Betriebliche Gesundheitsförderung nach § 20 SGB V

    Zuletzt aktualisiert am Donnerstag, den

    Die gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­run­gen haben sich im Leit­fa­den Prä­ven­ti­on nach § 20 SGB V (Sozi­al­ge­setz­buch) dazu ver­pflich­tet, Maß­nah­men zu för­dern, die die gesund­heit­li­chen Belas­tun­gen der Arbeits­welt min­dern und gesund­heit­li­che Poten­zia­le stär­ken sol­len. Man fin­det die­se Maß­nah­men unter dem Begriff: betrieb­li­che Gesundheitsförderung.

    Ziel die­ser Maß­nah­men der betrieb­li­che Gesund­heits­för­de­rung ist eine sozia­le Gleich­stel­lung, unab­hän­gig von Alter und Geschlecht. Durch das Ange­bot im Betrieb, kann sicher­ge­stellt wer­den, dass alle berufs­tä­ti­gen Ver­si­cher­ten das Ange­bot nut­zen können.


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    Alles zum Thema betriebliches Gesundheitsmanagement und betriebliche Gesundheitsförderung

    In die­sem Arti­kel erfah­ren Sie alles zum The­ma betrieb­li­ches Gesund­heits­ma­nage­ment und betrieb­li­che Gesund­heits­för­de­rung. Wir haben die wich­tigs­ten Infos und beant­wor­ten unter ande­rem die­se Fragen:

    • Was bedeu­tet betrieb­li­ches Gesund­heits­ma­nage­ment und betrieb­li­che Gesundheitsförderung?
    • Wel­che Maß­nah­men gehö­ren zur betrieb­li­chen Gesundheitsförderung?
    • War­um ist BGM/BGF für Betrie­be wichtig?
    • Wel­che Vor­tei­le genie­ßen Arbeit­ge­ber und Arbeit­neh­mer durch BGM/BGF?

    Was versteht man unter BGM (betriebliches Gesundheitsmanagement)?

    Vom betrieb­li­chen Gesund­heits­ma­nage­ment (BGM) spricht man vor allem in Hin­blick auf die Pla­nung und Orga­ni­sa­ti­on von Maß­nah­men im Unter­neh­men. Grund­sätz­lich geht es um die Ver­bes­se­rung des Arbeits­schut­zes und ‑sicher­heit, sowie um die Gesundheitsförderung.

    Was sind gesundheitsfördernde Maßnahmen?

    Das Ange­bot an gesund­heits­för­dern­den Maß­nah­men ist viel­fäl­tig. Im Prin­zip ist alles, was das Wohl­be­fin­den der Arbeit­neh­mer för­dert bezie­hungs­wei­se ver­bes­sert, eine gesund­heits­för­dern­de Maß­nah­me, auch wenn nicht alles von den Kran­ken­kas­sen über­nom­men oder bezu­schusst wird.

    So kann man bereits den Obst- oder Roh­kost­tel­ler, den der Arbeit­ge­ber sei­nen Mit­ar­bei­tern kos­ten­los zur Ver­fü­gung stellt, als ent­spre­chen­de Maß­nah­me wer­ten. Auch das Ange­bot (gesun­der) Geträn­ke, wie Tee, Was­ser oder Saft fällt in die­se Kate­go­rie. Die Mög­lich­kei­ten sind viel­fäl­tig und der Fan­ta­sie sind kaum Gren­zen gesetzt.

    mög­li­che Maßnahmegeeig­net für fol­gen­de Unternehmensgröße
    Klein­un­ter­neh­men unter 50 MitarbeiterMit­tel­stän­di­sches Unter­neh­men unter 250 MitarbeiterGroß­un­ter­neh­men mehr als 250 Mitarbeiter
    Fri­sches Obst anbieten
    Regel­mä­ßig eine mobi­le Mas­sa­ge anbieten
    Kos­ten­lo­se gesun­de Geträn­ke anbieten
    Einen Betriebs­arzt
    Kos­ten­lo­se Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen anbieten
    Regel­mä­ßi­ge Arbeitsplatzbesichtigungen
    Ergo­no­mi­sche Arbeitsplatzanalysen
    akti­ve Pau­se anbieten
    gesun­des Essen in der Kan­ti­ne anbieten
    Coa­ching für Stress­ma­nage­ment anbieten
    Media­ti­on bei Konflikten
    Gesund­heits-Schu­lun­gen
    Fir­men-Fit­ness-Events
    Gleit­zeit und Arbeits­zeit­kon­to einrichten
    Koope­ra­ti­on mit Fitnessstudios
    Health Rise Logo klein

    Gesundheitsfördernde Maßnahmen nach § 20 SGB V

    Zum ande­ren sind es Maß­nah­men, die im Rah­men des betrieb­li­chen Gesund­heits­ma­nage­ments nach den Vor­ga­ben des § 20 SGB V durch die Kran­ken­kas­sen geför­dert wer­den. Damit Maß­nah­men för­der­fä­hig sind, müs­sen sie von der zen­tra­len Prüf­stel­le Prä­ven­ti­on1) zer­ti­fi­ziert sein.

