Die gesetzlichen Krankenversicherungen haben sich im Leitfaden Prävention nach § 20 SGB V (Sozialgesetzbuch) dazu verpflichtet, Maßnahmen zu fördern, die die gesundheitlichen Belastungen der Arbeitswelt mindern und gesundheitliche Potenziale stärken sollen. Man findet diese Maßnahmen unter dem Begriff: betriebliche Gesundheitsförderung.
Ziel dieser Maßnahmen der betriebliche Gesundheitsförderung ist eine soziale Gleichstellung, unabhängig von Alter und Geschlecht. Durch das Angebot im Betrieb, kann sichergestellt werden, dass alle berufstätigen Versicherten das Angebot nutzen können.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Alles zum Thema betriebliches Gesundheitsmanagement und betriebliche Gesundheitsförderung
- 2 Was versteht man unter BGM (betriebliches Gesundheitsmanagement)?
- 3 Was bedeutet betriebliche Gesundheitsförderung nach § 20 SGB V?
- 4 Wodurch unterscheiden sich BGM/BGF nach § 20 SGB V
- 5 Ist BGM für (alle) Betriebe verpflichtend
- 6 Warum ist BGM/BGF (trotzdem) wichtig
- 7 Wer kann sich zur Fachkraft für betriebliches Gesundheitsmanagement ausbilden lassen?
- 8 Zertifizierte BGM- oder BGF-Angebote?
- 9 Betriebliche Gesundheitsförderung durch die Krankenkassen
- 10 Gibt es steuerliche Vorteile bei Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung
- 11 Vorteile für Arbeitnehmer durch betriebliche Gesundheitsförderung nach § 20 SGB V
- 12 Vorteile für Arbeitgeber durch betriebliche Gesundheitsförderung nach § 20 SGB V
- 13 Fazit: Warum sich betriebliche Gesundheitsförderung lohnt
- 14 Quellen
Alles zum Thema betriebliches Gesundheitsmanagement und betriebliche Gesundheitsförderung
In diesem Artikel erfahren Sie alles zum Thema betriebliches Gesundheitsmanagement und betriebliche Gesundheitsförderung. Wir haben die wichtigsten Infos und beantworten unter anderem diese Fragen:
- Was bedeutet betriebliches Gesundheitsmanagement und betriebliche Gesundheitsförderung?
- Welche Maßnahmen gehören zur betrieblichen Gesundheitsförderung?
- Warum ist BGM/BGF für Betriebe wichtig?
- Welche Vorteile genießen Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch BGM/BGF?
Was versteht man unter BGM (betriebliches Gesundheitsmanagement)?
Vom betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) spricht man vor allem in Hinblick auf die Planung und Organisation von Maßnahmen im Unternehmen. Grundsätzlich geht es um die Verbesserung des Arbeitsschutzes und ‑sicherheit, sowie um die Gesundheitsförderung.
Was sind gesundheitsfördernde Maßnahmen?
Das Angebot an gesundheitsfördernden Maßnahmen ist vielfältig. Im Prinzip ist alles, was das Wohlbefinden der Arbeitnehmer fördert beziehungsweise verbessert, eine gesundheitsfördernde Maßnahme, auch wenn nicht alles von den Krankenkassen übernommen oder bezuschusst wird.
So kann man bereits den Obst- oder Rohkostteller, den der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern kostenlos zur Verfügung stellt, als entsprechende Maßnahme werten. Auch das Angebot (gesunder) Getränke, wie Tee, Wasser oder Saft fällt in diese Kategorie. Die Möglichkeiten sind vielfältig und der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt.
