- 3 Borderliner haben einen enormen Leidensdruck
- 4 Entstehung und Ursachen der Störung
- 5 Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung
- 6 Unterschied zur bipolaren Störung
- 7 Hier finden Borderliner Hilfe
- 8 Quellen
Was ist eine Borderline-Störung?
Die Borderline-Störung gehört gemäß der Internationalen Klassifikation psychischer Störungen zu den instabilen Persönlichkeitsstörungen. Wer eine Störung der Persönlichkeit aufweist, zeigt in vielen Situationen Erlebens- und Verhaltensmuster, die von den Erwartungen der Gesellschaft abweichen.
Diese Muster sind beständig, tief greifend und stabil. Das heißt, sie verändern sich im Laufe des Lebens ohne entsprechende Hilfe nicht oder nur wenig. Wenn hingegen erfolgreich therapiert wird, dann stehen die Chancen gut, dass die Symptome verschwinden.
Erfolgreich lässt sich Borderline mit der Dialektisch-Behavioralen Therapie behandeln. Ergänzt wird dieses durch das Antrainieren von hilfreichen Skills, mit denen sie sich in Krisen selbst behelfen können. Diese anerkannte Behandlung bei Borderline wird inzwischen in 35 deutschen Kliniken angeboten. Édouard Sevier in Borderline — es gibt immer eine Lösung.
Nicht bei jedem, aber, wie Édouard Sevier in seinem Aufsatz schreibt, weisen immerhin 40 Prozent der so behandelten Patienten bei Untersuchungen, die 15 Jahre nach dem Klinikaufenthalt vorgenommen wurden, keine Symptome einer Borderlinestörung mehr auf.
70 Prozent der Befragten und untersuchten Klinikpatienten fühlten sich nach durchgeführten Therapien deutlich besser.
Der Borderline-Betroffene ist in vielen Lebenslagen eingeschränkt. Beeinträchtigt sind seine Gedanken, Gefühle, Beziehungen und die Impulskontrolle. Allerdings ist der Übergang zwischen einer als Krankheit geltenden Persönlichkeitsstörung und einem extremen Persönlichkeitsstil fließend.
Ob eine Störung vorliegt, muss ein Fachmann entscheiden. Einen ersten Anhaltspunkt kann der Borderline Selbsttest der Psychiatrische Dienste Graubünden geben.
Symptome der Borderline-Persönlichkeitsstörung
Die Symptome der Störung sind vielfältig. Typisch sind Probleme in zwischenmenschlichen Beziehungen. Borderliner haben Angst vor dem Verlassenwerden und tun alles, um dies zu verhindern.
Trotzdem ertragen sie die Nähe zu anderen Menschen auf Dauer schlecht. Mitmenschen werden einmal idealisiert, ein andermal entwertet. Die Beziehungen sind durch Instabilität gekennzeichnet.
Zudem haben Borderliner oft heftige Emotionen mit verzögertem Rückgang. Ihre Frustrationstoleranz ist niedrig, was sich gerade im Berufsleben und in Partnerschaften als Hemschuh für ein normales Miteinander zeigt.
Häufig können sie zwischen Gefühlen wie Angst, Wut und Trauer nicht differenzieren, was zu Spannungszuständen führt.
Dann wieder empfinden sie völlige Leere. Die Identität des Borderliners ist gestört. Sein Selbstbild ist verzerrt und er ist sich oft selbst fremd. Meist fühlt er sich minderwertig und ist unsicher, wie er sich in sozialen Situationen verhalten soll.
Sein Denken ist festgefahren und manchmal magisch (in der Psychologie eine Erscheinungsform, bei der eine Person annimmt, dass eigene Worte, Gedanken oder Handlungen Einfluss auf nicht damit verbundene Ereignisse haben) oder paranoid.
Dem Borderliner fehlt eine gewisse Impulskontrolle und er zeigt selbstschädigendes Verhalten. Dieses selbstschädigende Verhalten kann eine große Spannbreite einnehmen: am bekanntesten ist sicherlich das Ritzen oder Schneiden, aber auch das Selbstzufügen von Verbrennungen mit Zigaretten, das Ausreißen von Haarbüscheln, das sich selbst und andere gefährende viel zu schnelle Fahren mit dem Auto, risikoreiche Sexualpraktiken und andere Extreme können hier praktiziert werden.
Alle Borderline Symptome im Überblick:
- Unbeständige zwischenmenschliche Beziehungen
- Impulsives und häufig selbstzerstörerisches Verhalten
- Spannungszustände und Gefühle von Leere
- Stimmungsschwankungen
- Selbstverletzungen
- Verzerrtes Selbstbild
- Paranoide Phantasien
Borderliner haben einen enormen Leidensdruck
Borderliner finden ihr Leben zeitweise unerträglich. Sie kämpfen mit ihren Stimmungsschwankungen, haben ein labiles Selbstwertgefühl, bringen keine stabile Beziehung zustande und machen unüberlegte Dinge, die ihnen später leidtun.
Es fällt ihnen schwer, ein ausgeglichenes Leben zu führen. Sie wechseln Freunde, Wohnort und Job oft häufig. Die Betroffenen spüren, dass sie anders sind, wissen jedoch nicht, woran das liegt oder wie sie es ändern könnten.