    Die­se geför­der­ten Maß­nah­men kom­men nicht nur ein­zel­nen Mit­ar­bei­tern zugu­te, son­dern wer­den im gesam­ten Unter­neh­men oder zumin­dest in bestimm­ten Abtei­lun­gen durch­ge­führt. Die­se kön­nen zer­ti­fi­zier­te Kur­se sein, die vor Ort von einem Trai­ner durch­ge­führt wer­den oder auch Online­kur­se, die direkt am Arbeits­platz umge­setzt werden.

    Steuerfreibeträge für Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung

    Neben der För­de­rung durch die Kran­ken­kas­sen gibt es auch die Mög­lich­keit, dass Arbeit­ge­ber ihren Mit­ar­bei­tern frei­wil­lig zer­ti­fi­zier­te Ange­bo­te zur betrieb­li­chen Gesund­heits­för­de­rung anbie­ten. Die­se müs­sen aus fol­gen­den Berei­chen stammen:

    steu­er­lich rele­van­te Maßnahmen:
    • Bewe­gung — wie etwa Rücken­trai­ning, Yoga oder Pila­tes
    • Ernäh­rung — bei­spiels­wei­se Diät­pro­gram­me oder Ernährungskurse
    • Sucht — zum Bei­spiel Nicht­rau­cher­kur­se oder Kur­se gegen über­mä­ßi­gen Alkoholkonsum
    • Ent­span­nung — wie unter ande­rem Tai Chi oder Qigong

    Die­se Maß­nah­men sind im § 3 Nr. 34 EStG6) gere­gelt und bis zu einem Betrag von  jähr­lich 600,- Euro pro Jahr und Mit­ar­bei­ter steuerfrei.

    Die Steu­er­be­frei­ung gilt aller­dings nur, wenn die Leis­tun­gen zusätz­lich zum geschul­de­ten Arbeits­ent­gelt gezahlt wer­den. Eine “Ent­gelt­um­wand­lung” ist nicht möglich.

    Was bedeutet betriebliche Gesundheitsförderung nach § 20 SGB V?

    Nach § 20 SGB V sind die gesetz­li­chen Kran­ken­kas­sen dazu ver­pflich­tet, Maß­nah­men zur Gesund­heits­för­de­rung in den Betrie­ben zu för­dern. Die­se Leis­tung bezie­hungs­wei­se die Leis­tungs­er­brin­ger wer­den von der zen­tra­len Prüf­stel­le Prä­ven­ti­on, die von der “Koope­ra­ti­ons­ge­mein­schaft gesetz­li­cher Kran­ken­kas­sen” gegrün­det und ver­ant­wor­tet wer­den, geprüft und zertifiziert.

    Wodurch unterscheiden sich BGM/BGF nach § 20 SGB V

    BGM und BGF unter­schei­den sich nicht, son­dern sie ergän­zen sich. Im Ide­al­fall lie­fert das betrieb­li­che Gesund­heits­ma­nage­ment die Basis.

    Das BGM beschreibt und defi­niert die Pro­zes­se, die Unter­neh­mens­kul­tur, also wie mit den Mit­ar­bei­tern und deren Gesund­heit umge­gan­gen wird und die Füh­rungs­kul­tur, sprich, wel­chen Stel­len­wert der Mensch im Unter­neh­men hat. Ist der Mit­ar­bei­ter nur ein “Kos­ten­fak­tor” oder wird er auch als Mensch mit Bedürf­nis­sen wahrgenommen.

    Vie­le Punk­te sind im Arbeits­schutz­ge­setz gere­gelt. Das soll­ten aber nur die Mini­mal­an­for­de­run­gen sein und beschäf­tigt sich über­wie­gend mit der Gefahrenabwehr.

    Füh­rungs­kräf­te sol­len durch Fort­bil­dun­gen sen­si­bi­li­siert wer­den, um Stör­fak­to­ren früh­zei­tig zu erken­nen und ent­spre­chend gegen­zu­steu­ern. Damit ist das BGM eine Managementaufgabe.