mögliche Maßnahme | geeignet für folgende Unternehmensgröße | |||
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Kleinunternehmen unter 50 Mitarbeiter | Mittelständisches Unternehmen unter 250 Mitarbeiter | Großunternehmen mehr als 250 Mitarbeiter | ||
Frisches Obst anbieten | ✓ | ✓ | ✓ | |
Regelmäßig eine mobile Massage anbieten | ✓ | ✓ | ✓ | |
Kostenlose gesunde Getränke anbieten | ✓ | ✓ | ✓ | |
Einen Betriebsarzt | ✗ | ✓ | ✓ | |
Kostenlose Vorsorgeuntersuchungen anbieten | ✓ | ✓ | ✓ | |
Regelmäßige Arbeitsplatzbesichtigungen | ✓ | ✓ | ✓ | |
Ergonomische Arbeitsplatzanalysen | ✗ | ✓ | ✓ | |
aktive Pause anbieten | ✓ | ✓ | ✓ | |
gesundes Essen in der Kantine anbieten | ✗ | ✓ | ✓ | |
Coaching für Stressmanagement anbieten | ✗ | ✓ | ✓ | |
Mediation bei Konflikten | ✓ | ✓ | ✓ | |
Gesundheits-Schulungen | ✓ | ✓ | ✓ | |
Firmen-Fitness-Events | ✗ | ✓ | ✓ | |
Gleitzeit und Arbeitszeitkonto einrichten | ✓ | ✓ | ✓ | |
Kooperation mit Fitnessstudios | ✓ | ✓ | ✓ | |
Gesundheitsfördernde Maßnahmen nach § 20 SGB V
Zum anderen sind es Maßnahmen, die im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements nach den Vorgaben des § 20 SGB V durch die Krankenkassen gefördert werden. Damit Maßnahmen förderfähig sind, müssen sie von der zentralen Prüfstelle Prävention1) zertifiziert sein.
Diese geförderten Maßnahmen kommen nicht nur einzelnen Mitarbeitern zugute, sondern werden im gesamten Unternehmen oder zumindest in bestimmten Abteilungen durchgeführt. Diese können zertifizierte Kurse sein, die vor Ort von einem Trainer durchgeführt werden oder auch Onlinekurse, die direkt am Arbeitsplatz umgesetzt werden.
Steuerfreibeträge für Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung
Neben der Förderung durch die Krankenkassen gibt es auch die Möglichkeit, dass Arbeitgeber ihren Mitarbeitern freiwillig zertifizierte Angebote zur betrieblichen Gesundheitsförderung anbieten. Diese müssen aus folgenden Bereichen stammen:
- Bewegung — wie etwa Rückentraining, Yoga oder Pilates
- Ernährung — beispielsweise Diätprogramme oder Ernährungskurse
- Sucht — zum Beispiel Nichtraucherkurse oder Kurse gegen übermäßigen Alkoholkonsum
- Entspannung — wie unter anderem Tai Chi oder Qigong
Diese Maßnahmen sind im § 3 Nr. 34 EStG6) geregelt und bis zu einem Betrag von jährlich 600,- Euro pro Jahr und Mitarbeiter steuerfrei.
Die Steuerbefreiung gilt allerdings nur, wenn die Leistungen zusätzlich zum geschuldeten Arbeitsentgelt gezahlt werden. Eine “Entgeltumwandlung” ist nicht möglich.
Was bedeutet betriebliche Gesundheitsförderung nach § 20 SGB V?
Nach § 20 SGB V sind die gesetzlichen Krankenkassen dazu verpflichtet, Maßnahmen zur Gesundheitsförderung in den Betrieben zu fördern. Diese Leistung beziehungsweise die Leistungserbringer werden von der zentralen Prüfstelle Prävention, die von der “Kooperationsgemeinschaft gesetzlicher Krankenkassen” gegründet und verantwortet werden, geprüft und zertifiziert.
Wodurch unterscheiden sich BGM/BGF nach § 20 SGB V
BGM und BGF unterscheiden sich nicht, sondern sie ergänzen sich. Im Idealfall liefert das betriebliche Gesundheitsmanagement die Basis.