Depression und Missbrauch von schädigenden Substanzen kommen häufig zur Borderline-Störung hinzu. Die Angehörigen leiden unter den Beziehungstests des Borderliners, seiner Impulsivität und darunter, dass sie kaum Möglichkeiten haben, ihm zu helfen.
Egal, was sie tun, je nach Stimmungslage wird der Borderliner sie vergöttern oder ablehnen.
Entstehung und Ursachen der Störung
Die Borderline-Störung entwickelt sich meist bereits in der Kindheit oder Jugendzeit. Man geht davon aus, dass eine gewisse genetische Veranlagung besteht. Diese reicht alleine jedoch nicht aus.
Erfährt ein Kind zusätzlich Ablehnung oder erlebt traumatisches wie körperlichen oder psychischen Missbrauch, erhöht sich die Chance für eine Borderline-Störung. Kann das Kind die Gefühle bei diesen negativen Erfahrungen nicht regulieren, neigt es zur Dissoziation.
Das heißt, es spaltet gewisse psychische Funktionen voneinander ab und bildet dysfunktionale Vorstellungen von seiner Umwelt. Es teilt diese in gut und schlecht ein.
Als Folge kann es sich nicht richtig an der Realität orientieren und verhält sich entsprechend unangemessen. Dies ruft Reaktionen hervor, die das Kind nicht versteht. Es empfindet die Welt als unberechenbar und verhält sich erneut unpassend. Ein Teufelskreis entsteht.
Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung
Viele Borderliner merken zwar, dass sie anders sind, kämen jedoch nie auf die Idee, deswegen Hilfe in Anspruch zu nehmen. Wenn sie doch einen Fachmann aufsuchen, treten bald Probleme in der Beziehung zum Therapeuten auf. Therapieabbrüche sind häufig.
Als hilfreich hat sich zum Beispiel die Dialektisch-Behaviorale Therapie erwiesen. Sie ist eine spezielle Psychotherapie, die festgefahrene Gedanken- und Verhaltensmuster analysiert und dem Betroffenen hilft, diese zu verändern.
Ist der Patient besonders stark beeinträchtigt, zusätzlich depressiv, suizidal oder drogenabhängig, kann ein stationärer Aufenthalt sinnvoll sein. Dies muss von Fall zu Fall entschieden werden.
Ohne Psychotherapie nimmt die Stärke der Störung mit zunehmendem Alter meist ab, doch bleiben die Symptome bestehen.
Behandlung je nach individueller Situation
Borderline hat keinen einheitlichen Verlauf, sodass Therapien und Behandlungen stets individuell abgestimmt und je nach Symptomen und nach Symptomstärke der Patienten eingeleitet werden.
Alle Aspekte der Persönlichkeitsstörung sollten in der Therapie berücksichtigt und nach Wichtigkeit geordnet behandelt werden. Hat ein Patient beispielsweise suizidale Gedanken oder Absichten, sollten diese vorrangig behandelt werden.
Der individuelle Verlauf der Störung erfordert demnach unterschiedliche Behandlungsansätze. Oft werden Therapieformen kombiniert, die auf verschiedenen Ansätzen basieren:
- DBT (dialektisch behaviorale Therapie)
- SFT (schemfokussierte Therapie)
- MBT (mentalisierungsbasierte Therapie)
- TFP (transference Focussed Therapy)
All diese Methoden basieren auf verschiedenen Annahmen, welche Hauptursache für die Entstehung der Persönlichkeitsstörung verantwortlich ist. Therapeut und Patient erarbeiten gemeinsam, welcher Therapieansatz sinnvoll und zielführend ist.
Behandlung von Borderline mit Medikamenten
Es gibt keine Medikamente gegen Borderline — allerdings können bestimmte Medikamente helfen, extreme Gefühlszustände wie Ängste, Stimmungsschwankungen oder depressive Gedanken in den Griff zu bekommen.
Stabilisierende Medikamente, die im Rahmen einer Borderline-Therapie eingesetzt werden, sind zum Beispiel:
- Lithium
- Antidepressiva
- Neuroeleptika
- Sedativa
- Schlafmittel
Besonders wichtig ist, dass Psychopharmaka stets in Kombination mit einer Psychotherapie zum Einsatz kommen, da Medikamente lediglich symptomatisch wirken und die Borderline-Störung somit nicht heilen können.
Unterschied zur bipolaren Störung
Die bipolare Störung gehört zu den affektiven Störungen und ist keine Persönlichkeitsstörung. Es treten zwar extreme Stimmungsschwankungen auf, doch geschieht dies in Phasen. Depressive und manische Episoden wechseln sich ab.
Diese dauern meist länger an und werden im Gegensatz zur Borderline-Störung von Zeiten der psychischen Gesundheit unterbrochen.
Hier finden Borderliner Hilfe
Zwei Anlaufstellen möchten wir Ihnen gerne nennen. Zum einen die Telefonseelsorge, die Sie unter 0800/1110111 oder unter 0800/1110222 telefonisch oder unter www.telefonseelsorge.de erreichen. Des weiteren hat uns der Auftritt der Borderlineplattform (www.borderline-plattform.de) mit zahlreichen Unterkategorien überzeugt. Diese reichen von Büchern zum Thema, über die Therapeuten- und Kliniksuche und Selbsthilfegruppen bis zur Rubrik Austausch mit Forum, Mailingliste und Link-Liste.