    Im Gegen­satz dazu wird bei der betrieb­li­chen Gesund­heits­för­de­rung direkt auf die Mit­ar­bei­ter abge­zielt. Mit­ar­bei­ter sol­len ihren Arbeits­all­tag im Sin­ne ihrer Gesund­heit struk­tu­rie­ren. Dies wird zum Bei­spiel durch Obst­kör­be, kos­ten­lo­se Geträn­ke oder gemein­sa­me sport­li­che Akti­vi­tä­ten erreicht.

    Ist BGM für (alle) Betriebe verpflichtend

    Nein, es gibt kei­ne gesetz­li­che Ver­pflich­tung, die Unter­neh­men zwingt, ein betrieb­li­ches Gesund­heits­ma­nage­ment zu betrei­ben und Maß­nah­men der betrieb­li­chen Gesund­heits­för­de­rung anzubieten.

    Auch wenn das BGM nicht ver­pflich­tend ist, so gilt trotz­dem das Arbeits­schutz­ge­setz, nach wel­chem “Gefah­ren an ihrer Quel­le zu bekämp­fen sind” (§ 4 Absatz 2 ArbSchG2)).

    Warum ist BGM/BGF (trotzdem) wichtig

    Mit Maß­nah­men der betrieb­li­chen Gesund­heits­för­de­rung kön­nen sich Arbeit­ge­ber posi­tio­nie­ren und sich gegen­über ande­ren Unter­neh­men her­vor­he­ben. Wer über das gesetz­li­che Min­dest­maß “Arbeits­schutz” hin­aus­geht, tut etwas für die Gesund­heit im Unter­neh­men, redu­ziert im Ide­al­fall die Krank­heits­ta­ge und stärkt das “Wir-Gefühl” der Belegschaft.

    Aus­fäl­le durch Krank­heits­ta­ge4), die aktu­ell bei etwa 18 Tagen pro Jahr und Mit­ar­bei­ter lie­gen, kos­ten laut Hand­werks­kam­mer-Nord­rhein-West­fa­len Betrie­be im Schnitt und je nach Bran­che mehr als 250,- Euro pro Arbeit­neh­mer und Tag. Das sind Kos­ten von über 4500,- Euro pro Jahr und Mitarbeiter.

    Im Umkehr­schluss bedeu­tet das, dass je nach ange­bo­te­ner gesund­heits­för­dern­der Maß­nah­me, sich die­se auch finan­zi­ell für das Unter­neh­men rentiert.

    Um das betrieb­li­che Gesund­heits­ma­nage­ment und vor allem betrieb­li­che Gesund­heits­för­de­rung in den Betrie­ben zu eta­blie­ren, ist es wenigs­tens für mitt­le­re und grö­ße­re Unter­neh­men hilf­reich, wenn ein Mit­ar­bei­ter in die­sen Berei­chen geschult und aus­ge­bil­det ist.

    Wer kann sich zur Fachkraft für betriebliches Gesundheitsmanagement ausbilden lassen?

    Die Aus­bil­dung zur Fach­kraft für betrieb­li­ches Gesund­heits­ma­nage­ment fin­det im Rah­men einer Wei­ter­bil­dung für Fach­kräf­te aus der Fit­ness- und Gesund­heits­bran­che oder für inter­es­sier­te Unter­neh­mens­mit­ar­bei­ter statt.

    Es gibt kei­ne Grund­vor­aus­set­zung für die­se Aus­bil­dung, jedoch sind theo­re­ti­sche und/oder prak­ti­sche Vor­kennt­nis­se von Vorteil.

    Wo kann man diese Ausbildung machen?

    Es gibt zahl­rei­che Aka­de­mien, die eine Aus­bil­dung zur Fach­kraft für betrieb­li­ches Gesund­heits­ma­nage­ment anbie­ten. Die Aus­bil­dung kann in Voll­zeit oder berufs­be­glei­tend erfol­gen und dau­ert etwa 4 Wochen bis 6 Monate.

    Nach bestan­de­ner Prü­fung in der man prak­ti­sche und theo­re­ti­sche Kennt­nis­se nach­wei­sen muss, erhält man ein ent­spre­chen­des IHK-Zertifikat.

    Zertifizierte BGM- oder BGF-Angebote?