Das BGM beschreibt und definiert die Prozesse, die Unternehmenskultur, also wie mit den Mitarbeitern und deren Gesundheit umgegangen wird und die Führungskultur, sprich, welchen Stellenwert der Mensch im Unternehmen hat. Ist der Mitarbeiter nur ein “Kostenfaktor” oder wird er auch als Mensch mit Bedürfnissen wahrgenommen.
Viele Punkte sind im Arbeitsschutzgesetz geregelt. Das sollten aber nur die Minimalanforderungen sein und beschäftigt sich überwiegend mit der Gefahrenabwehr.
Führungskräfte sollen durch Fortbildungen sensibilisiert werden, um Störfaktoren frühzeitig zu erkennen und entsprechend gegenzusteuern. Damit ist das BGM eine Managementaufgabe.
Im Gegensatz dazu wird bei der betrieblichen Gesundheitsförderung direkt auf die Mitarbeiter abgezielt. Mitarbeiter sollen ihren Arbeitsalltag im Sinne ihrer Gesundheit strukturieren. Dies wird zum Beispiel durch Obstkörbe, kostenlose Getränke oder gemeinsame sportliche Aktivitäten erreicht.
Ist BGM für (alle) Betriebe verpflichtend
Nein, es gibt keine gesetzliche Verpflichtung, die Unternehmen zwingt, ein betriebliches Gesundheitsmanagement zu betreiben und Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung anzubieten.
Auch wenn das BGM nicht verpflichtend ist, so gilt trotzdem das Arbeitsschutzgesetz, nach welchem “Gefahren an ihrer Quelle zu bekämpfen sind” (§ 4 Absatz 2 ArbSchG2)).
Warum ist BGM/BGF (trotzdem) wichtig
Mit Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung können sich Arbeitgeber positionieren und sich gegenüber anderen Unternehmen hervorheben. Wer über das gesetzliche Mindestmaß “Arbeitsschutz” hinausgeht, tut etwas für die Gesundheit im Unternehmen, reduziert im Idealfall die Krankheitstage und stärkt das “Wir-Gefühl” der Belegschaft.
Ausfälle durch Krankheitstage4), die aktuell bei etwa 18 Tagen pro Jahr und Mitarbeiter liegen, kosten laut Handwerkskammer-Nordrhein-Westfalen Betriebe im Schnitt und je nach Branche mehr als 250,- Euro pro Arbeitnehmer und Tag. Das sind Kosten von über 4500,- Euro pro Jahr und Mitarbeiter.
Im Umkehrschluss bedeutet das, dass je nach angebotener gesundheitsfördernder Maßnahme, sich diese auch finanziell für das Unternehmen rentiert.
Um das betriebliche Gesundheitsmanagement und vor allem betriebliche Gesundheitsförderung in den Betrieben zu etablieren, ist es wenigstens für mittlere und größere Unternehmen hilfreich, wenn ein Mitarbeiter in diesen Bereichen geschult und ausgebildet ist.
Wer kann sich zur Fachkraft für betriebliches Gesundheitsmanagement ausbilden lassen?
Die Ausbildung zur Fachkraft für betriebliches Gesundheitsmanagement findet im Rahmen einer Weiterbildung für Fachkräfte aus der Fitness- und Gesundheitsbranche oder für interessierte Unternehmensmitarbeiter statt.
Es gibt keine Grundvoraussetzung für diese Ausbildung, jedoch sind theoretische und/oder praktische Vorkenntnisse von Vorteil.
Wo kann man diese Ausbildung machen?
Es gibt zahlreiche Akademien, die eine Ausbildung zur Fachkraft für betriebliches Gesundheitsmanagement anbieten. Die Ausbildung kann in Vollzeit oder berufsbegleitend erfolgen und dauert etwa 4 Wochen bis 6 Monate.
Nach bestandener Prüfung in der man praktische und theoretische Kenntnisse nachweisen muss, erhält man ein entsprechendes IHK-Zertifikat.