    Wer Kur­se oder Pro­gram­me zur betrieb­li­chen Gesund­heits­för­de­rung nach § 20 SGB V anbie­ten möch­te, muss die­se bei der BGF-Koor­di­nie­rungs­stel­le, ver­tre­ten durch den BKK Dach­ver­band e.V., anmel­den und geneh­mi­gen las­sen. Nur die­se sind zuschussfähig.

    Es gibt aller­dings auch die Mög­lich­keit ergo­no­mi­sche Mes­sun­gen, die der Rücken­ge­sund­heit die­nen und denen eine indi­vi­dua­li­sier­te Rücken­schu­le folgt, för­dern zu lassen.

    Betriebliche Gesundheitsförderung durch die Krankenkassen

    Die Kran­ken­kas­sen sind ver­pflich­tet, Maß­nah­men der betrieb­li­chen Gesund­heits­för­de­rung finan­zi­ell zu unter­stüt­zen. Die­se müs­sen der gesam­ten Beleg­schaft oder einem grö­ße­ren Kreis von Mit­ar­bei­tern zugutekommen.

    Um Unter­neh­men den Pro­zess zu erleich­tern, wird der För­der­an­trag nur an eine Kran­ken­kas­se gestellt. Dazu wen­det man sich an die BGF-Koor­di­nie­rungs­stel­le5). Die­se klärt im Vor­feld, ob ein geplan­tes Pro­jekt zuschuss­fä­hig ist und ver­weist an die zustän­di­ge Krankenkasse.

    Gibt es steuerliche Vorteile bei Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung

    Ja, seit dem 1. Janu­ar 2008 wer­den bestimm­te zer­ti­fi­zier­te Maß­nah­men, die die Mit­ar­bei­ter­ge­sund­heit för­dern, steu­er­lich3) unter­stützt. Der Betrag beläuft sich seit Anfang 2020 auf bis zu 600,- Euro pro Mit­ar­bei­ter und Jahr, die er zusätz­lich steu­er­frei erhal­ten darf.

    Vorteile für Arbeitnehmer durch betriebliche Gesundheitsförderung nach § 20 SGB V

    Das sind die Vor­tei­le, die Sie genie­ßen, wenn Sie Maß­nah­men der betrieb­li­chen Gesund­heits­för­de­rung nutzen:

    • mein Gesund­heits­zu­stand ver­bes­sert sich
    • mei­ne gesund­heit­li­chen Risi­ken min­dern sich
    • mei­ne Arzt­be­su­che redu­zie­ren sich
    • gesund­heit­li­che Bedin­gun­gen im Unter­neh­men ver­bes­sern sich
    • mei­ne Belas­tun­gen ver­rin­gern sich
    • mei­ne Lebens­qua­li­tät ver­bes­sert sich
    • ich kann mei­ne Leis­tungs­fä­hig­keit hal­ten oder steigern
    • mei­ne Arbeits­zu­frie­den­heit erhöht sich
    • das Betriebs­kli­ma ver­bes­sert sich
    • mei­ne Arbeits­ab­läu­fe wer­den optimiert

    Vorteile für Arbeitgeber durch betriebliche Gesundheitsförderung nach § 20 SGB V

    • sichert die Leis­tungs­fä­hig­keit aller Mitarbeiter
    • erhöht die Moti­va­ti­on der Mitarbeiter
    • stärkt die Iden­ti­fi­ka­ti­on der Mit­ar­bei­ter mit dem Unternehmen
    • redu­ziert die Kos­ten von Krank­heits- und Produktionsausfälle
    • stei­gert Pro­duk­ti­vi­tät und Qualität
    • Auf­wer­tung des Unter­neh­mens-Image durch die Maßnahmen
    • gestärk­te Wettbewerbsfähigkeit

    Fazit: Warum sich betriebliche Gesundheitsförderung lohnt

    Das betrieb­li­che Gesund­heits­ma­nage­ment bezie­hungs­wei­se die betrieb­li­che Gesund­heits­för­de­rung ist mehr als nur Arbeits­schutz. Auch wenn die Maß­nah­men nicht ver­pflich­tend sind, sind sie sowohl für Arbeit­ge­ber als auch für Arbeit­neh­mer sehr sinnvoll.

    Unter dem Strich kann ein Unter­neh­men durch ent­spre­chen­de Maß­nah­men Krank­heits­ta­ge und damit Kos­ten in erheb­li­cher Höhe spa­ren. Arbeit­neh­mer erler­nen Tech­ni­ken, mit denen sie sich län­ger gesund und schmerz­frei hal­ten kön­nen. Ins­ge­samt pro­fi­tie­ren alle Sei­ten inklu­si­ve der Kostenträger.

    Quellen

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