Zertifizierte BGM- oder BGF-Angebote?
Wer Kurse oder Programme zur betrieblichen Gesundheitsförderung nach § 20 SGB V anbieten möchte, muss diese bei der BGF-Koordinierungsstelle, vertreten durch den BKK Dachverband e.V., anmelden und genehmigen lassen. Nur diese sind zuschussfähig.
Es gibt allerdings auch die Möglichkeit ergonomische Messungen, die der Rückengesundheit dienen und denen eine individualisierte Rückenschule folgt, fördern zu lassen.
Betriebliche Gesundheitsförderung durch die Krankenkassen
Die Krankenkassen sind verpflichtet, Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung finanziell zu unterstützen. Diese müssen der gesamten Belegschaft oder einem größeren Kreis von Mitarbeitern zugutekommen.
Um Unternehmen den Prozess zu erleichtern, wird der Förderantrag nur an eine Krankenkasse gestellt. Dazu wendet man sich an die BGF-Koordinierungsstelle5). Diese klärt im Vorfeld, ob ein geplantes Projekt zuschussfähig ist und verweist an die zuständige Krankenkasse.
Gibt es steuerliche Vorteile bei Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung
Ja, seit dem 1. Januar 2008 werden bestimmte zertifizierte Maßnahmen, die die Mitarbeitergesundheit fördern, steuerlich3) unterstützt. Der Betrag beläuft sich seit Anfang 2020 auf bis zu 600,- Euro pro Mitarbeiter und Jahr, die er zusätzlich steuerfrei erhalten darf.
Vorteile für Arbeitnehmer durch betriebliche Gesundheitsförderung nach § 20 SGB V
Das sind die Vorteile, die Sie genießen, wenn Sie Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung nutzen:
- mein Gesundheitszustand verbessert sich
- meine gesundheitlichen Risiken mindern sich
- meine Arztbesuche reduzieren sich
- gesundheitliche Bedingungen im Unternehmen verbessern sich
- meine Belastungen verringern sich
- meine Lebensqualität verbessert sich
- ich kann meine Leistungsfähigkeit halten oder steigern
- meine Arbeitszufriedenheit erhöht sich
- das Betriebsklima verbessert sich
- meine Arbeitsabläufe werden optimiert
Vorteile für Arbeitgeber durch betriebliche Gesundheitsförderung nach § 20 SGB V
- sichert die Leistungsfähigkeit aller Mitarbeiter
- erhöht die Motivation der Mitarbeiter
- stärkt die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen
- reduziert die Kosten von Krankheits- und Produktionsausfälle
- steigert Produktivität und Qualität
- Aufwertung des Unternehmens-Image durch die Maßnahmen
- gestärkte Wettbewerbsfähigkeit
Fazit: Warum sich betriebliche Gesundheitsförderung lohnt
Das betriebliche Gesundheitsmanagement beziehungsweise die betriebliche Gesundheitsförderung ist mehr als nur Arbeitsschutz. Auch wenn die Maßnahmen nicht verpflichtend sind, sind sie sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer sehr sinnvoll.
Unter dem Strich kann ein Unternehmen durch entsprechende Maßnahmen Krankheitstage und damit Kosten in erheblicher Höhe sparen. Arbeitnehmer erlernen Techniken, mit denen sie sich länger gesund und schmerzfrei halten können. Insgesamt profitieren alle Seiten inklusive der Kostenträger.
Quellen
- GKV-Spitzenverband — Leitfaden Prävention
- Bundesamt für Justiz — Arbeitsschutzgesetz
- Bundesministerium für Gesundheit — Betriebliche Gesundheitsförderung
- Ärzteblatt — Betriebskrankenkassen verzeichnen hohen Krankenstand
- BGF-Koordinierungsstelle
- Bundesamt für Justiz — Einkommensteuergesetz § 3 EStG